Steuerreform in Frankreich: Hollande tut es einfach
Der französische Staatspräsident Hollande führt im Alleingang eine abgespeckte Version der Transaktionssteuer ein. Außerdem zahlen Reiche mehr Abgaben auf Einkünfte und Vermögen.
PARIS taz | Die Finanztransaktionssteuer, über deren Einführung seit Jahren in Europa diskutiert wird, ist seit Mittwoch in Frankreich in Kraft. Das französische Modell ist vorerst allerdings nur eine abgespeckte Version der Steuer, die Paris und Berlin gemeinsam in der EU durchsetzen wollen.
Zudem hat der neue sozialistische Staatspräsident François Hollande mit der Verabschiedung des Haushalts durch Nationalversammlung und Senat die Weichen zu einer neuen Steuerpolitik gestellt. Um trotz Krise und Rezession das Defizit auf 4,5 Prozent zu senken, will der Staat im laufenden Jahr 7,2 Milliarden zusätzlich einnehmen.
Hollandes Motto: Mehr bezahlen sollen die Reichen! Sie werden in diesem Jahr mit einer Sondersteuer auf Vermögen ab 1,3 Millionen Euro verstärkt zur Kasse gebeten – der Fiskus erhofft sich davon 2,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Im kommenden Jahr soll dann wieder wie früher eine Vermögenssteuer ab 790.000 Euro greifen.
Einen Teil der neuen Einnahmen soll aus der Finanztransaktionssteuer stammen. Beim Handel mit Aktien von französischen Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Frankreich haben, wird ab sofort eine Abgabe in Höhe von 0,2 Prozent erhoben. Ausgenommen davon sind vorerst Aktien von Gesellschaften, deren Börsenwert unter der Schwelle von einer Milliarde Euro liegt.
Widerstand der US-Banken
Eigentlich wollte Frankreich auch beim Kauf von französischen Aktien mitverdienen, die an ausländischen Börsen gehandelt werden. Dies scheiterte aber am Widerstand von US-Banken, die keine Steuern für den Pariser Fiskus eintreiben wollen.
Laut Angaben der französischen Regierung sind in diesem Jahr die Wertpapiere von 109 französischen Unternehmen von der Steuer betroffen, darunter der Autobauer Renault oder die Luxusgütergruppe LVMH. Steuerfrei bleibt zunächst auch der Kauf von Staatsanleihen. Die neuen Abgaben sollen dem Fiskus pro Jahr einen Milliardenbetrag einbringen.
Geplant ist zudem eine Ausweitung der Belastung auf den sogenanten Hochfrequenzhandel. Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen (CDS) sollen künftig mit 0,01 Prozent besteuert werden.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung