Hitler-Kult in Indonesien: Des Führers Inseln
„Hitler ist doch toll, oder?“ Indonesische StudentInnen sollen lernen, eben diesen nicht mehr gut zu finden.
YOGYAKARTA taz | Luisa Bubner studiert seit zwei Monaten im indonesischen Yogyakarta. Neuen Bekannten sagen, dass sie aus Deutschland kommt, möchte die Ethnologiestudentin nicht mehr. Zu oft wurde sie gefragt: „Hitler ist doch toll, oder?“
Der Hitler-Kult unter Indonesiens Jugendlichen erstreckt sich nicht nur aufs Verbale. Viele tragen Nazi-Embleme auf Buttons, Kappen und Shirts. Ähnlich ist es in anderen asiatischen Staaten wie Indien und Thailand. Der Holocaust war weit weg und spielt im Unterricht kaum eine Rolle. „Mein Kampf“ ist auf Indonesisch frei verkäuflich. So wie auch: „Hitler starb in Indonesien“, eine ominöse Führer-Fluchtgeschichte.
Svenja Völkert, Katja Krause und Susann Oettel lehren Deutsch an der Staatlichen Universität von Yogyakarta und begegnen auch hier dem Hitler-Kult. Am 2. November starteten sie deshalb ein Seminar zum Nationalsozialismus – auf Indonesisch.
Etwa 150 Studierende füllen den Raum. Unter ihnen Agnes Afnuary, 19 Jahre alt. Sie sagt: „Hitler war mächtig und entscheidungsfreudig.“ Spricht sie von Adolf Hitler, benutzt sie das Wort „beliau“, das Ehrfurcht ausdrückt. Agnes weiß, dass Hitler furchtbare Verbrechen begangen hat. „Aber so richtig kenne ich die Details nicht.“ Die Ahnungslosigkeit ließe sich zum Teil damit erklären, dass Deutsch oft zweite Wahl für die Studenten sei, sagt Dozentin Völkert. „Viele unserer rund 450 Studierenden wählen Deutsch nicht aus Leidenschaft, sondern weil sie in andere Sprachstudienfächer nicht aufgenommen wurden.“ Das Seminar beginnt.
Völkert und Oettel präsentieren einen Parforce-Ritt durch Weimarer Republik, Weltwirtschaftskrise und Holocaust. Dazwischen Filmaufnahmen aus deutschen KZs. „Oh mein Gott“, Agnes hält sich ihr Schreibheft vor die Augen angesichts von Leichenbergen und Gaskammern.
Das Entsetzen ist ihr auch nach dem Seminar noch anzusehen. „Ich verstehe jetzt, warum die Deutschen so sensibel sind, wenn es um diese Symbole geht“, sagt Agnes. Sie wolle mehr erfahren. „Wir werden später Deutschlehrer. Wenn wir dieses Wissen schon nicht haben, wer dann?“
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