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Studie über LangzeitarbeitsloseDeutlich besser als ihr Ruf

Langzeitarbeitslose sind weder faul noch unzuverlässig. Eine neue Studie zeigt, dass Arbeitgeber mit ehemaligen Hartz-IV-Empfängern sehr zufrieden sind.

Zwei Drittel der Arbeitgeber sind zufrieden mit Ex-Arbeitslosen Bild: dapd

MÜNCHEN taz | Langzeitarbeitslose, die wieder einen Job finden, kommen bei ihren Arbeitgebern gut an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Institut für Demoskopie in Allensbach im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchgeführt hat und die am Montag in München vorgestellt wurde.

Das Institut befragte in den vergangenen zwei Monaten dafür telefonisch insgesamt 306 Arbeitgeber aus den Branchen Gastronomie, Pflege und Handwerk. Sie hatten in den letzten fünf Jahren mindestens einen ehemaligen Empfänger des Arbeitslosengeldes II („Hartz IV“) eingestellt. Die Stichprobe sei repräsentativ für die drei Branchen, schreibt das Institut.

Zwei Drittel aller Arbeitgeber waren zufrieden mit den früheren Langzeitarbeitslosen. Jeder vierte Unternehmer sei sogar „sehr zufrieden“. Besonders erfreut waren die Brötchengeber im Bereich Pflege. Etwas anders fiel das Urteil der Handwerksbetriebe aus: 35 Prozent von ihnen ziehen eine überwiegend negative Bilanz. Im Vergleich zur Pflege und Gastronomie stellt das Handwerk auch deutlich weniger Langzeitarbeitslose ein. Doch insgesamt gilt: 75 Prozent aller befragten Arbeitgeber würden gemäß der Studie auch künftig auf einen Hartz-IV-Empfänger zurückgreifen.

Auch mit einigen gängigen Vorurteilen räumt die Untersuchung auf. Denn die neuen Mitarbeiter gelten als mehrheitlich pünktlich, teamfähig, zuverlässig und motiviert. Lediglich die Qualifikation der Arbeitslosen wird von den Arbeitgebern zurückhaltender beurteilt. Auch hier war die Unzufriedenheit im Handwerk am größten.

Nicht damit gerechnet

Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der BA, war von den Ergebnissen überrascht. „Die Mehrheit der Arbeitgeber hat sich sehr positiv geäußert. Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte er. Gleichwohl zeige die Studie, wo die BA verstärkt ansetzen müsse. Besonders im Handwerk müssten die Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose verbessert werden.

Mehr tun müsse die BA auch für alleinerziehende Frauen, so Alt. 40 Prozent aller Alleinerziehenden erhalten die staatliche Grundsicherung Hartz IV. Sie wieder zurück in Arbeit zu bringen sei besonders schwierig, weil es oft an geeigneten Kinderbetreuungseinrichtungen fehle, sagte Alt.

Alles in allem erwartet die BA, dass sich der zu erwartende Fachkräftemangel positiv für Langzeitarbeitslose auswirkt. 53 Prozent der befragten Arbeitgeber glauben, dass man dem Mangel an Personal mit der Einstellung von Hartz-IV-Empfängern entgegenwirken könne. Allerdings baut sich die Langzeitarbeitslosigkeit immer noch langsamer ab als die Arbeitslosigkeit insgesamt.

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7 Kommentare

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  • B
    BGE-Fan

    http://www.jobcenter-ich-bin-gut.de/

    Eine gute Kampagne nutzt alle Kanäle... Auch PR. Und die TAZ bringt's! Na und...? Für aufmerksame Mitmenschen ist die Message nichts neues. Nur jetzt ist die Zeit gekommen, da müssen Langzeitarbeitslose "positiver" vermarktet werden, da die Kürzungen der Eingliederungsinstrumente langsam in den Kommunen ihre Wirkung zeigen. Der Sklavenmarkt bietet an! Man beachte die Branchen und die Löhne, die dort gezahlt werden. (lt. offizieller PM der Bundesagentur)

  • WB
    Wolfgang Banse

    Hartz IV Empfänger haben laut einer Umfrage die vorhandenen Vorurteile wiederlegt,was ihre Arbeitskraft und ihr Leistungsvermögen anbelanft.

  • P
    Pyromanic

    Würdet ihr BITTE auch mal Studien verlinken? Z.B. gibt es eine offizielle Pressemitteilung hierzu von der Bundesagentur für Arbeit: http://www.arbeitsagentur.de/nn_27042/zentraler-Content/Pressemeldungen/2012/Presse-12-051.html

  • H
    Harro

    Dass ist schon absurd, dass Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der BA, inzwischen dıe Maerchen der PR-Agenturen selber glaubt, die nur dazu erfunden wurden, um die Bevoelkerung davon abzulenken, dass es eine konjunkturell und strukturell bedingte Massenarbeitslosigkeit in Deutschland gibt.

     

    Aber bei Alt wundert mich nichts, ihm geht es einfach um die eigene Karriere. İm Keller und im Archiv des İAB lagen diese Erkenntnisse sowieso, sie wurden nur ignoriert. Das feiste Leben in Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe ist nichts als eine PR-Erfindung, um soziale Kuerzungen zu rechtfertigen.

  • E
    Erzengel

    Na, Namensbruder,

    was willst Du uns damit sagen?

    Persönlichen Feldstudien zur Folge ist der Koks-konsum unter Arbeitgebern staerker verbreitet, als im Bevoelkerungsdurchschnitt.

  • RK
    Ralph Kooistra

    An sich nicht schlecht das Ergebnis dieser Studie. Auch nicht für die Unternehmer, die sich dann getrost auf qualifizierten Billignachschub verlassen können, statt wieder eingearbeitete Fachkräfte langfristig korrekt zu entlohnen.

  • G
    Gabriel

    Der Alkoholismus ist unter Arbeitslosen staerker verbreitet, als im Bevoelkerungsdurchschnitt. So hatte in der Duisburger Studie zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser fast jeder fuenfte Massnahmeteilnehmer mit Suchtproblemen zu kaempfen, wobei der Missbrauch von Alkohol im Vordergrund stand. Die Studie verdeutlicht auch, dass suechtige Arbeitslose deutlich groessere Probleme haben, wieder einen festen Job zu bekommen, als die Teilnehmer ohne Suchtprobleme.