Susanne Gaschke wird OB in Kiel: Gebildete für mehr Bildung
Die „Zeit“-Redakteurin Susanne Gaschke (SPD) hat die Wahl gewonnen. Sie glaubt an sozialen Aufstieg durch Bildung und Leistung.
HAMBURG taz | Sie hat es also tatsächlich geschafft: Susanne Gaschke (SPD) wird Kieler Oberbürgermeisterin. Sie setzte sich in der Stichwahl am Sonntag mit 54 Prozent gegen ihren Konkurrenten Gert Meyer (CDU) durch – wie alle erwartet hatten. Die ehemalige Zeit-Redakteurin wird also Verwaltungschefin von Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt und ist dort verantwortlich für rund 4.000 Mitarbeiter.
Wenn es nach ihr geht, übernimmt sie in zwei Wochen schon die Amtsgeschäfte. Ihr Vorgänger hat längst einen anderen Job: Torsten Albig (SPD) ist seit Juni Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Im Moment führt ein grüner Bürgermeister kommissarisch die Verwaltung.
Bei der Zeit schrieb Gaschke seit 1997 über Sozial-, Jugend-, Frauen- und Bildungspolitik und die Linke in Deutschland. Sie war Leitartiklerin – und redaktionell verantwortlich für die Entwicklung von Angeboten des Zeit-Verlags an junge Leser wie dem Kindermagazin Zeit Leo.
Doch wofür steht die neue Kieler Oberbürgermeisterin? Die 45-Jährige gehört keineswegs zum linken Flügel der Sozialdemokraten, an den 68ern hat sie sich in ihren Artikeln ausführlich abgearbeitet. In einem Artikel über Armut in Deutschland verteidigt sie die Hartz-IV-Reformen gegen den Vorwurf, Kinderarmut verursacht zu haben. Sie findet Umverteilung als Antiarmutsprogramm zu einfach – glaubt an Aufstieg durch Bildung – und Leistung.
Mittelstandskind mit Promotion
Die verheiratete Mutter einer Tochter kann selbst auf einen erfolgreichen und recht elitären Bildungsweg zurückblicken: Sie ist ein Mittelstandskind, machte ihr Abitur am einzigen humanistischen Gymnasium der Stadt; es folgten ein Studium mit Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes und die Promotion – mit Auszeichnung.
Nach einem Volontariat bei den Kieler Nachrichten wird sie Redakteurin der Zeit. Sie ist eine Frau, die intellektuell gefordert werden will – und auch von anderen Anstrengung erwartet. Doch trotzdem sieht sie die Aufgabe der SPD darin, Politik für „sozial Deklassierte“ (Gaschke) zu machen.
Aber was heißt das, umgesetzt in konkrete Politik? Gaschke will dafür kämpfen, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum in der Landeshauptstadt gibt. Einfach wird das nicht, das zentrale Instrument dafür hat einer ihrer SPD-Vorgänger verkauft: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft wurde privatisiert.
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