SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück: „Prima, prima, prima“
Peer Steinbrück ist SPD-Kanzlerkandidat. Seitdem versucht er, seinen Hang zum flotten Spruch zu zügeln und in weniger Fettnäpfchen zu treten.
BERLIN taz | Blöd, so ein Versprecher, ausgerechnet jetzt. Peer Steinbrück erläutert gerade die Pläne von SPD und Grünen zur Bankenregulierung, neben ihm sitzt der Grüne Jürgen Trittin. Jeder Satz ist wichtig. Und dann das: „Sie kennen die Berechnungen, nicht von SPD oder Grünen, sondern von ernst zu nehmenden Experten.“ Gelächter.
Steinbrück redet ungerührt weiter, schießt hanseatisch einen Fachbegriff nach dem anderen in den Saal der Bundespressekonferenz in Berlin. Bloß nichts anmerken lassen. Am Mittwoch stellen Steinbrück und Trittin einen Antrag vor, mit dem Rot-Grün die Finanzmärkte bändigen will. So lautet offiziell der Zweck der Pressekonferenz, inoffiziell geht es um etwas anderes. Der Möchtegern-Kanzler und sein möglicher Finanzminister präsentieren sich als die bessere Regierung.
Selbstverständlich wissen alle, die beiden vorn und die Journalisten, um diese Inszenierung. Und gerade deshalb verdient jedes Detail Beachtung. Steinbrück und Trittin kommen vier Minuten zu früh, die Fotografen sollen Zeit für Bilder haben. Als der Moderator sagt, die Herren hätten hinterher auch noch ein paar Sekunden für ein Foto, wiegt Trittin schmunzelnd den Kopf hin und her. Zeit? Zwei so wichtige Menschen?
Steinbrück fängt an, natürlich, er wäre der Chef am Kabinettstisch. Er redet schnell, rattert die Ziele des Antrags herunter. Einen Bankenfonds. Eine Abwicklungsbehörde für insolvente Banken. Eine europäische Bankenaufsicht. Rot-Grün verhindert, dass der Steuerzahler Milliarden für in Not geratene Banken zahlt, lautet die Botschaft.
Steinbrück sendet bewusst Signale. Er dankt den Mitarbeitern, die an dem Antrag arbeiteten. Solche Sätze wären bei ihm früher undenkbar gewesen. Er erklärt die Ära Nordrhein-Westfalen, in der er die Grünen als Ministerpräsident mit Verachtung triezte, für seit zehn Jahren beendet, bittet um eine faire Bewertung. Er lobt Trittin, den zweiten starken Mann von Rot-Grün, als „kenntnisreich und verlässlich“.
Angriffspose, Haifischmaul
Steinbrück müht sich, seinen Hang zum flotten Spruch zu zügeln. Das Gedämpfte steht im Widerspruch zu seiner Mimik. Wenn Trittin neben ihm redet, starrt Steinbrück in die Runde. Presst die Lippen zusammen, lässt ab und zu den Mund halboffen stehen. Angriffspose, Haifischmaul.
Wie sehr ihm die alten Geschichten nachhängen, zeigt sich, als ein Schweizer Fernsehjournalist fragt, wie sich das Verhältnis zur Schweiz mit einem Kanzler Steinbrück entwickeln würde. Steinbrück murmelt: „Prima, prima, prima.“ Wie oft mag der SPDler inzwischen bereut haben, dass er der Schweiz im Kampf gegen Steuerbetrug mal mit der Kavallerie drohte. Steinbrück betont, der Druck auf das Land werde nicht abnehmen, was er aber „ohne Ausflüge in Westernfilme“ sage.
Eine italienische Kollegin bittet dann noch um einen Satz zu Silvio Berlusconi. „Na ja“, ächzt Steinbrück. „Ich bin öfter in Fettnäpfchen getappt, das möchte ich nicht wiederholen.“ Alles gutgegangen, dieses Mal.
Leser*innenkommentare
Benedetto
Gast
Nachdem das Gespann Schröder/Fischer in profitable Unternehmen abgewandert ist, erscheint eine neue Mischung von Rot-Grün auf der Bühne. Zwei berühmte alte Schauspieler mit neuen Rollen. Für mich nichts weiter als primitive Wendehälse wie Egon Krenz.
Glauben die wirklich an den massenhaften Verkauf ihrer Mogelpackung?
Mutti bleibt weiterhin alternativlos - leider.
Hafize
Gast
Auf Deutsch: Man muss sich freuen, wenn der Peer sich nicht über andere lustig macht, andere Länder mit den Begrifflichkeiten von John Wayne bedroht oder seine Parteigenossen als Heulsussen herabwürdigt -
... und überhaupt muss man diesen Typen wohl am besten einfach hinnehmen. Da kann ich den aber enttäuschen - ich werd's nicht tun.
Petra Müller
Gast
Ihr werdet echt immer spiessiger. Das würde selbst bei der Bild nicht mehr durchgehen.
Tatsache ist nunmal, dass Steinbrück eloquent und selbstironisch ist. Dass ihm jetzt Lippenleser und spassfreie Allesinterpretierer nachstellen, geht solange in Ordnung, wie es die politischen Gegner von der CDU machen. Von denen erwartet man auch nix weiter.
Euer Anspruch sollte schon woanders liegen. Die Honorardebatte scheint aber nicht mehr zu ziehen, da jetzt wohl auch der letzte verstanden hat, dass es hier schlicht und einfach um den Marktwert geht, wie bei Dieter Bohlen auch. Steinbrück hat den halt, andere haben ihn halt nicht. Und müssen sich wie Jutta Ditfurth davon ernähren, dass sie ihre früheren Parteigenossen nochmal aufbraten.
Manchmal glaube ich, dass ich in einem Land lebe, das echt nichts besseres verdient hat als Merkel.
Jedenfalls gilt das für die ganz Kleinkarierten.
Volker Birk
Gast
Peinlich.
Aber die SPD will es so.
cyctologie
Gast
yeahhh
endlich wieder steinbrück bashing...danke!!!
billig und boulevardesk ist das - sonst nichts.
die lachenden verstehen, entweder aus dummheit und unkenntnis der deutschen sprache oder aber aus absicht miss.
das ist der humor von grundschülern, der dort lachen verursacht.
Ullrich F.J. Mies
Gast
Um es vorab zu sagen, der Mann, um den es hier geht, kann so viel Kohle verdienen wie er will - nur nicht als Bundestagsabgeordneter.
Dort hat er die Interessen der Wähler - und es soll ja noch Leute Geben, die so jemanden wählen - zu vertreten. wer als Vortragsreisender unterwegs ist, sollte seine eigene Beratungsfirma gründen und sich dieser zur Verfügung stellen.
Darum ist es eine unverschämte Frechheit und Dreistigkeit, wenn er als Mandatsträger diesem Job nicht vollständig zur Verfügung steht.
Und noch etwas: Wer sich wie Steinbrück der Finanzindustrie andient, weiss auch warum. Er setzt die Duftmarke: "Ich bin einer von Euch", und wenn ich (verantwortungsfrei) "Verantwortung" als Regierungsmitglied trage, dann sitze ich als Euer U-Boot im Kabinett.
So ist es doch - nicht wahr, Herr Finanzinteressen-Bundeswirtschaftstagsabgeordneter-Zukunftsregierungsdirektoriumsmitglied?
Detlev
Gast
Jetzt mal einen auf Seriös. Nun gut, aber das eigentliche Kernproblem an Peer Steinbrück ist, dass er sich nicht bewusst ist, dass in Deutschland alleine 1,5 Mio. Menschen ihren Lohn austocken müssen. Armut trotz Arbeit, Zoff und Ärger mit dem Jobcenter, sinkende Löhne in tarifungebundenen Branchen - die Szenerie für einen Vortragsmillionär und gewendeten Sozial- bzw. Agenda-2010-Politiker Peer Steinbrück ist einfach so unpassend, dass es selbst ohne Fettnäpfchen bzw. Ausrutscher sehr schwer werden wird, die SPD überhaupt auf ein Niveau zu bringen, wo eine Kanzlerkandidatur des Spitzenkandidaten der SPD überhaupt realistisch wirken kann.
Otto Pardey
Gast
Peer Steinbrueck,
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall und
es wartet die Cavellerie der belogenen,
betrogeneb Buerger durch die SPD,
indem sie Ihnen die rote Karte verpassen.
So wird es auch den politischen Schergen
Die Gruenen/B90 ergehen.