Krieg in Zentralafrikanischer Republik: Der abhängige Präsident
Der zentralafrikanische Präsident Bozizé weiß nicht mehr, auf wen er sich verlassen soll. Es wird vom Wohlwollen Frankreichs abhängen, ob er im Amt bleibt.
BERLIN taz | Für die Feiern zum 52. Unabhängigkeitstag der Zentralafrikanischen Republik wählte Präsident François Bozizé am 13. August 2012 einen ungewöhnlichen Ort: ein Hotel nahe dem Pariser Flughafen Roissy. Unter seiner Delegation, die da mit geladenen Gästen zusammentraf, war ein ungewöhnlicher Mann: der Ruander Fabien Singaye.
Der 51-jährige Singaye, Sonderberater von Bozizé, gehört zum engsten Kreis der ruandischen Hutu-Diaspora im Umfeld flüchtiger Täter des Völkermordes, bei dem 1994 in Ruanda über 800.000 Tutsi getötet wurden. Er war unter dem damaligen Regime Ruandas Botschafter in der Schweiz, sein Schwager Félicien Kabuga wird als Finanziers des Hetzradiosenders „Mille Collines“ mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Singaye, so behaupten jetzt zentralafrikanische Oppositionelle, soll nun ruandische Hutu-Kämpfer aus dem Exil im Kongo und anderen afrikanischen Ländern anwerben, um Bozizé vor den anrückenden Rebellen zu schützen.
Der zentralafrikanische Präsident weiß nicht mehr, auf wen er sich verlassen soll. Seine Präsidialgarde besteht zum Teil aus Soldaten aus dem Tschad, aber Tschads Militär greift trotz erneuter Stationierung an der Bürgerkriegsfront nicht aktiv gegen die Rebellen ein. 250 Soldaten aus der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich stehen in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui, aber auch sie bleiben untätig. Man schütze französische Interessen und französische Bürger, nicht das Regime in Bangui, antwortete die Regierung in Paris am Donnerstag auf ein Hilfegesuch Bozizés.
Wie schon bei jedem Umsturz in der Zentralafrikanischen Republik seit der Unabhängigkeit 1960 wird es wohl auch diesmal vom Wohlwollen Frankreichs abhängen, ob der Staatschef in Bangui im Amt bleibt – und falls nicht, wer ihn ersetzt. Chefausbilder von Bozizés Präsidialgarde ist der Franzose Francis Fauchart, der früher einmal dieselbe Funktion in Gabun ausübte. Fauchart arbeitet für die private französische Sicherheitsfirma EHC, die seit neuestem von Faucharts Vorgänger in Bangui geleitet wird, dem pensionierten französischen General Jean-Pierre Perez.
EHC bewirbt sich nun für ein weiteres lukratives Geschäft: die Bewachung der EU-Militärberatermission in Mali, die ab 2013 dort der Armee gegen Islamisten helfen soll. Als deren Leiter wurde diese Woche offiziell ein Franzose vorgeschlagen: General François Lencontre, altgedienter Afrika-Kämpfer. Eine seiner Stationen: Ruanda und die umstrittene französische Militäroperation „Turquoise“ während des Völkermordes.
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