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Absolutismusdebatte an HochschuleDie Universität, das bin ich

Studierende der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken werfen dem dortigen Rektor einen autoritären Führungsstil vor.

Die Studierenden sind offenbar nicht so wichtig. Bild: .marqs / photocase.com

BERLIN taz | Ausgesetzte Wahlen zum Studierendenparlament, Streit um den Asta und Günstlingswirtschaft durch den Rektor? Im Saarland scheint der Absolutismus an die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) zurückgekehrt zu sein. So zumindest sieht es ein Kreis von Studierenden, die Rektor Wolfgang Cornetz vorwerfen, wie ein Alleinherrscher über gut 5.000 Studenten und knapp 400 Hochschulmitarbeiter zu gebieten.

„An der Uni traut sich kaum jemand mehr, Kritik zu äußern und offen zu sprechen“, sagt Bernd Eichenseer, ehemaliger Asta-Vorsitzender, Promotionsstudent und Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Transparenz, das gegen den Rektor opponiert. „Der Rektor hat nahezu uneingeschränkte Macht.“ Der wehrt sich: Hinter den Attacken stehe der Unmut darüber, dass er die Uni erfolgreich auf Leistung getrimmt habe.

Das Hauptärgernis für Eichenseer: Seit Herbst 2010 gab es keine Wahlen zum Studierendenparlament. Darauf hatte sich der amtierende Asta mit der Hochschulleitung geeinigt, die die Rechtsaufsicht über die verfasste Studierendenschaft hat. Die Begründung: Nachdem Fachbereiche und Studiengänge der Hochschule neu strukturiert wurden, hätten für eine gültige Wahl die Stimmbezirke angepasst werden müssen.

Doch die Wahlreform kommt nicht voran. Eichenseer vermutet, weil ein rektoratstreuer „Marionetten-Asta“ im Amt gehalten werden soll. Tatsächlich ist der Draht zwischen Cornetz und dem Asta kurz: Unmittelbar nach einer Anfrage der taz an das Rektorat erreicht diese Zeitung ungefragt auch eine Stellungnahme des Asta. Der Asta und das Rektorat wiederum werfen Eichenseer und seinen Mitstreitern vor, eine neue Wahlsatzung im Studierendenparlament zu behindern.

Manchmal schaut der Rektor nicht so genau hin

Interessant ist für Eichenseer, wo der Rektor, der sich in der Wahlfrage auf seine Rechtsaufsicht beruft, offenbar nicht so genau hinsieht. So betreibt der Asta bislang in Eigenregie die Mensa der Uni. Sie soll künftig vom Studentenwerk geführt werden, wie es auch andernorts üblich ist. Im Zuge dieser Umstrukturierung vergab das Studierendenparlament der HTW einen Beratungsvertrag für über 40.000 Euro ausgerechnet an eine Firma, mit der das für Finanzen zuständige Asta-Mitglied Jens Hinsberger verbandelt ist. „Ich finde das in Ordnung“, sagt Cornetz dazu.

Nachdem im Sommer der Beratervertrag bekannt geworden war, kam es zu Tumulten im Studierendenparlament. Eichenseer und andere Studenten besetzen die Räume des Asta – aus Angst, dass Beweismittel vernichtet werden könnten, wie er sagt. Die Polizei kam, Cornetz drohte den Besetzern gar mit Exmatrikulation.

Nach Gutsherrenart

Auch mit Hochschulmitarbeitern soll der Rektor nach Gutsherrenart verfahren. So hat er als Hochschulleiter einen Etat von gut 100.000 Euro, aus dem heraus einzelne Mitarbeiter an den Gremien vorbei Geld für Projekte bekämen, sagt Günter Schmidt-Gönner, Professor für Bauingenieurswesen und Promotionsbetreuer von Eichenseer. „Damit erkauft sich der Rektor das Stillhalten der Leute“, so Schmidt-Gönner. Einen solchen Topf hätte es früher nicht gegeben.

Cornetz bestreitet nicht, dass das Rektorat mehr Einflussmöglichkeiten hat als früher – und auch unkompliziert Geld lockermachen kann. „Aber bei 100.000 Euro ist meine Freiheit so groß auch wieder nicht.“

Doch Eichenseer und sein Bündnis können aufatmen: Im Januar verabschiedet sich der bei ihnen ungeliebte Rektor in den Ruhestand. Doch für sie geht der Kampf dann erst richtig los. Sie wollen ein neues Hochschulrecht, das die Gestaltungsspielräume der Leitung stärker eingrenzt. Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD eine Novelle verabredet. Noch lässt die aber auf sich warten.

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5 Kommentare

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  • EG
    ein Genervter

    Wow, und wann fängt die taz an, die ganzen Mauscheleien der Rektor-Gegner und der o.g. Personen zu veröffentlichen, die erst dafür sorgten, dass keine Wahlen stattfinden konnten, dass Saarbrücker Zeitung und taz Falschinformationen veröffentlichten und dass alle - NUR nicht die Studierenden und Mitarbeiter der HTW selbst - denken, an der HTW hätte es bisweilen eine Diktatur gegeben und Ex-Rektor Cornetz hätte Drohungen ausgesprochen?

     

    Übrigens: Die wenigen Studenten und Mitarbeiter, die überhaupt mitbekommen haben, dass es da ein paar selbstgemachte Probleme gab, sind einfach nur genervt von der Sache.

     

    Und das hier schreibt einer, der sich (im Gegensatz zu den Redakteuren) die Meinungen beider Parteien genau angehört hat und mit ein bisschen Verstand 1 und 1 zusammen zählen kann. Mir ist (wie den meisten an der HTW auch) im Endeffekt Wurschd, wer am Ende im AStA sitzt oder nicht. Aber wenn ich sehe, wie aggressiv und mit welchen Machenschaften diese selbsternannte Befreiungssruppe gegen den einstigen AStA und den Ex-Rektor vorging, kriege ich ein bisschen Angst, was die Zukunft der HTW anbelangt.

  • T
    Tipper

    Und wer hinter dem Geschriebenen von "Ein Saarländer" steckt, dürfte wohl auch auf der Hand liegen.

     

    @Humanist: Herr Hinsberger ist, in welcher Position auch immer, mit der Firma Braingarden http://www.braingarden.eu/ verbunden. Diese Firma "gewann" letztendlich die "Ausschreibung" um die Neugestaltung einer der Mensen. Delikat an der sogenannten Ausschreibung war, dass ein weiteres Angebot (es gab insgesamt 3) offensichtlich gefälscht war, da die Signatur der PDF-Datei, in der das Angebot vorliegt, den Namen der Fa. Braingarden trägt. (In den Meta-Daten unter "Ersteller"). Und nein, ich bin weder AStA-Mitglied, Hochschulmitarbeiter oder sonstwie Studierendenpolitisch engangiert.

  • EW
    Ein weiterer Saarländer

    Nichts für ungut, liebe TAZ,

     

    aber der Artikel ist schlecht recherchiert und leider Beleg dafür, wie sich eine überregionale Tageszeitung interessenegsteuert instrumentalisieren lässt.

     

    Alleine vom Nachplappern und Verschwörungen herbeischreiben wird man noch kein investigativer Journalist. Setzen 6

  • ES
    Ein Saarländer

    Als Saarländer UND HTW Student kann ich vielleicht auch noch einige Infos zu diesem handwerklich eher schlecht recherchierten Artikel beitragen:

     

    1. Bei der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes handelt es sich um eine Fachhochschule und NICHT um eine Uni. Tatsächlich gibt es hier zu Zeiten des Bolognaprozesses noch Unterschiede.

     

    2. Herr Eichenseer wird als ehemaliger AStA-Vorsitzender genannt. Diese Funktion gibt es laut Satzung gar nicht! Der AStA besteht aus drei gleichberechtigten Mitgliedern. Herr Eichenseer hatte sich zu damaligen Zeiten selbst als "Vorsitzender" ERNANNT!

     

    3. Es stimmt auch nicht, dass es SEIT 2010 kein Studierendenparlament gab. Es gab IN 2010 kein Parlament, weil die Studierendenschaft es nicht auf die Wege gebracht hat, eine an die neue Fakultätsstruktur angepasste Satzung zu verabschieden. Übrigens hat auch das letzte Studierendenparlament, welches sich nebenbei bemerkt dank der Tätigkeiten und politischen Spielchen von Herrn Eichenseer zerstritten hat, nicht in die Wege geleitet bekommen - es gibt immer noch keine verabschiedete Satzung!

     

    4. Dem Bündnis für Demokratie und Transparenz mit ihrem "Chef" Bernd Eichenseer haben wir HTW Studenten es auch zu verdanken, dass es aktuell keine StuPa Wahlen gab: Hat doch der teilweise aus dem Bündnis angehörige Studierenden bestehende Wahlauschuss ALLE vorliegende Bewerbungen für eine neue StuPa Wahl ohne Begründung abgelehnt und damit eine StuPa Neuwahl verhindert!

     

     

    5. Über die Beweggründe eines Prof. Schmidt-Gönner sollte man sich auch Gedanken machen - hat er doch immerhin die rückliegende Rektorwahl gegen Herrn Prof. Dr. Cornetz verloren. Ein Schelm wer böses denkt :-)

  • H
    Humanist

    Liebe taz,

    könntet ihr mir, als nicht saarländischen Leser, etwas genauer erläutern was denn wohl mit "Asta-Mitglied Jens Hinsberger verbandelt" gemeint ist. Ich bin aus der Ferne mit den Seilschaften und Klüngeln dieses kleinen Bundeslandes nicht so vertraut. Und "verbandelt" ist so herrlich nichts sagend viel sagend.

    Vielen Dank