piwik no script img

Großspenden für ParteienAdeliges Erbe für den Kommunismus

Die Zahl der Großspenden an Parteien ist insgesamt zurückgegangen. Doch die Piraten und eine marxistische Kleinpartei freuen sich über private Gönner.

Mit 115.000 Euro kann sich die MLPD ein paar Plakate mehr kaufen. Bild: dapd

BERLIN taz | Frank Schultz hat Rainer Langhans klar abgehängt. 28.000 Euro überwies der Schweriner kurz vor Silvester an die Piraten. Damit kletterte er in der Spenderliste der Partei auf den ersten Platz – auf den Platz, den monatelang der Exkommunarde belegt hatte. Dieser spendete dem bayerischen Landesverband einst einen Teil seiner Gage aus dem RTL-Dschungelcamp: immerhin 20.000 Euro.

Der 40-jährige Schultz ist seit einem Motorradunfall im März 1997 querschnittsgelähmt. Er lebt von Schmerzensgeld und Rente. Viel Geld brauche er nicht, auf Urlaub verzichte er: „Da würde ich mich nur zu Tode ärgern, weil ich das alles nicht vor meinem Unfall erlebt habe.“

Piraten-Mitglied ist Schultz seit 2007. „Das ist die einzige Partei, die momentan die Wahrheit sagt“, meint er. Kleinere Beträge hatte er schon öfter gespendet, im Dezember stellte er dann eine Ankündigung online: Wenn 1.000 andere Piraten je 15 Euro spendeten, mache er die 28.000 Euro locker. Die Zahl war in weniger als einer Woche erreicht.

Als Großspende gilt Schultz’ Gabe aber nicht. Unter diese Kategorie fallen nur Beträge über 50.000 Euro. Und solche Summen haben deutsche Parteien zuletzt seltener erhalten, wie aus dem in dieser Woche veröffentlichten Parteispendenbericht des Bundestags hervorgeht. 2011 flossen demnach noch mehr als 2 Millionen Euro an Großspenden. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 1,31 Millionen Euro.

Der Wulff-Effekt

Der Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok sieht einen Grund dafür in der Stimmung nach der Affäre um Exbundespräsident Christian Wulff: „Parteispenden durch Unternehmen sind unter Mithilfe der Medien in Verruf geraten.“

Laut Morlok nicht ganz zu Unrecht: Wer große Summen spende, erhoffe sich davon ein gewisses Wohlwollen. Außerdem entsprächen Spenden von Großunternehmen nicht immer dem Willen der Eigentümer: „Die Aktionäre sollten das eigentlich billigen müssen.“

Anders bei Großspenden von Privatpersonen. Davon gab es 2012 nur eine: Das Ehepaar Conrad und Dorit von Pentz aus Wilhelmshaven überwies 115.000 Euro an die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) – eine Splitterpartei, die bei der letzten Bundestagswahl nicht mal 30.000 von 44 Millionen abgegebenen Stimmen bekommen hat.

Conrad von Pentz’ Vorfahren besaßen einst eine Burg in Mecklenburg-Vorpommern. Er selbst studierte in den 70er Jahren auf Lehramt, als Kommunist bekam er aber Berufsverbot. Er arbeitete als Werkzeugmacher und trat 1983 der MLPD bei.

Nachdem er jetzt das Haus seiner Eltern geerbt und verkauft hatte, beriet er sich mit seiner Frau. Beide waren sich einig, dass sie „nicht am Hungertuch nagen“. Also spendeten sie das Erbe, um „für eine Welt einzutreten, die bewohnbar bleibt“, ohne schmelzende Polkappen und Wirbelstürme – und im Kapitalismus sei der Klimawandel eben nicht zu stoppen, findet von Pentz.

Im Wahljahr wird alles besser

Die im Bundestag vertretenen Parteien hätten sich über 115.000 Euro sicherlich auch gefreut. Aber auch wenn bei ihnen die Zahl der Großspenden sinkt – knapp wird ihr Geld vorerst nicht. Spenden von Unternehmen und Organisationen machen bei ihnen nicht viel mehr als 10 Prozent des Budgets aus.

Und laut Parteienforscher Morlok ist nicht einmal gesagt, dass Großspenden dauerhaft ausbleiben werden. „Dieses Jahr sind Bundestagswahlen, und in Wahljahren wird traditionell mehr gespendet.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • B
    Brian

    Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD, hat ja recht: "Entweder beendet die Menschheit das Zeitalter des Kapitalismus oder der Kapitalismus beendet die Existenz der Menschheit!" Oder nach Rosa Luxemburg: "Sozialismus oder Barbarei!" Nur: Dafür braucht kein Mensch die MLPD ...

  • I
    Irmi

    ja meckern kann ich auch, nur mir gibt keiner Geld dafür.

    Die Piraten sind so sehr in sich zerstritten, wer soll denen den vertrauen ? Dann haben die von Politik keine Ahnung sagten die selbst im Fernsehen. Die scheinen viel zu wissen über Computer, aber das hat wenig zu tun mit den wahren Problemen der deutschen Allgemeinheit wie die Rentner und Arbeitslosen.

    Ich weis echt nicht mehr, wen ich noch wählen soll.

  • H
    Heiko

    Zitat: Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD, hat recht, wenn er sagt: " Entweder beendet die Menschheit das Zeitalter des Kapitalismus oder der Kapitalismus beendet die Existenz der Menschheit!"

     

    Lach, der Typ könnte Witzeerzähler beim Karneval werden. So einen Unsinn erzählte uns die SED auch, das der böse Kapitalismus von guten Sozialismus abgelöst wird. Die Realität sah aber total anders aus, die Menschen hauten vom Osten in den bösen Westen ab.

    Aber das begreifen solche bornierten Alt/Jungkommunisten nicht, weil ihre Ideologie nicht lebt, sondern in ihrem Kopf in Zement gegossen wurde.

  • G
    Georg

    Ich schwanke noch zwischem dem Ärger daß das Geld an solche Institutionen ging und der Freude, daß die Erblasser keinen Schaden mehr anrichten können.

  • EV
    Einer von Millionen

    @Grüner: Was Sie mit Kommunismus verwechseln, war die Herrschaft einer privilegierten bürokratischen Kaste, die die Arbeiterklasse (ja, dazu gehören auch Leute wie Sie - Sie werden es dann merken, wenn Sie in Folge der nächsten Welle der eigengesetzlichen kapitalistischen Krise irgendwann nicht mehr im Bioladen einkaufen können) unterdrückte und von jeder Herrschaft ausschloss, mit Kommunismus und Sozialismus zu tun?

     

    Dass die dringenden wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragen der Menschheit nur zu lösen sind, wenn die Gesellschaft - in ganz Europa und weltweit - von ihrer derzeitigen Unterwerfung unter die Profitzwänge einer kleinen Minderheit von Kapitalisten befreit wird und letztere durch einen demokratischen und sozialen Plan nach den tatsächlichen Bedürfnissen der überwältigenden Mehrheit ersetzt wird, wird mit jedem Tag, der vergeht, offensichtlicher.

  • S
    sergej

    Also spendeten sie das Erbe, um „für eine Welt einzutreten, die bewohnbar bleibt“,...

     

    Der war gut!Hat ja bisher auch in jedem Linken Land geklappt,oder?Kommunismus heisst Umweltzerstörung auf Teufel komm raus.

  • A
    Andre

    Wenn man sich ansieht, wie heute - entgegen besseren Wissens - systematisch die globale Klimakatastrophe vorangepeitscht wird, nur um einer Hand voll Konzerne ihre Gewinne zu sichern, ist die Fragestellung von Hernn Pentz durchaus berechtigt.

    Wie viele Artikel werden heute bewusst mit kurzer Lebensdauer produziert, damit sie schnell auf dem Müll landen und neu gekauft werden müssen? Wie viele LKW, Schiffe und Flugzeuge verschieben täglich Waren ohne Sinn und Verstand rund um den Erdball? Wie widersinnig ist die Planung von 500 weiteren KKW weltweit?

     

    Da kann man doch nur noch revolutionär werden!

  • J
    Jörg

    Natürlich hat Mao-China die Umweltprobleme erkannt und umfassende Maßnahmen ergriffen. Man sollte sich einfach mal ordentlich informieren, bevor man antikommunistische Billigpolemik loslässt.

     

    Ein Blick in das Buch "Umweltschutz in der VR China" von Holger Strohm aus dem Jahre 1978 genügt. Siehe hierzu

    http://www.red-channel.de/mlliteratur/China/umwelt.htm

    Dort steht schon in der Einleitung zu lesen: "Und China scheint das Land zu sein, das seine Umweltprobleme besser als jedes andere Land in der Welt in Angriff genommen hat."

    Das die Neo-Kapitalisten um Deng Xiaoping später alles zunichte gemacht haben, ist natürlich richtig, und wird von der MLPD auch kritisiert.

     

    Genausowenig kann man die MLPD mit Nordkorea und Venezuela in einen Topf werfen. Wo verteidigt die MLPD diese Länder als kommunistisch bzw. sozialistisch? Da werdet ihr nichts finden.

     

    Wieviel den Kapitalisten und ihren Regierungen die Umwelt bedeutet, macht doch die Pleite von Doha deutlich. Nämlich gar nichts.

     

    Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD, hat recht, wenn er sagt: " Entweder beendet die Menschheit das Zeitalter des Kapitalismus oder der Kapitalismus beendet die Existenz der Menschheit!"

  • G
    Grüner

    "[...]und im Kapitalismus sei der Klimawandel eben nicht zu stoppen, findet von Pentz."

     

    Und im Kommunismus? Weder die Sowjetunion, die DDR noch Mao-China waren klimafreundlich. Und Venezuela mit ihrer Öl-Industrie auch nicht. Und Nordkorea ist auch noch weit weg von klimafeundlich.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Stimmt, nur der Kommunismus kann uns vor Wirbelstürmen und Polkappenschmelze retten. Eigentlich waren und sind die kommunistischen Länder eigentlich Naturschutz-Paradiese. In Nord-Korea verbrauchen die Menschen so wenig Energie wie in kaum einem zweiten Land. Und das Essen haben sie sich auch phasenweise abgewöhnt, weil es der CO2-Bilanz schadet. Ein hoch auf den grünen Kommunismus.