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Eistanzpaar Caruso/Kolbe vor der EMNicht die große Liebe

Tanja Kolbe hat ihren italienischen Partner Stefano Caruso via Internet gesucht. Nun startet das Paar bei der EM für Deutschland und will „unter die besten zehn“.

Starten bei der EM in Zagreb mit großen Zielen: Tanja Kolbe und Stefano Caruso. Bild: dpa

ZAGREB/BERLIN taz | Wenn Stefano Caruso über den Neujahrs-Cup spricht, den letzten Wettkampf vor den Europameisterschaften, den der Eistänzer mit seiner Partnerin Tanja Kolbe gelaufen ist, dann ärgert er sich. „Das war definitiv unsere beste Leistung. Aber wir bekamen zwanzig Punkte weniger als zu den deutschen Meisterschaften“, sagt er.

Ein namenloses slowakisches Paar war besser bewertet worden als sie. Der Neujahrs-Cup fand in der slowakischen Hauptstadt Bratislava statt. Eiskunstlauf und insbesondere der Eistanz lebt von subjektiv geprägten Preisrichterentscheidungen.

Am Mittwoch beginnen in Zagreb die Europameisterschaften. Für das junge deutsch-italienische Paar, die deutschen Vizemeister im Eistanzen, das seit 2010 gemeinsam trainiert und für Deutschland startet, sind es die zweiten. Im vergangenen Jahr kamen sie als Debütanten im britischen Sheffield auf einen beachtlichen 12. Platz. „Wir wollen unter die besten zehn“, sagt Tanja Kolbe ehrgeizig. Gelingen soll das mit einem Kurzprogramm nach Edith-Piaf-Klängen und einer Kür mit Beethoven.

Kolbe sitzt in der Cafeteria im Sportforum Hohenschönhausen in Berlin. Sie hat gerade eine Ballettstunde hinter sich. Internationale Eiskunstlaufexperten bescheinigen der 22-jährigen Berlinerin ein riesiges Potenzial. „In der Zeit nach Sotschi“, prognostiziert Berlins leitender Landestrainer Reinhard Ketterer „werden wir noch viel Freude an den beiden haben.“ Bis dahin ruhen Deutschlands Hoffnungen im Eistanz vor allem auf den älteren Oberstdorfern Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi, die in Zagreb unter die besten fünf wollen.

Internetplattform für paarlose Eistänzer

Wie lernt sich ein deutsch-italienisches Paar kennen? Über eine Internetplattform für partnerlose Eistänzer, erläutert der 25-jährige Stefano Caruso. Tanja hatte dort annonciert. „Ich selbst wollte nach der Trennung von meiner italienischen Partnerin eigentlich mit dem Sport aufhören“, erzählt er. Die sei nicht nur auf dem Eis seine Partnerin gewesen, sondern seine große Liebe.

„Bei jeder Bewegung spürte ich ihre Gefühle, und eine Eisbeziehung ohne Liebe und durch das Internet vermittelt war für mich unvorstellbar“, sagt er. So war es Carusos Mutter, die eine Mail nach Berlin schickte und ein Probetraining mit Tanja Kolbe verabredete. „Ich bin eigentlich nur gefahren, weil ich gern mal Berlin sehen wollte“, gesteht der Italiener. „Doch als ich mit Tanja auf dem Eis stand, spürte ich, das könnte was werden.“ Als reine Eisbeziehung. Auch ohne Liebe.

Sein Leben richtet Caruso nach seinen Emotionen aus. Das Linguistikstudium, das er neben dem Training im italienischen Bergamo absolviert, wählte er „nach dem, was mir Spaß macht“. Auf dem Eis wird das Paar dafür gelobt, das es dem Publikum seine Emotionen zeigen kann. Tanja Kolbes Part ist es, die Erdung wiederherzustellen. Sie kümmert sich ums Praktische, um Behördengänge und Termine.

Vor knapp einem Jahr klappte das Miteinander nicht mehr: Das Paar war für fünf Monate getrennt. „Wir hatten Meinungsverschiedenheiten über den Trainingsort“, bringt Tanja Kolbe auf den Punkt, was Stefano Caruso mit mehreren Sätzen umreißt: „In Mailand haben wir mit der ehemaligen Weltmeisterin Barbara Fusar-Poli die beste Trainerin. Sie ist kreativ, macht wunderbare Choreografien, wählt Musiken, die zu uns passen. Aber Tanja wollte in Berlin trainieren, wo das Eis für uns kostenlos ist und wir Ballettunterricht nehmen können.“ Ein Mediator führte im September die beiden wieder zusammen. Der Kompromiss: Sie pendeln zum Training zwischen Mailand, Berlin und Oberstdorf.

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