US-Verteidigungsminister in spe: Chuck Hagel auf dem Grill
Die Republikaner gehen Barack Obamas Kandidaten für das Pentagon hart an. Chuck Hagel wehrt sich acht Stunden lang, sieht aber nicht gut aus.
BERLIN taz | Chuck Hagel wusste, was auf ihn zukommt. Seit US-Präsident Barack Obama den 66-jährigen ehemaligen republikanischen Senator im Dezember vergangenen Jahres als Kandidaten für das Amt des Verteidigungsministers vorstellte, war die Kritik aus den Reihen der Republikaner nicht zu überhören.
Hagel sei inkonsistent, unzuverlässig in der Solidarität mit Israel, zu weich gegenüber Iran. Er habe den „Surge“, die Truppenerhöhung im Irak 2007, abgelehnt, sei später mit Obama in den Irak geflogen. Er hat über den Einfluss der „jüdischen Lobby“ in Washington geklagt. Zusammengefasst: Hagel ist für Republikaner ein Verräter. Und einige der zwölf republikanischen Senatoren im Verteidigungsausschuss waren gekommen, um sich dafür zu rächen.
Schon in seinem Eingangsstatement schlug Hagel defensive Töne an. In seinen zwölf Jahren im Senat habe er über 3.000-mal seine Stimme abgegeben, Hunderte von Interviews gegeben und Reden gehalten. „Aber kein einzelnes Zitat, keine Abstimmung oder Stellungnahme definiert meine Einstellung. Meine Sicht auf die Welt hat sich nie geändert: dass Amerika das stärkste Militär der Welt hat und behalten muss, dass wir die internationale Gemeinschaft führen müssen, um mit Bedrohungen und Herausforderungen gemeinsam umzugehen, und dass wir alle Instrumente amerikanischer Macht nutzen müssen, um unsere Bürger und unsere Interessen zu beschützen.“
Hagels früherer Freund attackiert
Doch seine ehemaligen Kollegen im Senat wollten da nicht mitspielen. Fast acht Stunden lang sah er sich mit früheren Zitaten, Interviewausschnitten und früherem Abstimmungsverhalten konfrontiert. Gerade sein ehemaliger Freund, der einstige republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain, Vietnamveteran wie Hagel selbst, ging ihn besonders scharf an. 2007 habe er sich gegen die Truppenerweiterung im Irak ausgesprochen. Ob die denn nun richtig oder falsch gewesen sei, will McCain wissen. Als Hagel zu Erklärungen ansetzt, unterbricht McCain. „Ja oder nein?“, will er wissen. Hagel sagt, so einfach sei das nicht und er überlasse es der Geschichte, das zu beurteilen. McCain lässt daraufhin fürs Protokoll festhalten, dass Hagel die Antwort verweigere, und führt aus, die Geschichte habe längst geurteilt und Hagel habe auf der falschen Seite gestanden.
So geht es weiter. Hagels berühmte Kommentare über den unbotmäßigen Einfluss der „jüdischen Lobby“ auf den Kongress fallen ihm jetzt auf die Füße. Ob er einen Senator benennen könne, der von der jüdischen Lobby gekauft sei, will Senator Lindsey Graham aus South Carolina wissen. Nein, kann er nicht. Ob er eine dumme Entscheidung benennen könne, die der Senat aufgrund des Drucks der jüdischen Lobby getroffen habe? Nein, kann er auch nicht.
Die Fragen zu den zukünftigen Herausforderungen an das US-Militär, zu Umbau, Neuorientierung und Umgang mit gekürzten Haushaltsansätzen – sie alle machen keine Schlagzeilen. Die US-Medien sind sich einig: Hagel macht keine gute Figur. Bestätigt werden dürfte er trotzdem, mit der Mehrheit der Demokraten.
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