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LeistungsschutzrechtKeine Ausnahme für Google

Heute stimmt der Bundestag über den nur leicht entschärften Gesetzentwurf ab. Die Snippets der Suchmaschinen sollen weiter Geld kosten.

Aus Papier Schnipsel machen kann jeder. Mit Schnipseln im Netz arbeiten soll nicht jeder können Bild: photocase / janine wittig

FREIBURG taz | Die Snippets von Google werden vom neuen Gesetz weiter erfasst. Das Leistungsschutzrecht, das der Bundestag am Freitag beschließen will, enthält keine Ausnahme für den Internetkonzern. Die Formulierung des Gesetzentwurfs ist längst nicht so unbestimmt, wie Bundesregierung und Kritiker derzeit behaupten.

Das Leistungsschutzrecht soll Verlegern ermöglichen, von Suchmaschinen (wie Google) und News-Aggregatoren (wie Google News) künftig Lizenzgebühren zu verlangen – wenn diese Zeitungsartikel nicht nur verlinken, sondern auch mit kleinen Textausschnitten (Snippets) illustrieren.

Am Dienstag hatten CDU/CSU und FDP ihren Gesetzentwurf überraschend noch einmal geändert. Danach soll das Leistungsschutzrecht nicht gelten, wenn nur „einzelne Worte oder kleinste Textausschnitte“ eines Presseerzeugnisses benutzt werden. Seither rätseln viele Beobachter: Was sind „kleinste Textausschnitte“?

In der FDP wurde die Version verbreitet, die Snippets von Google seien jetzt ausgenommen. Die Union widersprach nicht öffentlich, sondern verbreitete sybillinische Erklärungen: Nun müssten die Beteiligten in Verhandlungen klären, ab wievielen Worten das Leistungsschutzrecht einsetze, sagte der Fraktions-Vize Günter Krings.

Die Opposition nahm die wirre Darstellung der Koalition dankbar auf. Es drohe ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Anwälte, hieß es bei der SPD. Bis zur Klärung der Rechtslage seien neue Abmahnwellen zu befürchten, raunten die Piraten. Doch ganz so unklar ist die Rechtslage nicht. Die Koalition will sie nur nicht klar darstellen, um den vielen internen Skeptikern heute im Parlament die Zustimmung zu erleichtern.

Was genau bedeutet „kleinst“?

Der Gesetzentwurf spricht nun mal ganz eindeutig von „kleinsten“ Textausschnitten. „Kleinst“ heißt: so klein, wie es kaum kleiner noch geht. Die Begründung des Änderungsantrags vom Dienstag bestätigt das. Gemeint seien Schlagzeilen wie „Bayern schlägt Schalke“. Das Beispiel hat genau drei Worte. Das reicht für eine Überschrift, aber nicht für mehr.

Nun kann man sicher streiten, ob auch vier oder fünf Worte noch „kleinste“ Textausschnitte sind. Aber die Snippets bei der Google Suche haben meist 17 bis 21 Worte plus Überschrift. Und bei Google-News sind es sogar rund 30 bis 33 Worte plus Überschrift. Dass das keine „kleinsten“ Ausschnitte mehr sind, liegt auf der Hand. So sieht das wohl auch Google und setzte seine Anzeigen-Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht mit gesteigertem Aufwand fort.

Auch nach der jüngsten Veränderung des Gesetzeswortlauts könnten die Verlage von Google also bald Lizenzgebühren verlangen. Oder Google müsste seine Links ohne illustrierende Snippets anzeigen.Allerdings wird das Gesetz auch noch im rot-grün dominierten Bundesrat geprüft. Dieser muss hier zwar nicht zustimmen, kann aber den Vermittlungsausschuss anrufen.

Und in dessen undurchsichtigen Verhandlungen ist schon manches unbeliebte Gesetz plötzlich doch zugunsten wichtigerer Projekte geopfert worden. Die Verleger sollten sich also nicht zu früh freuen.

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11 Kommentare

 / 
  • DR
    Daniel Rose

    Die Verleger argumentieren gezielt unredlich:

     

    1) Ohne Google wäre das derzeitige werbefinanzierte Geschäftsmodell der Verleger gar nicht möglich. Erst Google bringt die nötige Zahl an Benutzern auf die Seiten. Es handelt sich also um eine klassische win-win-Situation.

     

    2) Die Verleger konnten schon immer bestimmen, ob sie in Suchmaschinen auftauchen wollen und seit einer ganzen Weile auch Google News gezielt ausschließen und trotzdem in der regulären Suche bleiben. Niemand nimmt den Verlegern ihre Handlungsfreiheit. Nautürlich /wollen/ die Verleger gar nicht bei Google verschwinden, dann würden ihre Anzeigengewinne rapide einbrechen.

     

    3) Die Verleger können ebenfalls bestimmen, ob Snippets angezeigt werden sollen oder nicht. Auch hier gilt: Natürlich brauchen die Verleger die Snippets, weil die Benutzer so eher klicken.

     

    4) Den Weg über das LSR gehen Springer & Co. daher nur, weil sie den Kuchen haben und gleichzeitig essen wollen. Sie wollen gar nicht, dass Google irgendetwas ändert, z.B. nur noch bloße Links mit Überschriften anbietet. Sie wollen aber gerne dafür bezahlt werden. Das LSR dient also lediglich dazu, Google erpressbar zu machen.

     

    5) Dass das nicht ohne Kollateralschaden umgesetzt werden kann, ist klar. Die Verleger spielen sich auf als Retter der deutschen Nachrichenkultur, in Wirklichkeit behindern sie aber den freien Austausch von Informationen.

  • HK
    Hady Khalil

    Gegenprüfung???

    Kann eigentlich der Bundespräsident nicht die Unterschrift unter das Gesetz verweigern, wenn das mangelhaft formuliert und rechtlich umstritten ist? Er lässt doch jedes Gesetz von Experten aus seinem Haus prüfen. Sind das eigentlich diejenigen, die die Bundesregierung entlassen hat. Sie lässt ja wohl nur noch von windigen FDP Anwälten prüfen. Ich hätte da eine Idee für eine Arbeisbeschaffungsmaßnahme. Früher hatte der Bundespräsident die Aufgabe die rechtliche Prüfung von Gesetzen zu bestätigen. Jetzt muß er selbst prüfen. Und wer prüft jetzt gegen?

  • HK
    Hady Khalil

    Keine Klagen

    Wieder so ein Gesetz, das an der Verfassung vorbeigeht. Das neue Leistungsschutzrecht ist doch eine Massive Einschränkung der Presse-und Meinungsfreiheit, weil man Inhalte auf die man sich in seiner Meinungsäußerung bezieht gar nicht mehr adäquat, oder eben nur eingeschränkt darstellen kann. Warum? Aus Kommerziellen Gründen. Ob das Gesetz vor den Gerichten bestand haben wird, ist offen. Ist das eigentlich Bundesratszustimmungspflichtig. Bei mir hat sich jetzt der Gesetzgeber umsonst bemüht, weil meine Texte auch ohne diese Bezüge auskommen, als hätte ich es geahnt. Wielange braucht es sich bis zum BVG durchzuklagen, oder will jemand direkt klagen? Vielleicht glaubt die Regierung gar nicht selber, das sie damit durchkommt. Eins hat sie damit erreicht und darauf kommt es wohl an, wenige Monate vor der Bundestagswahl, Unsicherheit erzeugt. Gesetze dienen eigentlich dazu Klarheit und nicht Unklarheit zu schaffen. Und Gesetze, so war es einmal, das scheint aus der Mode, gehören eindeutig innerhalb Verfassungsmässigen Grenzen und dürfen, bzw. durften nur in Ausnahmefällen vor Gericht entschieden werden. Diese Regierung hat die Ausnahme zur Regel gemacht. Bald darf man wahrscheinlich nur noch mit Kugelschreiber schreiben, oder mit Bleistift, da kann man noch wegradieren. Bis da mal jemand klagt...Außerdem wenn bei sovielen juristisch unsicheren Gesetzen nicht gleichzeitig mehr Richter eingestellt werden, ist das eine eindeutige Aushebelung des Rechtsstaats, weil man immer länger auf sein Recht warten muß. FDP stand mal für was anderes.

  • UZ
    und zu

    Jetzt braucht sich also keiner wundern, wenn die Suche nach FDP bei Google automatisch mit "Versagerpartei" ergänzt wird und Merkel mit entsprechendem.

  • C
    Claus

    Zum einen:

     

    "Nun müssten die Beteiligten in Verhandlungen klären, ab wievielen Worten das Leistungsschutzrecht einsetze[...]."

    Sollte nicht ein Gesetz klarstellen was es meint? Bei Diebstahl oder Gewaltverbrechen einigen sich doch auch nicht die Betroffenen ob das jetzt okay ist oder ob das vielleicht doch ein bisschen zu viel war, ums nochmal durchgehen zu lassen.

     

    Zum anderen:

    Ich glaube nicht dass es den Verlagen nützt wenn sie nicht mehr über Google verlinkt werden. Mal wieder demonstrieren die Meisterstraten wie man den digitalen Karren vor die Wand fahren kann, wahrscheinlich um sich hinterher zu beschweren dass ja niemand mehr bereit ist was zu bezahlen und dass die Gesellschaft eh schlecht ist und das Internet erst recht.

  • I
    IDaniel

    Haha!

    Natürlich geht es hier um Lobbying. Und beide Seiten wollen Geld verdienen. Doch ich komm nicht drum herum, die Verleger als Volltrottel zu sehen. Es hat doch sowieso niemand Lust auf 99% der Meinungsmache und Lügerei, die von den "Top" Medien kommen. Sollen die doch von Google verschwinden.

     

    Die Internet-Community hat schon oft bewiesen, dass sie stark genug ist. Jetzt kann freier Journalismus a la WIkileaks, Wikinews, indymedia, und alles was da noch ist, evtl. Raum finden.

  • O
    Otto

    Oh Google. Du wohltätiger Konzern. Dir geht es um das Allgemeinwohl. Profitinteressen hast Du niemals. Und gerne geben wir Dir die Allmacht über die Auswahl der Informationen, die wir konsumieren. Oh Google, Du Gott, Du Erlösung und wahre Befreiung bringende Instanz.

  • J
    Jörn

    Wer profitiert wirklich und wer leidet wirklich unter diesem Unsinn:

    Google wird nicht darunter leiden. Es wird einfach keine Verlage mehr in indexieren, die auf einer Vergütung dafür bestehen.

    Die Verlage werden nicht davon profitieren. Wenn Google nicht zahlt, werden sie auch nichts bekommen.

    Darunter leiden werden kleine Anbieter von Linklisten, Blogger etc., die zu klein sind um mit den Verlagen zu verhandeln und gross genug sind um als gewerblich zu gelten - häufig reicht dafür schon, ein Werbebanner auf der eigenen Site zu haben - selbst wenn es vom Bloghoster stamt.

    Profitieren werden davon die Abmahnanwälte.

    Leiden wird darunter auch die demokratische Kultur. Das Zitatrecht ist eine wesentliche Basis für die demokratische Willensbildung. Wer das Zitat gebührenpflichtig macht, behindert den gesellschaftlichen Diskurs.

    Darunter leiden wird auch die Internetwirtschaft in Deutschland - wer möchte noch in Deutschland hosten, wenn hier unkalkulierbare Forderungen für Links zu befürchten sind. Neben der unsäglich Deklarierung der "Haftung für Links" durch das LG Hamburg ist dies ein weiterer Schritt zur Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet.

  • NF
    Nico Frank

    URHEBERECHTE-MAFIA UM DIE VERAGSLOBBY hat dich durchgesetzt

     

    es ist immer so, ob bei der Ärzte-, Krankenhäuser-, Rechtsanwälte-, Steuerberater-, Apotheker oder Verlags Lobby, wenn sie was fordern, steht die Politikerkaste bei Fuß. Da spielt es auch keine Rolle, ob die Gesetzte nur einigen wenigen gegen die breite Schicht der Bevölkerung auf den Weg gebracht werden.

     

    Das Gesetz, Siebente zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, insbesondere die darin vorgesehenen Änderungen im Hinblick auf Leistungsschutzrechte für die Presse,

    will kurz für den Laien erklären.

    Es geht wieder mal um das schöne Geld. Man stelle sich vor, ein Hotel will seine Zimmer immer gut belegt haben. Taxifahrer die dem Hotel, zimmersuchende Hotelgäste vorbeifährt und dafür sorgt das Hotel stets gut ausgelastet ist, müssen dafür dem Hotel ein Entgelt zahlen.

    Und Kuriosität steckt das „Wie Bitte“

     

    Google das durch seine Infrastruktur, Leser und Interessenten der Zeitung YX auf die Seite bringt, soll jetzt dem Zeitungsverlag Geld zahlen.

     

    Geht’s eigentlich noch? Die Raffgier der Verlage kennt offensichtlich keine Grenzen mehr.

     

    Dieses Urheberrecht gehört in meinen Augen vollständig und Ersatzlos aufgehoben. Es dient dazu, die Rechte einiger weniger gegen die Masse zu Schützten. Weg damit.

  • A
    Andreas

    Ich nutze ausschließlich Google-News um zu diversen Zeitungen verlinkt zu werden. Sollte das irgendwie abgeschafft werden, fände ich das sehr schade. Ohne Nachrichten lebt es sich vielleicht besser ;-)? Bekomme ich dann überhaupt noch kostenfrei einen RSS?

  • A
    Alex

    Interessant ist übrigens, dass auf Google News kein Geld verdient wird, da keine Anzeigen geschaltet werden. Das einzige Argument der Befürworter, Google verdiene mit fremder Arbeit geld, greift also nicht.