Filmstart „Hai-Alarm am Müggelsee“: Griechische Ananas
Ein Katastrophenfilm? Nein, „Hai-Alarm am Müggelsee“ von Leander Haußmann und Sven Regener ist eher eine unrunde Aneinanderreihung von Gags.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Leander Haußmann und Sven Regener drehen in ihrem „Hai-Alarm am Müggelsee“ diese Faustregel mal um. Zu Anfang sieht man Michael Gwisdek im Müggelsee stehen, das Wasser reicht ihm bis zur Hüfte. Was dann passiert, sei aus Angst davor, Spoiler zu verraten, nicht weiter ausgeführt. Nur so viel: Wer nicht gleich lacht, wenn Gwisdek sein sehr berlinerisches „Wat isn ditte?“ ausstößt, ist für diesen Film verloren.
Aber vielleicht beginnt diese Probe auf den Humor ja noch früher, nämlich gleich beim Titel: „Hai-Alarm am Müggelsee“. Eigentlich müssten sich daran schon die Geister scheiden. In die einen, die verständnislos – „wat solln ditte?“ – den Kopf schütteln, und in die anderen, die die bloße Nähe der Wörter „Hai“ und „Müggelsee“ bereits kichern lässt.
Man kann Haußmann und Regener (zur Erinnerung: die beiden fanden über der Verfilmung von Regeners Bestsellerroman „Herr Lehmann“ zusammen) zugutehalten, dass sie auf ihre Weise für beide Publikumssegmente arbeiten.
Die Kopfschüttler füllen sozusagen die Leinwand; die Kicherer sitzen davor. „Hai-Alarm am Müggelsee“ spielt, wie der Titel schon sagt, am Müggelsee. Sieht man von einer Passage ab, die die notwendig umständliche Vorgeschichte des Hai-Alarms erzählt und unter anderem eine Art vorzeitigen Showdown auf Hawaii zeigt.
Dem kundigen Auge erschließt sich, dass Hawaii hier ebenfalls vom Müggelseeufer dargestellt wird, verkleidet durch eine vordergründig platzierte Ananas und ein paar Palmen in Töpfen. Nie wurde deutsches Filmfördergeld besser gespart!
Keine Spezialeffekte
Wie überhaupt Sparsamkeit sich als Qualitätsmerkmal durch das Projekt zieht: Im Gegensatz zu anderen Filmen, die Haie im Titel führen, wurde auf den Einsatz von Spezialeffekten verzichtet. Die Handlung konzentriert sich auf wenige Orte und eine Handvoll Figuren und legt dabei trotz „Alarm“ einen stets gemütlichen Gang ein.
Dafür steht schon der Running Gag des Films, der die eine griechische Kneipe am Müggelseedamm in Friedrichshagen zeigt, in der Frank Castorf und Jürgen Flimm am Tisch mit einem unbekannten Schnauzbartträger sitzen und Dinge zum Besten geben, wie dass Friedrichshagen sich zu Köpenick wie Santa Monica zu Hollywood verhält – nein: wie der Vatikan zu Rom!
Im hektischeren Teil der Handlung weiht Henry Hübchen als Bürgermeister von Friedrichshagen („Ich bin ja eigentlich in Köpenick geboren, aber sagen Sie das nicht weiter!“) gerade die neue Surfpaddelschule ein, als ihm die oben nicht näher beschriebene Entdeckung durch Michael Gwisdeks Bademeister zugetragen wird.
In der daraufhin einberufenen Beratungssitzung tut sich besonders die Städtemarketing-Expertin Vera Baum (Anna-Maria Hirsch) hervor, die als fleißiges Mädchen eine Liste mit drei Lösungsvorschlägen präsentiert.
Nummer eins ist der Hai-Alarm, den erst mal alle ausschließen. Nummer zwei die Devise „w.w.b.“ – kurz für „weiter wie bisher“, die spontan bevorzugte Herangehensweise, die leider als unpraktikabel abgelehnt wird. Man stimmt schließlich für Lösung drei: „Wir gehen alle nicht mehr ins Wasser, aber positiv.“ Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Die Musik kommt von Sven Regener
„Hai-Alarm am Müggelsee“ erweist sich weniger als Katastrophenfilmparodie denn als betont entspannte Folge Gags verschiedener Zielrichtungen. Die betonte Entspanntheit, untermalt von Sven Regeners Songs, rückt dabei das hochkarätige Figurenensemble ins Zentrum mit dem immer köstlichen Hübchen an der Spitze.
Tom Schilling als Fischexperte der Humboldt-Universität hat einen vergleichsweise undankbaren Part. Benno Fürmann als „reicher Mann von Friedrichshagen“ aber trifft den Pseudo-Brechtianerton schon besser. Vor allem wenn ein einfacher Mann ihm mal zeigt, wo der Hammer hängt: „Ich bin Horst Jablonsky und sag hier mal meine Meinung.“
Katharina Thalbach erscheint als „irre Alte“, die so tiefsinnige Dinge schreit wie: „Da hilft euch auch euer Günther Jauch nichts mehr!“ Wie man aus wenig das Optimum herausholen kann, zeigt Detlev Buck. Er spielt einen bräsigen Polizisten, der sich ausbittet, komplexe Gedanken auch zu Ende führen zu dürfen.
Hübsche Ideen stecken in diesem Projekt, von Sprachkritik („Hopp, hopp, hopp, Hai-Alarm, stopp!“) über Systemsatire (es wird eine Mauer gebaut) bis zur Anspielung auf Wutbürger im Westen (Der Wannsee! Sollen die doch Karpfen-Alarm machen!). So ganz rund wird die Sache nie.
„Hai-Alarm am Müggelsee". Regie: Leander Haußmann, Sven Regener. Mit Benno Fürmann, Henry Hübchen u. a. Deutschland 2013, 123 Min.
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