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Lohnlücke zwischen Männern und FrauenDer starke Peer will gleiche Löhne

Ausgerechnet der SPD-Kanzlerkandidat trat am Equal Pay Day in Berlin gegen schlechte Frauenlöhne an. Und gegen den Schnee.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nimmt an einer Aktion zum Equal Pay Day 2013 teil. Bild: dpa

BERLIN taz | Peer Steinbrück schließt die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. So jedenfalls tritt der SPD-Kanzlerkandidat auf am Equal Pay Day – jenem Tag, bis zu dem Frauen 2013 arbeiten müssten, um die Löhne der Männer von 2012 einzuholen.

Bei der Kundgebung gegen die Lohndiskriminierung trotzt Steinbrück dem Schneegriesel vor dem Brandenburger Tor in Berlin mit bloßem Kopf und hochgeschlagenem Kragen. Und er trotzt der Lohnlücke mit markigen Worten: „Wir werden 2013 eine höhere Stufe der Gleichberechtigung erreichen, dann ist der Equal Pay Day nicht mehr nötig.“ Frauen verdienen in Deutschland 22 Prozent weniger als Männer. Die Bundesrepublik ist damit das Schlusslicht unter den OECD-Ländern.

Etwa 200 Menschen protestieren am Donnerstag in Berlin. Sie stammen aus allen Parteien außer der FDP, außerdem nehmen der DGB, der Frauenrat und der Sozialverband teil. Viele Männer sind mit dabei, „weil Lohngleichheit auch eine Sache der Männer ist“, wie ein Bannerträger vom Sozialverband erklärt.

Und wie will der starke Peer die Lohnlücke schließen? Mit dem „Entgeltgleichheitsgesetz“ der SPD. Das wird heute im Bundestag verhandelt und beinhaltet, dass Firmen ihre Lohnstruktur offenlegen und von der Antidiskriminierungsstelle überprüfen lassen. Werden ungerechte Eingruppierungen deutlich, dann muss das Unternehmen sie verändern oder Strafe zahlen. Auch Tarifverträge sollen so auf versteckte Diskriminierungen untersucht werden.

Ansetzen auf vielen Ebenen

Mit diesem Gesetz kann man allerdings nur einen bestimmten Teil des Verdienstabstands angreifen. Viele andere Faktoren wie unterbezahlte Frauenbranchen, die Teilzeitfalle der Mütter und schlechtere Karriereaussichten sind weitere Bestandteile der Lücke. Darauf machten die anderen Rednerinnen bei der Kundgebung aufmerksam. Es müsste also auf vielen Ebenen angesetzt werden.

Steinbrück will das Problem per Hauruckverfahren erledigen: „Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu, und dann ist die Sache erledigt“, fordert er von der Union, „so einfach ist das.“

Obwohl es eben ganz so einfach nicht ist, sind Grüne und SPD sich einig, dass ein Gesetz ein wichtiger Schritt ist. Union und FDP sind dagegen weit entfernt von gesetzlichen Regelungen. Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) setzt darauf, dass Unternehmen sich freiwillig selbst überprüfen. Und sie fordert zwar Lohngleichheit, möchte aber nicht gesetzlich eingreifen: „Wir brauchen dringend eine Neubewertung typischer Frauenberufe“, sagte sie der dpa.

Männerberufe würden vielfach besser bezahlt, weil Belastungen oft anders gewichtet würden. So werde zum Beispiel bei Müllmännern das Heben schwerer Lasten zu Recht als Kriterium für die Arbeitsplatzbewertung herangezogen. „Bei Pflegeberufen dagegen, die vor allem von Frauen ausgeübt werden, wird das weniger beachtet, obwohl zur körperlichen Anstrengung noch psychische Belastungen hinzukommen.“ Für eine Überprüfung der Tarifverträge seien aber die Tarifparteien selbst zuständig.

Die grüne Fraktionschefin Renate Künast warb für das Ende der schwarz-gelben „Scheinpolitik“ aus einem weiteren guten Grund: „Ich habe keine Lust, hier jedes Jahr dieselbe Rede zu halten.“

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7 Kommentare

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  • N
    netzwerker

    equal pay ?? dass hat seeheimer Peer spätestens am

    22.9.13 vergessen.

  • H
    Hafize

    Das ist nicht glaubwürdig.

     

    -> Peer Steinbrück will auch für die Männer die gleichen niedrigen Löhne, die schon Frauen in Armut zwingen. So rum müsste das mal kommuniziert werden, denn Peer Steinbrück ist ein Agenda-2010-Fan, jemand der auch 2013 noch nichts dazugelernt hat und der weit in die andere Richtung schaut, wenn es um Armut, Ausbeutung und unfaire Arbeitsverhältnisse geht. Für Steinbrück sind solche Sachen etwas wie der Regen oder Schnee - der fällt halt vom Himmel.

     

    Und die Politik ist fürs Beschäftigungswunder zuständig, nicht für die Aufstocker und armen Arbeitnehmer - die sind selber schuld, zu faul, schwach, zu wenig gut ausgebildet etc. Jeder ist seines Glückes Schmied und weil Steinbrück das selber so gut gelang, sagt er lieber nicht, wie hoch sein Nettowert, sein Vermögen ist, für Transparenz ist er jedenfalls nicht zuständig.

     

    Das Gute an Steinbrück ist, dass er das nicht mal verheimlicht, der geht mit seiner Agenda-Idee ganz offen um und wer meint, der sorgt für Equal-Pay, der muss schon Drogen nehmen, um Steinbrück so was abzukaufen. Es ist wahrscheinlich eine Frage von Hamburg und Düsseldorf, ob die SPD an diesem Kandidaten festhält und im September absäuft oder nicht. Die letzten Tage wollte die Regierung die Zypern-Lösung aus der Rentenkasse bezahlen ... Dass sie solche Vorschläge machen können, zeigt doch, dass die CDU keinen Gegner hat.

  • M
    manfred (61)

    Ganz einfach: Quote für Müllfrauen, Frauenquote für Bergleute unter Tage, Quote für Soldatinnen bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr, aber auch Quote für Erzieher, damit die Kinder lernen, daß nur die Hälfte der Bevölkerung Frauen sind. Quote jeweils 50 %. Das führte sehr schnell zu einer Angleichung des Durchschnittseinkommens. In meiner Firma jedenfalls galt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Aber nur zwischen Männern und Frauen. Unterschiede gibt es dort bis heute zwischen Ost und West. Dazu hat Peer der Heuchler allerdings nichts gesagt.

  • EP
    Equal Payer

    Cool! Gleiche Löhne! Ich möchte bitte sofort einen Vortrag bei der BVG, übermorgen bei den Berliner Wasserwerken und die Termine ab Montag gebe ich dann bekannt. Honorar sind die üblichen 25 000Euro wie beim Equal Pay Peer. Am besten bar im schwarzen Koffer wie früher bei den anderen Equal Payern. So wie ich es sehe, kann ich mich ab Juli zur Ruhe setzen. Eventuell mache ich noch nebenher Bundeskanzler oder falls der Peer gerade am Kanzlern ist eben EU-Abgeordneter oder Gewerkschaftsfuzzi(nur die höheren Arbeiterbewegungsvertretungsgeschichten so ab 400 000 im Jahr+Aufsichtsratskleinkram). So für die täglichen Kleinausgaben, damit man genug Kleingeld in der Tasche hat. Equal Pay ist meine Rettung.

  • C
    Celsus

    Ja. die frewillige Selbstverpflcihtugn ist ja legendär. Und damit haben es sowohl CDU und CSU als auch die SPD.

     

    Denken wir nur an die V-Leute: Da werden Verfassugnsfeinde angeworben, die sich erfolgreich an die Spitze ihrer Gruppeirung setzen konnten. Und dann sollen die frewillig und glaubwürdig Bericht erstatten. Ein Flopp der beibehalten wurde und ohne den die NPD personell und finanziell bankrott gehen würde.

     

    Und dann ahben wir die Lohngleichstellung. Die soll jetzt von denjenigen frewillig bewerkstelligt werden, die selber ungleich behandeln wollten.

     

    So langsam frage ich mich, wann die Gefängnisselbstverwaltung eingeführt wird und gegen das Versprechen den eigenen Aufenthalt im Gefängnis selber zu überwachen, auf Wachpersonal verzichtet wird.

     

    Nein. CDU, CSU und SPD waren noch nie ernsthaft für Gleichberechtigung und werden kein Gesetz dagegen beschließen, das nicht lächerlich zu umgehen ist. Was die SPD da vorführt, ist aber ein Schmusetanz mit der schlechten Politik der CDU. Die Würfel für eine Koalition scheinen hinter verschlossenen Türen auf schwarz-rot gefallen zu sein.

  • R
    ReVolte

    Ich vermisse bei der ach so auf Gleichstellung bedachten taz vehemente Forderungen nach einem bundesweiten Equal Age Day. Hier könnten sich positive Synergieeffekte ungeahnten Ausmaßes ergeben – allerdings in der Hauptsache für Männer und im Hinblick auf ihre Lebenserwartung. Zumal bei Bezahlung und gesundheitsbelastende Arbeitsverhältnisse ein Zusammenhang besteht.

    Sicher ist, dass bei umgekehrten Verhältnis vom patriarchalen"Genderzid" an Frauen die Rede wäre.

    Aber für Männer, noch dazu weiße tut eine vorgeblich der Emanzipation verpflichtete taz nix, weil die sind ja allesamt privilegiert und den ganzen Tag am einsammeln der "männlichen Dividende".

    Der Mythos Männermacht ist eben DER Schlüssel zu allerlei Safe und Comfort Spaces für Frauen. Und deshalb wird er auch weiterhin stur herauf beschworen.

  • S
    Selfmade

    Der liebe Peer mit neuen Parolen. Ja, ist denn heut´schon Weihnachten möchte ich da fragen? Nach der Bundestagswahl spielen wohl die meistgenannten Themen bei der SPD und anderen keine wichtige Rolle mehr. In der Zeit bis zur Wahl treten einige bekannte Schaumschläger der Politik als miese Teppichverkäufer von Kaffeefahrten auf. Peer feiert die Agenda 2010 und wirbt mit deren Aushöhlung bis zur Unkenntlichkeit. Für wie blöd hält er die Bevölkerung? Sicher werden wieder einige Mitbürger aus Gewohnheit oder was auch immer die SPD usw. wählen. Eine Veränderung oder gar die gepriesene Alternative wird es mit Sicherheit nicht sein.