piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinDie Checker mit Garderoben-PM

Kolumne
von Silke Burmester

Laurèl teilt mit, dass Julia Jäkel „Bustier und Hose in dunkelblau“ tragen wird. Die Kriegsreporterin trägt die beschissene Tatze.

Gut, dass es PMs gibt. Bei einem geschickten Fotobeschnitt trägt Jäkel auf der Preisverleihung gar nichts. Bild: dpa

H allo, taz-Medienredaktion!

Ich habe das Gefühl, da ist was schiefgelaufen. Kann es sein, dass du die Pressemitteilung nicht bekommen hast, in der steht, was ich anhabe, wenn ich diese grandiose Kolumne schreibe? Dass Globetrotter dich gar nicht informiert hat, dass ich eine azurblaue Fleecejacke von der Billigfirma mit dem beschissenen Tatzenlogo trage? Und eine Hose mit abnehmbaren Beinen in Obdachlosenbeige?

Zu ärgerlich, dass dich die Info nicht erreicht hat. Da sieht man wieder, dass wir in einer Oben-unten-Gesellschaft leben. Ich bin einfach nicht so toll. Wenn Julia Jäkel den Henri-Nannen-Preis in „Laurèl“ präsentiert, klappt das viel besser. Dann lässt Laurèl flugs eine Pressemitteilung rausschicken, in der steht, dass Frau Jäkel das „Catwalk-Outfit aus F/W-2013 aus Bustier und Hose in DUNKELBLAU“ tragen wird. Und dass man sich über eine namentliche Erwähnung in der Berichterstattung freuen würde. Also dem von Laurèl, nicht von Jäkel.

Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de

Neben der Frage, was „F/W“ ist – Ferbst/Winter? Frühling/Wommer? –, beschäftigt mich, warum Julia Jäkel, Vorstandschefin von Gruner + Jahr, sich für so etwas hergibt? Hat sie sich wulffen lassen? Gab’s das Zeug für umme? Stehen solche PR-Deals in ihrem Vertrag mit Gruner, zur Stärkung des Anzeigengeschäfts? Wird die Brigitte ihre Leserinnen bald mit einer Laurèl-Werbekampagne überraschen?

Und was für eine Pein für die anderen bei der Henri-Sause, die bislang auch dachten, sie seien toll! Die Checker, deren Garderobe keine PM wert ist. Werden die aussortiert und ausgetauscht gegen Leute, die medienmäßig mehr hermachen? Im Übrigen biete ich an, den Text fürs nächste Mal so zu gestalten, dass er sich schön lesen lässt und nicht, als wäre Minnie Maus persönlich auf der Tastatur herumgehüpft.

Nein, nicht jedem ist Größe gegönnt. Man nehme die Redakteure des Magazins Focus, das seine Leser hauptsächlich in Bayern findet, weswegen auch Titel mit Themen wie etwa zur Frauenquote sich verkauften wie Fußpilz. Die Focus-Redakteure jedenfalls fürchten aktuell den Umzug nach Berlin. Das muss man sich mal vorstellen: Man ist in München und befürchtet, nach Berlin ziehen zu müssen!

Da man solchen Menschen nicht helfen kann, will ich meine Zeit auch nicht länger mit ihnen verschwenden und mein Wort an Lutz Marmor wenden, den sympathisch-fröhlich-frischen Intendanten des NDR, der meint: „Dass jüngere Menschen auch mal Quatsch und Blödsinn sehen wollen und Dinge, für die sie sich vielleicht später schämen, ist ja nicht schlimm.“

Er sagte außerdem, dass man das nur bei den Privaten sehen können soll – aber, Herr Marmor, als ich klein war, gab es noch gar keine Privaten! Und wissen Sie, was ich gesehen habe?!? Ich habe „Drehscheibe“ und „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ gesehen, und ich schäme mich noch heute!

Und, weit schlimmer, das geht nicht weg. Das krieg ich nicht gelöscht. Und das aushalten zu müssen ist schlimm! Haben Sie eine Ahnung, wie es ist, Florian David Fitz gegenüberzustehen und zugeben zu müssen, „Die aktuelle Schaubude“ gesehen zu haben?

Da wird nix mehr aus einem netten Abend, Herr Marmor! Und DAS IST schlimm! Zumal man bei so einem schnieken Fitz doch viel eher punkten kann, wenn man die Darsteller aus 23 Jahren „GZSZ“ aufsagen kann, insbesondere die mit Lippenherpes.

Da wird ein Gespräch draus! Aber doch nicht, wenn ich mich über „Arpad, der Zigeuner“ auslasse. Da ruft so ein Alles-richtig-Macher doch gleich die Political-Correctness-Polizei. Oder seine Mutter. Nee, nee, nee, Herr Marmor, die Scham ist nicht vorbei. Die Röte im Gesicht zurück nach Berlin!

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • C
    chrysophylax

    "Obdachlosenbeige" - sehr schön. Man hat sofort eindeutiges Kopfkino und weiß, wie das aussieht.

     

    Ich musste an einen Kollegen denken, der bei uns in der Firma den schönen Spruch geprägt hat:

     

    "Beeesch is kei Fabb, Beeesch werds von alla."

  • V
    vic

    Supi, Silke.

    geschrieben hab ich dies barfuss in alter, kurzer Freizeithose und löchrigem T-Shirt. Beides noname.

  • E
    ennui

    .... hm, mir fehlen noch ein paar ‘erhellende’ Anmerkungen von der Front der ausufernden “Journalistenrabatte” – dankenswerterweise jener vermutlich auch die "azurblaue Fleecejacke (....) mit dem beschissenen Tatzenlogo" in die Kleiderkammer der Kriegsreporterin geriet; dito: "Gab’s das Zeug für umme?"

  • HO
    Hotel Ostoria

    Na, so urzeitlich verbissen wie Schmollack und Oestreich letztes Wochenende das weitläufige Revier des Muttertieres verteidigt haben, sollte auch das gute alte Bustier innerhalb der Redaktionshöhle adäquaten Artenschutz genießen.

  • S
    spiritofbee

    Danke für den Artikel. Ein paar Minuten lachen täglich wiegt so manches auf.....

  • F
    FranKee

    Also ich find den Kommentar absolut geil und passend. Dass ein (ehemals) grosses Medienhaus bis hoch zur ChefChefin derartigen, peinlichen Promotion-Murks mit sich machen lässt...

     

    Laurel wird sich's kaum aus den Fingern gesogen oder blind geraten haben...

     

    "Print" wird bei GuJ ein einziger, journalistisch irrelevanter Anzeigenträger. Und Online (siehe 1 Mio. andere Pressemeldungen) hat man ja sowieso verpennt, bzw. kriegst auch mit beliebig viel Geld nicht auf die Reihe ("Unity." Hahahahaha.)

     

    Darauf eine Gala.

  • R
    ReVolte

    Das behelmte Frauenquotenpolizei*in knüppelt politisch korrekt auf knittrige Kleidersäcke. Wie innovativ.