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Psychotherapien in DeutschlandDie Scheu vor schweren Fällen

Krankenkassen kritisieren die Psychotherapeuten: Sie behandelten gern leichte Wehwehchen, harte Fälle schöben sie auf der Warteliste.

Wer es besonders dringend braucht, wartet hier manchmal besonders lang. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist ein Frontalangriff über fünf Seiten, verfasst vom Verband der Ersatzkassen (VdEK) und gerichtet gegen die 21.000 niedergelassenen Psychotherapeuten in Deutschland: Diese würden „bevorzugt leichte Fälle“ behandeln, anstatt den wirklich Bedürftigen mit schweren psychischen Störungen zu helfen. Sie „scheuten“ den „zeitlichen und finanziellen Aufwand einer Weiterqualifizierung“ zur Gruppentherapie, mit der mehr Patienten schneller geholfen werden könne.

Zudem böten sie Patienten nicht immer die Therapie an, „die zur Behandlung seiner Erkrankung sinnvoll und notwendig ist“. Das alles beklagt der VdEK in einem internen „Konzeptpapier zur Weiterentwicklung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung“, das der taz vorliegt.

Die Folgen für die Versicherten seien gravierend: „Diese drei Faktoren tragen maßgeblich zur unbefriedigenden Wartezeitsituation bei.“ Viele Patienten bekämen erst nach Monaten ein Erstgespräch – und das bei einer bundesweit überdurchschnittlichen Versorgung mit Psychotherapeuten: „In über 80 Prozent der bisherigen Planungskreise liegt der Versorgungsgrad bei mehr als 130 Prozent“, heißt es in dem Papier. Die Wartezeiten belasteten die Versichertengemeinschaft: „Dies kann u. a. zu […] vermehrten stationären Aufenthalten sowie verlängerten Ausfallzeiten durch Arbeitsunfähigkeit führen.“

Der VdEK ist nicht irgendein Verein: Er ist die Interessenvertretung der sechs Ersatzkassen Barmer GEK, Techniker Krankenkasse, DAK-Gesundheit, KKH, HEK und hkk; mehr als 25 Millionen Menschen sind hier gesetzlich versichert. Entsprechend schwer wiegen die Vorwürfe: „Aus Sicht der Ersatzkassen müssen die bestehenden Strukturen und Kapazitäten effizienter ausgeschöpft werden.“

Umsetzen will der VdEK dies etwa durch „verstärkte Anreize zum Angebot von Gruppentherapie“. Die Nachbesetzung frei werdender Therapeutensitze sei entsprechend zu steuern, auch könnten „neue Ausbildungswege Abhilfe“ beim Mangel von Gruppentherapie schaffen.

Therapeuten weisen die Kritik zurück

Das bisherige Verfahren, nach dem die Kassen Gutachter bezahlen, die sodann über die Therapieform entscheiden, gehöre abgeschafft: „Mit ca. 27,7 Millionen Euro jährlichen Kosten für die GKV ist es teuer, bürokratisch und die Kosten-Nutzen-Relation ist unbekannt.“ Zudem sei es, weil „intransparent“, anfällig für Missbrauch: „Ablehnungsquoten von nur 3 bis 4 Prozent sprechen dafür, dass ein geschicktes Formulieren des Therapeuten […] bereits genügt, um den Gutachter in diesem rein schriftlichen Verfahren von der beantragten Therapie zu überzeugen.“

Künftig sollten die Gutachter durch „intelligente Koordinierungsstellen“ ersetzt werden, in denen die Kassen mehr als bisher mitzureden hätten.

Den größten Effekt aber verspricht sich der VdEK durch „Anreize im Vergütungssystem“. Dazu heißt es in dem Papier: „Gleichzeitig sollte bei der Höhe der Vergütung auch die Schwere der […] Störung […] stärkere Berücksichtigung finden. Auf diesem Wege kann die Entwicklung hin zur Behandlung eher leichterer Fälle gestoppt werden.“

Die Bundespsychotherapeutenkammer wies die Vorwürfe zurück. Nur ein Viertel der Patienten leide unter einer eher leichten psychischen Erkrankung, und das hätten die Kassen selbst unlängst festgestellt, empörte sich ein Sprecher: „Das ist ein geringer Anteil.“ Von einer bewussten Meidung schwerer Fälle könne keine Rede sein.

Gruppenpsychotherapie sei begrüßenswert, aber eben nicht für jeden, warnte der Sprecher: „Es ist keinesfalls ein Ansatz, mit dem man pauschal Einsparungen realisieren könnte. Wir befürchten allerdings, dass die Krankenkassen genau das beabsichtigen.“

Der Vorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, Dieter Best, nannte die Vorwürfe „aus der Luft gegriffen“. Ökonomische Anreize seien nur „zielführend“, wenn sie Therapeuten zusätzlich belohnten, etwa durch spezielle Förderung von Akutsprechstunden. Abstrafung dagegen sei kein probates Mittel der Verhaltenssteuerung.

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19 Kommentare

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  • S
    Sondermann

    Liebe PsychotherapeutInnen,

     

    wahrscheinlich regen Sie sich zurecht über den VdEK auf. Aber denken Sie doch mal ergebnisorientiert! Was kann man im Abrechnungssystem besser machen? Vermutlich die Gruppentherapie im Verhältnis zur Einzeltherapie besser entlohnen. Das würde Anreize schaffen. Schließen Sie sich zusammen und fordern es, sage ich Ihnen als Ökonom.

     

    Ihr Sondermann.

  • R
    Regina

    Warum belügen die Kassen ihre Mitglieder? Die Techniker Krankenkasse selbst hat doch folgende Zahlen veröffentlicht: Niedergelassene Psychotherapeuten behandeln zu 25% leichte, zu 75% schwere Störungen.

     

    Was die Kassen hier machen, ist Heuchelei im großen Stil: den Patienten wird vorgemacht, man wolle die Wartezeiten verkürzen, dabei tragen die Kassen selbst mit zahlreichen Bestimmungen dazu bei, dass genau dies nicht möglich ist.

     

    Selbst das Angebot der Gruppentherapie, die jetzt gerühmt wird, weil so kostengünstig, wird durch zahlreiche Hürden fast verunmöglicht.

     

    Bitte, Frau Haarhoff, recherchieren Sie! Und schreiben Sie dann wieder darüber!

  • RB
    Rainer B.

    Richtig ist, dass die Wartezeiten viel zu lang sind, insbesondere in ländlichen Gegenden. Richtig ist auch, dass Gruppentherapie vielfach Sinn macht, undzwar völlig unabhängig vom Grad der Schwere der Fälle. Problematisch ist Gruppentherapie nur deshalb, weil es keine gesetzliche Schweigepflicht von Patienten einer Gruppentherapie gibt. Bei einer Einzeltherapie stellt das annonymisierende Gutachterverfahren sicher, dass die Krankenkasse keine persönlichen Details über einen Patienten erhält. Dieses Verfahren hat sich durchaus bewährt. Die Angriffe des VdEK auf das Gutachterverfahren ist durchschaubar, hätte man dort doch gern mehr Daten, die man gegen die Patienten verwenden könnte.

     

    Was zur Behandlung einer psychischen Erkrankung sinnvoll und notwendig ist, kann letztlich nur auf der Grundlage einer Vertrauensbasis zwischen Patient und Therapeut erarbeitet werden, ob es den Krankenkassen nun gefällt oder nicht.

     

    Gegen Weiterqualifizierung von Therapeuten ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wer das fordert, beteilige sich aber bitte auch angemessen an den Kosten. Die Weiterqualifizierung von Allgemeinärzten hat im übrigen durchaus schon zu einer verbesserten psychosomatischen Erstversorgung geführt. Ein verantwortungsbewußter Hausarzt wird heute nicht mehr zögern, wenn ihn ein psychosomatischer Patient mangels Therapiemöglichkeiten um eine Kliniküberweisung bittet.

     

    Vor nicht allzu langer Zeit musste in Hamburg am UKE eine Anlaufstelle für suizidgefährdete Menschen geschlossen werden, weil sich niemand an der Finanzierung beteiligen wollte. Es sterben heute mehr Menschen durch Selbstmord als durch Verkehrsunfälle. Viele davon könnten noch leben, wenn die Krankenkassen sich entsprechend engagieren würden, anstatt zur Ablenkung auf Therapeuten einzudreschen.

  • PD
    Psychotherapeut Dipl. Psych. Thomas Kind

    Zur Zeit vergeht fast kein Tag, an dem nicht auf übelste Art und Weise die Arbeit und das Ansehen der Psychologischen Psychotherapeuten in der Dreck gezogen werden. Da wird gelogen und diffamiert, dass sich die Balken biegen. Die alte Mähr von der bundesweiten Überversorgung mit Psychotherapeuten, die Behauptung wir würden uns nicht weiterqualifizieren, wir würden zu wenig Patienten behandeln, wir würden uns die „leichten“

    Patienten aussuchen, Psychotherapie sei „Seelenmassage“, aber keine wissenschaftlich belegt effektive medizinische Behandlungsmethode, usw. All dieser Müll, der bis zum Erbrechen widergekäut wird und der immer wieder durch Zahlen und Fakten widerlegt werden kann, belasten unsere tägliche Arbeit mit den Patienten.

    Die Psychotherapeuten werden seit 13 Jahren um ihr Honorar und die Patienten um viele dringend notwendige Therapiestunden betrogen, und die Gesundheit der Patienten und der Psychotherapeuten fahrlässig gefährdet.

     

    Mein letzter Patient geht heute um 20.30 Uhr aus der Praxis und morgen zum Feiertag und am Wochenende werde ich Gutachten schreiben für Therapieanträge, damit die nächsten Patienten versorgt werden können. Dieses Gutachten liest dann ein Gutachtenleser, der von der Krankenkasse bestimmt und sehr gut bezahlt wird und statt meiner festlegt, ob die Therapie sinnvoll und zielführend ist.

     

    Mein mittlerer Sohn hat gerade das Abitur bestanden und wollte eigentlich Psychotherapeut werden, obwohl das Studium der Psychologie mit einem NC von 1,2 und die teure selbst zu bezahlende anschließende Ausbildung zum Psychotherapeuten eine große Herausforderung darstellen. Nun hat er davon Abstand genommen, da ihm die Wertschätzung für diesen anstrengenden und anspruchsvollen Beruf fehlt.

     

    Auch bin ich von der „taz“ enttäuscht, dass sie unreflektiert und offenkundig schlecht recherchiert solche Unwahrheiten abdruckt und sich damit zum Werkzeug von Lobbyisten machen lässt.

  • S
    Sigrid

    Ich frage mich, was auf einmal die Attacke auf uns Therapeuten bedeuten soll? Sollen wir abgeschafft werden? Als Traumatherapeutin finde ich es einen Witz, dass nur "leichte" Fälle behandelt werden sollen. Die Vorgabe von 35 genehmigungspflichtigen Sitzungen in der Woche ist einfach nicht zu schaffen, ohne selbst in den Burnout zu kommen. Gruppentherapie ist für mich nur zusätzlich zur ambulanten Therapie hilfreich, sonst klingt es nach Versorgung und nicht nach Behandlung. Liebe Krankenkassen: Fragt doch die Menschen, die einen Psychotherapeuten brauchen, was die sich wünschen, das wäre vielleicht hilfreicher als solche Rundumschläge.

  • S
    Systemimmanent

    Dazu passt die zynisch, brillante Abrechnung "Bei der Katzenärztlichen Vereinigung" von Jörg Rasche der nur eine KV Zulassung wollte.

    Ehemals Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Analytische Psychologie DGAP nun im Vorstand der Jung Gesellschaft.

     

    Es geht nur ums abkassieren, der Fisch und der Kopf.

  • D
    diplbilbo

    Es ist als Arbeitender im "System" der GKV (Psychologischer Psychotherapeut) nicht auszuhalten, diese Unterstellungen zu lesen: a) Bezahlung: würden die probatorischen Sitzungen, die der Dignosrik und Klärung des Anliegens des Klt. dienen besser bezahlt, könnte auch besser abgeklärt werden; die Therapien werden seit 1999 fast unvberändert bezahlt und die Bezahlung liegt bei Vollzeit etwa ein Drittel unter dem Verdienst eines angestellten PT. Dafür -und das ist nachgewiesen durch Studien- behandeln die PTs ambulant durchaus vergleichbar schwere Störungen wie sie im gesamten ambulanten Bereich vorkommen: ich würde mich scheuen bei traumatisierten Patienten, Alkoholerkrankten, psychosenahen Menschen, schwer depressiven Patienten von "leichteren Erkrankungen" zu sprechen, das ist püolemisch und wertet alle psychisch etkrankten Menschen auf üble, diffamierende Art ab; politisch (und monetär motiviert!, denn es geht um Gelder) gibt es momentan eine grosse Hetzkampagne gegen die Psychotherapie in Deutschlad. Ich kann nur sagen, Therapeuten und Patienten wehrt Euch !

  • AK
    Andreas Köhnke

    Durch stetige Wiederholung wird die Unwahrheit nicht wahrer. Ich zitiere Herrn Dieter Best, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV):

     

    „Im Abschlussbericht des Modellvorhabens der Techniker Krankenkasse zum Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie von 2011 wird festgestellt, dass „die Patienten in dieser Studie ... sich sowohl in allgemeinen als auch in störungsspezifischen Instrumenten durchgängig mindestens genauso belastet zeigen wie klinische Vergleichsstichproben. Sie überschreiten im Mittel deutlich die Grenzwerte für klinisch relevante Belastung, in einigen Instrumenten liegt der Mittelwert sogar im Bereich für starke Belastung (vergleichbar mit stationär behandelten Patienten)“ Mehr als 90% der Patienten wiesen mittelschwer und schwer ausgeprägte psychische Krankheiten auf.“

     

    (Psychotherapie Aktuell 1/12, www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de/fileadmin/main/g-datei-download/News/2012/Mythen_und_Fakten_zur_Psychotherapie_Vorabdruck.pdf)

  • D
    Durchblicker

    Die Kritik der KK passt ins System: Persönliche Leistung, "Handarbeit", Zuwendung zum Patient etc. werden nicht honoriert, nur Gerätemedizin und Medikamente.

     

    Nachdem man es bei Ärzten und Pflegepersonal längst geschafft hat, daß diese keine Zeit mehr für den Patienten haben und ihn nur schnell durchschleusen, gerät jetzt die Gruppe der Psychotherapeuten ins Visier. Denn sie verbrauchen praktisch kein Material, benötigen keine Geräte, nur wenige oder keine Medikamente. Also steht kein Pharma-/Industrieverband hinter ihnen. Aus gleichem Grund waren die Physiotherapeuten die ersten, die mit Beginn der "Gesundheitsreformen" Federn lassen mussten.

     

    Und jetzt kommt das Zauberwort "Gruppentherapie". Vielleicht manchmal okay z.B. bei Suchtverhalten, doch wer mit äußerst privaten, intimen, für ihn als peinlich und schmerzlich empfundenen Leiden bis hin zu Selbstmordgedanken (die er noch keinem anvertraut hat) möchte sich in eine Gruppe setzen und munter losplaudern? Geholfen wird ihm dadurch nicht, im Gegenteil.

     

    Seht es halt ein: Die Gesellschaft hat sich verändert, es gibt mehr psychische Leiden, und zu wenig (gute) Therapeuten. Punkt. Die Kassen haben genug Geld.

  • GW
    Guido Weißhahn

    Es ist reine Ironie, dass der VdEK bemängelt, dass es zu wenig Gruppentherapie gibt - ist er doch selbst mitverantwortlich, dass die Hürden, mehrere Patienten gleichzeitig über eine längere Zeit und zu einem sinnvollen Honorar zu behandeln, in den Psychotherapierichtlinien so hoch gelegt wurden, dass es sich weder inhaltlich noch finanziell lohnt, sie anzubieten, obwohl viele Therapeuten von deren Wirkung überzeugt sind und Lust drauf haben. Und die gebetsmühlenartige Wiederholung der immer gleichen Lügen von "Überversorgung" und "leichten Fällen", für die es stichhaltige und stets replizierbare gegenteilige Daten gibt, zeigen, dass es den Kassen ausschließlich darum geht, die Versorgung billiger zu machen, und das geht nur, indem sie ihren Versicherten schlechtere Qualität zumuten, wie "Koordinationsstellen", in denen fachfremde Sachbearbeiter über die Notwendigkeit von Therapien entscheiden sollen. Es besteht eine "Überversorgung", weil man den Bestand an Psychotherapeuten von vor 14 Jahren als "ausreichend" definiert hat. Da, wie man jede zweite Woche lesen kann, die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt, entsteht genau das Gegenteil, nämlich Unterversorgung, der man nur mit neuen und angemessen bezahlten Zulassungen von Psychotherapeuten sinnvoll begegnen kann. Ach ja, und was das Gutachterverfahren angeht - ich hätte sofort drei Therapieplätze mehr frei (hochgerechnet auf 20.000 Therapeuten bundesweit wäre das ein großer Schritt gegen Unterversorgung), wenn man diese unwürdige, völlig nutzlose und teure Ding endlich abschaffen würde. Ein Chirurg muss doch auch nicht das Röntgenbild des Bruches zur Kasse schicken, die gibt es dann einem anderen Chirurgen und übernimmt die Kosten erst, wenn der der Ansicht ist, dass es sich um einen besser zu operierenden Bruch handelt. Aber nichts anderes passiert hier mit den psychischen Leiden unserer Patienten.

  • AV
    A. Vandenberg

    Herrje, warum scheuen wir bloß weitere Fortbildungen? Tja, ich mutmaße mal, weil wir erstmal die finanziellen Auswirkungen der eigentlichen Therapieausbildung verkraften müssen, während der wir mit dem berühmten 'Appel und Ei' bezahlt werden. Nicht zu vergessen, wenn ein Kassensitz erworben wird, muss das auch erstmal wieder rein kommen.

    Viel wichtiger finde ich aber, dass wir an sich schon hervorragend ausgebildet sind. Ich empfinde dies als Herabwürdigung unserer Kompetenz!

    Als könnten wir nur Depressiönchen und Weltschmerz... Kopfschüttel.

  • R
    reblek

    "Sie behandelten gern leichte Wehwehchen, harte Fälle schöben sie auf der Warteliste." - Und die taz-Vorspannschreiber(innen) haben mal wieder eine prima Formulierung auf der taz.de gehebt.

  • S
    Sand

    Riesenschweinerei.

     

    Wenn es darum ging, besser zu helfen, dann sollten die Betroffenen selber gehört werden und nicht die, die keine Ahnung von der Realtät haben.

     

    Aber die Betroffenen sollen ihr Maul halten. Wir leben ja auch in keiner Demokratie sondern in einer Geldwürgeschlangen Diktatur.

     

    Krankenkassen sind Dienstleister. Aber sie sorgen dafür, dass nicht geholfen wird. Vor Ort sitzen Menschen, die von nichts Ahnung haben, sich aber aufspielen.

     

    Money. money, money, mehr nicht. Buckel dich und tret nach unten.

  • P
    Psychogeschädigte

    Wie schon in den Vorpostings durchschimmert...wenn schwere Fälle mehr Geld bringen, werden eben mehr Patienten so eingestuft werden. Da tun mir jetzt schon die Patienten leid, denn psychische Diagnosen verfolgen einen oft ein ganzes Leben.

  • S
    Systemiker

    Auch Therapeuten sind nicht immun gegen Lobbydenken. Von wegen gefälschte Zahlen. Die eigenen Kollegen haben es doch selbst ausdrücklich erklärt. Die Wartezeiten betragen in NRW durch scnittlich 12 Wochen und im Ruhrgebiet sogar 17 Wochen bis ein erstes Gespräch erfolg. Das dürfte wohl jedem als inakzeptabel erscheinen, wenn man nicht gerade FDP-Mitglied ist.

    Das Gejammer kann ich wirklich nicht mehr hören. Für gewisse Leute scheint ein Hochschulstudium wohl ein verbrieftes Recht auf ein Vorstandssalär zu beinhalten. Man sollte bitte nicht vergessen, dass ein Studium in diesem Fachbereich auf dem therapiefreien Markt eher den Weg in prekäre Arbeitsverhältnisse eröffnet.

     

    Das müsste den marktbewussten Kollegen eigentlich einleuchten.

  • M
    Maja

    Wo nehmen die Krankenkassen diese Behauptungen her, gibt es da Untersuchungen? Man kann ja einfach mal seine Unterstellungen als Tatsachen ausgeben oder wie? Und was soll der Vorwurf, es fehlten Therapiekapazitäten, weil die Psychologischen Psychotherapeuten zu bequem seien, die in der Bedarfsplanung der Kassen angenommenen 35 Therapiesitzungen pro Woche und Einzelpraxis voll auszuschöpfen? Als bekämen wir ein festes Monatsgehalt! Nein, es werden nur die Einzelleistungen bezahlt, d.h., ich koste die Kassen weniger, wenn ich weniger arbeite. Viele Psychotherapeuten füllen das 35-Sitzungskontingent nicht aus, denn zu den Therapiesitzungen kommen ja noch die Vor- und Nachbereitungen, das Schreiben von Anträgen, Supervisionsitzungen, Fortbildungen, so dass man schnell auf 45-50 Wochenarbeitsstunden kommt. Es hakt im System: Es müssten schlicht weitere Kollegen zugelassen werden, um die von den Kassen errechneten Bedarfszahlen zu bedienen. Diese Bedarfszahlen sind Ende der 90iger Jahre nach sehr fragwürdigen Kriterien festgelegt worden. Und die hier angemahnten Gruppentherapien brauchen aus Therapeutensicht wesentlich mehr unbezahlte Vor- und Nachbereitung sowie gerade im ambulanten Bereich fundierte Berufserfahrung, um der Verantwortung für den einzelnen Patienten gerecht zu werden. Sie werden aber kaum besser vergütet als eine Einzelstunde. Und um sie abrechnen zu dürfen, braucht es eine umfangreiche Weiterbildung - die selbstverstädnlich selbst zu zahlen ist. Natürlich mache ich auch als Psychotherapeut Kosten-Nutzenrechnugen, wobei auch ich eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu erreichen suche. Das muss ich mir ja wohl nicht von bestens bezahlten Krankenkassenfunktionären, die von den Details meiner Arbeit keine Ahnung haben, vorhalten lassen. Mir reichts langsam - nach einem Tag mit 8 Patienten, vor allem leichte Fälle! Da machen wir die Patienten überhaupt erst krank mit unseren Diagnosen und dann behandeln wir sie nicht!

  • R
    Raoul

    Der VdEK versucht es mal wieder: Immer die gleichen Lügen wiederholen, Irgendetwas wird schon hängen bleiben. Was bitte ist eine leichte, was eine schwere psychische Erkrankung? Depression, Panikattacken, Schizophrenie - wer will bitte einordnen, wer eine Behandlung verdient und wer nicht? Alle Menschen die von der Kassenpsychotherapie profitieren haben eine behandlungsbedürftige Störung, sonst würde ihr Antrag nicht durch das immens aufwendige Gutachtersystem gehen. Die geringe Ablehnungsquote liegt an der Vorauswahl und den hohen Hürden, die vor der Bewilligung einer Psychotherapie liegen. Mehrere Monate bis über ein halbes Jahr warten übrigens fast Alle, egal wie schlimm die Symptome sind. Anstatt einfach nur die verschiedenen Verbände zu zitieren, wäre es gut, wenn Ihr mal Hintergrundinformationen bringen würdet, wie z. B. die absurden Bedarfsplanungszahlen zustande gekommen sind. Hier sind alle möglichen statistischen Tricks angewandt worden, um psychisch Kranke weiterhin zu benachteiligen. Würde ähnlich mit körperlich Kranken umgegangen, wäre ein großes Geschrei. Wenn ich dann noch von „verstärkten Anreizen zum Angebot von Gruppentherapie“ höre, kann ich nur lachen, ein Abbau der speziell hier überbordenden Bürokratie würde schon reichen.

  • D
    Dann

    Dann werden eben die Diagnosen schwerwiegender, aber die Patienten bleiben die gleichen. Die Diagnosen bekommen die Patienten bei der Antragstellung sowieso nicht zu sehen.

     

    Gruppentherapie für alle, hört sich in dem Zusammenhang eher wie kostengünstige Massenabfertigung an.

     

    Gruppentherapie ja, aber doch bitte nicht für alle, sondern nur dort, wo es Sinn macht. Und auch nur dann, wenn der Therapeut, besser die Therapeuten, auch entsprechend bezahlt wird und damit auch engagiert auf jeden einzelnen Patienten in der Gruppe eingehen kann. GGf. auch außerhalb der Gruppe.

     

    Gut finde ich die Idee mit der geförderten Akutsprechstunde. Kaum ein Therapeut kann das anbieten. Grundsätzlich ist es auch schwer, denn es wird sich sicher bei einer akuten Verschlimmerung auch sicher nicht um ein 10-Minuten-Gespräch handeln, aber warten bis der nächste Termin kommt oder gar die nächste Therapiechance in 6 Monaten, kann auch ins Krankenhaus oder in den Tod führen, weil der Patient, den Weg ins Krankenhaus nicht schafft.

     

    Abgeschafft gehört auf jeden Fall die Reglung, dass nach einer abgeschlossenen Therapie erst nach zwei Jahren ein erneuter Antrag auf die gleiche Therapieart gestellt werden darf. Es ist so realitätsfern davon auszugehen, dass alle - auch oder gerade die "schweren" Fälle - grundsätzlich nach einer Therapie alleine gut zurecht kommen. Auch hier steckt viel Einsparpotential für stationäre Aufenthalte. Ins Krankenhaus kann sich der Patient immer wieder begeben, wenn es ihm offensichtlich schlecht geht, aber zur ambulanten Therapie nicht? Das ist doch absurd. Wieviel kostet ein Tag im Krankenhaus? Wieviel kostet eine Stunde Therapie?

     

    Ach ja, und im Krankenhaus wird ja nun auch schon seit einiger Zeit nach "Schweregrad" bezahlt. Auch hier werden dann aus ökonomischen, aber auch aus menschlich-helfen-wollenden Gründen die Diagnosen entsprechend schwerwiegender. Sicher wundern sich in ein paar Jahre alle, weswegen die Zahl der schweren, psychischen Krankheiten in Deutschland in die Höhe gegangen ist ;-)

     

    Liebe Krankenkassen spart bitte nicht immer an der Zeit mit dem Patienten. Das hat beim Allgemeinarzt bzw. Hausarzt schon alles verändert, aber auch bei allen anderen Fachrichtungen. Vermutlich würde es auch schon nützen, wenn die Hausärzte wieder mehr Zeit mit und für ihre Patienten bezahlt bekommen würden. Letztendlich bleibt oft nur der Psychotherapeut, wenn sonst keiner mehr zuhört in dieser stressigen Gesellschaft.

  • V
    vania

    Aus der Luft gegriffen....ja,ja. Auf der Suche nach einem Psychotherapeuten blitzen in jeder größeren Stadt etliche Namen auf, über die Hälfte ist natürlich nur Privat. Überall der AB dran, mit der Drohung von bis zu 6 Monaten Wartezeit, auf Nachrichten bei 20 Ärzten reagieren nach einer halben Ewigkeit ganze drei. Erstes Gespräch in drei Monaten. Dann muss man den auch nehmen, ist ja auch überschätzt, dass man sich beim Therapeute auch wohlfühlen sollte. Hoffentlich ist da nie ein wirklich Kranker, der zum Arzt muss dabei, der beim Arzt anruft.