piwik no script img

E-Magazin von Spielverlagerung.deAuf Augenhöhe mit befreiten Achtern

Mit „Ballnah“ gibt der Fußballtaktikblog Spielverlagerung jetzt auch ein E-Magazin heraus. Es ist ein bisschen nerdig, aber in der Regel leicht verständlich.

Was für Nerds. Und Laien. Bild: imago/imagebroker

Um gleich mal etwas klarzustellen: Lionel Messi ist ein falscher Neuner. Mario Götze und Mesut Özil dagegen sind, auf ihre jeweils eigene Art, falsche Zehner. Wer sich eher beiläufig am Fußball erfreut und diese Spieler mag, neigt möglicherweise dazu, sie in einen Topf zu werfen. Im modernen Fußball gibt es darüber hinaus „befreite Achter“ und „situativ diagonale Rechtsaußen“. Das sind Begriffe, die typisch sind für das Fußballmagazin Ballnah, das in diesen Tagen zum ersten Mal erscheint.

Auf den ersten Blick mag das allzu nerdig wirken, aber so klein ist die Nische, in der sich die Taktikanalytiker bewegen, nun auch wieder nicht. Ballnah, das mindestens alle zwei Monate erscheinen soll, ist der Ableger des Blogs Spielverlagerung, und den kennen mittlerweile auch Zuschauer des ZDFs. Zu den von den Mainzern übertragenen Spielen der abgelaufenen Champions- League-Saison lieferten die Blogger Liveanalysen im Tickerstil und tags darauf eine ausführliche Gesamtbetrachtung.

Am Wochenende ist Spielverlagerung zweimal im Einsatz, schließlich stehen zum Saisonabschluss das DFB-Pokalfinale und ein Länderspiel in den USA auf der Agenda. In Ballnah indes geht es um Themen, „für die im Tagesgeschäft keine Zeit bleibt“. Redakteur Philipp Pelka, der Sportjournalismus an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in Hamburg studiert, ist einer der fünf Macher zwischen 19 und 25, die von verschiedenen Standorten aus – einer lebt bei Bielefeld, ein anderer in Salzburg – die redaktionelle Arbeit erledigen.

Dabei profitiert Spielverlagerung vom Boom des deutschen Fußballs: Ihr Wirken werde auch in „USA, England und Kanada mit wachsendem Interesse beobachtet“, sagt Pelka. Hin und wieder erscheinen Analysen der Spielverlagerung daher auch auf Englisch – sofern sich kurzfristig ein Übersetzer findet.

Aus Sichtweise eines „Zehners“

Ballnah, das zunächst nur im E-Book-Format erscheint und für 3,95 Euro im Onlineshop der Spielverlagerung zu haben ist, ist in drei Bereiche unterteilt. Einen davon nennt die Redaktion „Theorie“ (bzw. #theorie). Die Texte sind in der Regel aber leicht verständlich. Tobias Escher etwa schreibt in einem Artikel über die Entwicklung des noch nicht völlig ausgestorbenen klassischen Spielmachers zum schon erwähnten „falschen“, also modernen Zehner: Während die Sichtweise eines „klassischen“ Zehners laute „Zuerst der Ball, dann das Ich und zuletzt mein Team“, stehe bei einem falschen Zehner „das Ich im Hintergrund“.

Selten rutschen die Autoren in einen gestelzten Jargon ab: An einer Stelle heißt es über Franck Ribéry, sein „Zurückfallen wurde mit einem raumöffnenden Verschiebemechanismus versehen“.

Das Herzstück des 110 Seiten starken Hefts ist ein 31-seitiger Text von René Maric über Bayern-Trainer Jupp Heynckes. Er firmiert als Porträt; Monografie träfe es aber vielleicht besser. Für den Artikel hat Maric maßgebliche Spiele der Teams analysiert, die Heynckes in seiner Karriere trainiert hat: unter anderem Mönchengladbach, Bayern, Madrid, Leverkusen. Das Ziel war es, die taktische Weiterentwicklung des Trainers zu beschreiben.

Derzeit ist Ballnah noch anzeigenfrei, doch das soll sich ändern. Eine gedruckte Ausgabe ist im Gespräch. Man wolle peu à peu Angebote von Druckereien einholen, sagt Philipp Pelka.

Den herrschenden Frust über Fernsehkommentatoren, die am Spiel vorbeireden, kann man als Indiz dafür nehmen, dass es einen kleinen Markt gibt für ein Magazin, das sich aufs Wesentliche konzentriert. Es gibt zwar im englischsprachigen Raum viele Onlineangebote, die auf Taktik spezialisiert sind, aber weltweit kein Fachorgan in gedruckter Form. „Da wären wir gern die Ersten“, sagt Pelka.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!