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Drohnen-DebakelSPD fordert de Maizières Rücktritt

„Er muss die politische Verantwortung übernehmen“, sagt Carsten Schneider (SPD). Auch Grüne üben scharfe Kritik – de Maizières Abgang fordern sie aber nicht.

Nachdenklich: Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Bild: dpa

BERLIN taz | Die SPD hat in der Drohnenaffäre erstmals den Rücktritt des Bundesverteidigungsministers gefordert. Thomas de Maizière (CDU) sei im Amt nicht mehr zu halten, sagte Carsten Schneider, der Haushaltsexperte der Bundestagsfraktion, am Mittwoch. „Herr de Maizière muss die politische Verantwortung selbst übernehmen und zurücktreten.“

Damit verschärfen die Sozialdemokraten ihre Angriffe auf den Minister erheblich – bisher hatte sich nur die Linkspartei mit Rücktrittsforderungen hervorgetan. So zieht die Partei die Konsequenz aus dem Auftritt des Ministers im Verteidigungsausschuss am Vormittag, in dem er seine Sicht der Drohnenaffäre dargelegt hatte. Die SPD zielt auf die politische Verantwortung des Ministers.

„De Maizière ist wie ein Ausbund an Selbstgerechtigkeit aufgetreten“, sagte der Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels. Er fühle sich für nichts verantwortlich und schiebe Schuld auf Mitarbeiter ab. „De Maizière ist nicht in der Lage, ein Ministerium zu führen.“ Er habe zwar Konsequenzen angekündigt, aber nicht benannt, welche das sein sollten.

Auch die Grünen übten scharfe Kritik. Sie gingen aber nicht so weit, den Rücktritt des Ministers zu fordern. „Man kann nicht sagen: Ich räume Fehler ein. Dann aber nur Fehler der anderen benennen“, sagte Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. Der Minister wolle nun mit einer Taskforce Dinge klären, die durch seine eigene Bundeswehrreform gar nicht vorkommen dürften. „Das ist abenteuerlich.“

Die schärfste Waffe der Opposition

Die Opposition will den Verteidigungsminister jetzt am Montag erneut befragen. Dann tagt der Verteidigungsausschuss in einer Sondersitzung. Er werde seine Rechte wahrnehmen, um weiter aufzuklären, kündigte Bartels an. Angesichts der Forderung nach einem Rücktritt trat die nach einem Untersuchungsausschuss in den Hintergrund. Besonders die Grünen, allen voran Fraktionschef Jürgen Trittin, hatten dem Minister jüngst offen mit diesem politischen Instrument gedroht, das als schärfste Oppositionswaffe gilt.

Doch gestern verwies Nouripour, der den Auftritt zuvor als letzte Chance des Ministers qualifiziert hatte, ebenfalls auf die Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am Montag. „Diese müssen wir abwarten.“ Die SPD hat sowieso ihre Zweifel, ob ein solcher Ausschuss das richtige Instrument sei. Die Fachpolitiker halten für ausgeschlossen, dass er in der kurzen Frist bis zur Bundestagswahl im September Ergebnisse liefern kann.

„Bei diesem Instrument führen wir erst mal acht Wochen eine Debatte über Formalien. Das bringt nichts“, sagte Bartels. Einige SPDler treibt zudem die Sorge um, dass die Forderung nach hinten losgehen könnte. Schließlich regierte die SPD von 2005 bis 2009 mit, in einem wichtigen Zeitraum der Affäre.

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9 Kommentare

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  • A
    axel

    Erwähnt die taz die Rücktrittsforderung seitens der Linken - als einziger, nicht in die Beschaffungsvorgänge um dieses unsinnige und geldvernichtendes Drohnen-Beschaffungsdebakel verwickelten Partei mit Absicht nicht?

     

    Warum werden die Verwicklungen und Verstrickungen von SPD-Grünen-Regierungen nicht deutlicher benannt und herausgestellt, sondern nur am Rande erwähnt?

  • L
    Loretta

    Die "schärfste Waffe der Opposition", ein Untersuchungsausschuss. Lustig.

     

    Untersuchungsausschüsse haben nie irgendwelche nachhaltigen Folgen gehabt. Und die "Opposition" ist bis auf die Linkspartei keine echte Opposition. Denn SPD und Grüne stimmen bei nahezu jedem Mist einmütig zusammen mit Schwarz-Gelb im Bundestag ab.

     

    Rot-Grün hatte die Deregulierung der Finanzmärkte verbrochen, als sie 1998-2005 regiert haben im Bund. Und in der "Opposition" haben SPD und Grüne gemeinsam mit Merkel und Co für den ESM und den Fiskalpakt gestimmt. Diese Gesetze schenken den Zocker-Banken letztlich 700 Mio. Euro Steuergelder, ohne Bedingungen!

     

    Der Sozialpädagoge Trittin plustert sich nun mit (berechtigten) Rücktrittsforderunegn auf. Aber die Grünen kann längst kein denkender Mensch mehr ernst nehmen. Die mit ihrer Sozialabbaupolitik. Die Grünen haben mit der SPD zusammen den ganzen Arbeitsmarkt in Deutschland versaut und Deutschland zu weiten Teilen zu einem Dumping-Lohn-Land der prekär beschäftigten und verdeckt Arbeitslosen gemacht (Agenda 2010, Hartz-IV-Gesetze).

     

    Man kann nur noch die Linksapartei wählen. - Die Piraten haben ja leider zu kaum etwas eine inhaltliche Position. Geschweige denn, eine überzeugende.

  • L
    Lea

    Wieso steht in dem Artikel nicht, weshalb die neoliberalen Grünen NICHT den Rücktritt des Verteidigungsministers fordern?

     

    Das wäre doch interessant gewesen.

  • M
    Margit

    @halios, es ist so einfach undtypisch deutsch, immer sind die anderen schuld. Jammerlappenland!

    Jeder der eine nerue Tätigkeit antritt muß sich erstmal informieren wasdie oder der Vorgänger so getrieben haben. Das Militär und Rüstungsindustrie verfilzt sind ist offensichtlich, sie haben in unserem Kriegsland ja gemeinsame Interessen. Die Politik zieht da aus Eigeninteresse ja auch mit, gute Zahlen sind natürlich gefragt. Unsere morbide >Elite ist es ja egal ob wir der 3.-größte Waffenlieferant der Welt sind oder der 3.-größte Ökostrom, oder Agrarlieferant. Durch Kriege kann man ja auch gut verdienen, das da dann unsere eh schon noch einigermaßen gesunde Jugend verheizt wird ist auch egel, kaufen wir halt ein paar Rumänen oder Ukrainer, na die sind auch nicht mehr so gesund, aber egal. Mal nachgedacht? Ist nicht mehr so in, Querdenker sind in der BRD auch nicht mehr so gefragt.

  • B
    bempo

    @Halios:

    Meinen Sie das Ernst, oder haben Sie Ihre Tabletten noch nicht von Ihrem Pfleger bekommen? ALLE Grünen sind also Kinderschänder... (selbstverständlich einschliesslich Claudia Roth und Rebekka Harms, Katrin Göring-Eckardt und Renate Künast)? Mein Lieber, passen SIE lieber auf, daß SIE nicht sofortig wegen übler Nachrede verurteilt werden! Meine Fresse...

  • DA
    der alte Fritz

    Die Drohne wurde 2004 von der rotgrünen Bundesregierung beschlossen und in der großen Koalition später saßen SPD Politiker in wichtigen Positionen im Finanz- und Verteidigungsministerium. Verbrennt Wowereit Milliarden beim Flughafen BER, interessiert es bei der SPD keinen. Versenkt de Maizière Millionen fordert die SPD den Rücktritt. Vertrauen in die Politik = Null. Rüstungsausgaben werden weder bei der einen noch der anderen Partei in Frage gestellt. Heutzutage fehlen einfach Pazifisten mit Rückgrat wie z.B. dem Antimilitaristen Karl Liebknecht.

  • SG
    Schmidt Georg

    man kann sagen-den Letzten beissen die Hunde-alle Vorgänger sind mit guten Übergangsgeldern und dicken Ruhestandsversorgungen abgegangen-natürlich sind solche Projekte nicht innerhalb von ein paar Tagen zu bewältigen-alle, die das Projekt seit 10 bis 15 Jahren begleitet haben, haben geschlafen-ist wie bei der Bahn-da produziert Siemens Züge und wenn die fertig sind, werden die auf Zulassunge geprüft-natürlich könnte man schon eine Prüfung sozusagen begleitend durchführen-mit diesem Hubschrauber ist es ähnlich-die Franzosen fliegen schon lange damit-nur die deutschen Beamten bringens nicht in die Reihe !

  • Z
    Zyniker

    Auch Grüne üben scharfe Kritik – de Maizières Abgang fordern sie aber nicht

     

    Bereiten sich da vielleicht welche auf eine Grün/schwarze Koalition vor

  • H
    Halios

    Was die Grünen so alles fordern - aber den Rücktritt sämtlicher Grünen-Spitzenfunktionäre und die sofortige Verurteilung aller Partei-Mitglieder der Grünen wegen Kinderschändung fordern sie nicht. Das finde ich doch ganz schön seltsam und sehr, sehr verlogen.