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Szene ins ViertelKultur am Kanal

Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) will mehr Kultur in Wilhelmsburg ansiedeln. Vorher sind jedoch alte Konflikte zu lösen.

Hier gibt es schon Kultur: am Wilhelmsburger Veringkanal Bild: Ulrike Schmidt

HAMBURG taz | Andy Grote (SPD), Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte, wünscht sich entlang des Veringkanals in Wilhelmsburg mehr kulturelle und kreative Einrichtungen. Zwischen dem Kulturzentrum Honigfabrik und dem Festivalgelände des Dockville könnten nach den Vorstellungen von Grote zum Beispiel Musikclubs, Ateliers, Proberäume und kleine Bühnen entstehen. Ein konkretes Konzept gibt es noch nicht. Dennoch erhält Grote von den bestehenden Kultureinrichtungen in Wilhelmsburg schon einmal Zustimmung.

„Es ist gut, dass der Bezirk jetzt offen Farbe für die Kultur im Stadtteil bekennt“, sagt Marco Antonio Reyes Loredo, Sprecher der Kreativgemeinschaft Zinnwerke. „Als nächsten Schritt müssen wir die Idee des Bezirksamtsleiters jedoch mit Leben füllen und uns über Inhalte unterhalten“, so Loredo weiter. Es gebe in der Wilhelmsburger Kulturszene noch immer einige Brandherde zu löschen.

Seit Anfang des Jahres versuchen zahlreiche Initiativen die Verlegung des Fundus der Hamburgischen Staatsoper an den Veringkanal zu verhindern. Der Bau würde das Aus für viele Kreative, Künstler und Gewerbetreibende bedeuten, so die Befürchtung. „Wir müssen erst einmal abwarten, ob der Senat sich für einen anderen Standort für den Opernfundus entscheidet. Dies ist bisher noch nicht geschehen“, sagt Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. Derzeit werden als neue Heimat für den Opernfundus auch Rothenburgsort und Jenfeld geprüft. Für Unmut sorgt zudem die Schließung der Soulkitchen-Halle vor zwei Wochen. Wegen statischer Mängel ist der Zutritt zur Halle momentan untersagt.

Der Betreiber des Soulkitchen, Mathias Lintl, kann sich für Grotes Pläne durchaus erwärmen. „Etwas Ähnliches haben wir vor vier Jahren bereits den Organisatoren der Internationalen Bauausstellung vorgeschlagen“, sagt er. Jetzt komme es darauf an, die Abrissvorbereitungen zu stoppen und darüber zu sprechen, wie man die Zukunft der Halle sichern könne. „Für mehr Kultur am Veringkanal muss der Bebauungsplan geändert werden“, sagt Lintl. Er schlägt einen Runden Tisch mit allen Akteuren vor. Für heute ist eine Demonstration für den Erhalt der Soulkitchen-Halle geplant.

Noch fehlt jedoch ein Konzept für die Umsetzung der Pläne des Bezirksamtsleiters. „Wir wollen die Kulturszene dort weiterentwickeln“, sagt Michael Weinreich, Bezirksabgeordneter der SPD. „Wie dies am Ende konkret umgesetzt werden soll, müssen wir noch erarbeiten.“ Auch die Frage, wie das Kleingewerbe am Veringkanal in das Kulturkonzept eingebunden werden könnte, ist offen. „Wir brauchen weiter den bestehenden Mix. Das Gewerbe am Kanal darf auf keinen Fall verdrängt werden“, sagt Marco Loredo. Die Bezirksversammlung wird sich frühestens nach Ende der Sommerpause im September mit dem Thema befassen können.

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4 Kommentare

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  • MM
    Marco Moreno

    sorry könnt ihr bitte den Brief nochmal einstellen, der war nicht ganz komplett?

     

    Soulkitchenhalle schließen, den Mietern der Zinnwerke kündigen und gleichzeitig den Wunsch nach mehr kreativen und kulturellen Einrichtungen äußern? Jeder Psychologiestudent im ersten Semester würde diesem Bezirksamtsleiter schwere Schizophrenie attestieren, indes handelt es sich doch bei dieser Krankheit der Seele um die gute alte sozialdemokratische „sowohl- als- auch-Politik“. Erst eins in die Fresse und dann: “ tschuldigung war friendly fire“ plus Trostpflaster verteilen, ist alt bekannte Strategie der Sozialen Demokratie. Zudem leben wir in der Kaufmannsstadt Hamburg und die hatte schon immer handfeste ökonomische Interessen an Wilhelmsburg und wenn ein Politiker wie Andy Grote so orakelhaft brabbelt, dann kann es bedeuten, dass der Bau des Openfundus obsolet ist, indes bedeutete es nicht, dass es Bestandsschutz für die alternative Künstler- und Kulturszene rund um den Kanal und insbesondere in den Zinnwerken gibt. Ganz im Gegenteil, bestes Beispiel ist Matthias Lintl. Es ist offensichtlich, dass die Regierenden im Bezirk diesen unangepassten Querkopf weg haben wollen, Ihn schikanieren wo es nur geht und sich obendrein Rotzfrech seiner Ideen bemächtigen. By the way: So kann es dann jeder/ jedem anderen ergehen, wenn er/ sie nicht den zahlungskräftigen Mainstream bedienen kann. Fragt sich mit wem Herr Grote schon über seine Phantasie Pläne zum Veringkanal gesprochen hat, Corny Littmann? Hansa Theater? König der Löwen? den Hells Angels? Silvio Berlusconi? Oder doch nur mit seinen Bürozimmerpflanzen?

  • MM
    Marco Moreno

    Soulkitchenhalle schließen, den Mietern der Zinnwerke kündigen und gleichzeitig den Wunsch nach mehr kreativen und kulturellen Einrichtungen äußern? Jeder Psychologiestudent im ersten Semester würde diesem Bezirksamtsleiter schwere Schizophrenie attestieren, indes handelt es sich doch um die gute alte sozialdemokratische „sowohl- als- auch-Politik“. Zudem leben wir in der Kaufmannsstadt Hamburg und die hatte schon immer handfeste spekulative Interessen an Wilhelmsburg und wenn ein Politiker wie Andy Grote so orakelhaft brabbelt, dann kann es bedeuten, dass der Bau des Openfundus obsolet ist, indes bedeutete es nicht, dass es Bestandsschutz für die alternative Künstler- und Kulturszene rund um den Kanal gibt. Ganz im Gegenteil, bestes Beispiel ist Matthias Lintl. Es ist offensichtlich, dass die Regierenden im Bezirk diesen unangepassten Querkopf weg haben wollen und so kann es jedem anderen ergehen, wenn er/ sie nicht mehr in der Lage ist, die dann, zu seinem Nachteil, verändert en Mietkonditionen zu bedienen. Der Mainstream ist verlangt.

  • B
    Birte

    Wie schön, wenn jetzt der Bezirk den Vehringkanal als Kulturmeile entdeckt. Wir Wilhelmsburger wären da ja im Leben nicht drauf gekommen.

    Bevor man hier mit viel Getöse große Worte macht, sollte der Bezirk und vor allem der Senat erstmal zusehen, das sie bestehendes erhalten und nicht aus allen Rohren dagegen schießen. Die Zinnwerker haben noch immer ihre Kündigungen, gegen die Soulkitchenhallenbetreiber ergeht eine Schikane nach der nächsten und alles was nicht aus den Amtsstuben kommt, scheint ja irgendwie suspekt. Hier gibt es bereits viel Kultur am Kanal, hier gibt es einen lebendigen Stadtteil, der alle mit einbindet, so sie denn wollen, hier gibt es gelebte Nachbarschaft. Wir brauchen keine behördlich organisierte Kultur, wir kriegen das auch ganz gut alleine hin. Und für mich sind das alles hohle Phrasen, solange man mit Existenzen spielt, Menschen und ihre Zukunft weiter im Ungewissen lässt und die Sprinkenhof AG weiter rumholzen lässt, koste es was es wolle.

    Die Herrschaften im Senat und im Bezirk sind jetzt in der Sommerpause.... die Menschen, die hier um ihre Existenzen bangen lässt man solange im Ungewissen. Zynischer geht's wohl kaum noch. Die Politik dieses Senats ist an Selbstherrlichkeit und Arroganz kaum noch zu überbieten.

  • B
    Brennessel

    Wir wollen aber gar keine "Szene" in Wilhelmsburg!

    Wir wollen auch die Yuppie-Studenten-Bessermenschen-Spinner nicht in Wilhelmsburg! Es soll bleiben wie es ist. Ein familienfreundlicher und internationaler Stadtteil und KEINE ZWEITE SCH*** SCHANZE.