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Nach Urteil im Fall Trayvon MartinWas spukte in des Täters Kopf?

Das US-Justizministerium prüft ein neues Verfahren gegen George Zimmerman. Es wird vermutet, dass der Täter rassistische Vorurteile hatte.

Nach Zimmermans Freispruch kam es am Sonntag zu zahlreichen Protesten, in Los Angeles endete eine Demo gewalttätig Bild: reuters

BERLIN taz | Zwei Tage nach dem Freispruch im Fall des im Februar vergangenen Jahres in Florida getöteten schwarzen jugendlichen Trayvon Martin prüft das Justizministerium die Einleitung eines neuen Verfahrens gegen den freigesprochenen George Zimmerman. Nicht wegen Mordes, dessen ihn die Jury am späten Samstagabend für unschuldig befunden hatte, würde er angeklagt, sondern wegen der Verletzung von Trayvon Martins Persönlichkeitsrechten.

Dahinter steht die Vermutung, dass George Zimmerman, als er an jenem 26. Februar 2012 den jungen Trayvon Martin auf dessen Heimweg verfolgte, ihn aufgrund von rassistischen Vorurteilen (racial profiling) als potenziellen Kriminellen ausmachte und so jene Konfrontation herbeiführte, an dessen Ende Martin von Zimmerman mit dessen 9-Millimeter-Pistole erschossen wurde.

Mehrere bekannte Bürgerrechtler, allen voran Benjamin T. Jealous, der Chef der Bürgerrechtsorganisation NAACP, fordern Justizminister Eric Holder auf, ein solches Verfahren einzuleiten. Der 61-jährige Reverend Al Sharpton, der schon 2012 große Demonstrationen für eine Anklage gegen George Zimmerman angeführt hatte, sagte, dass ein solches Verfahren von Beginn an der „Plan B“ der Familie gewesen sei.

Einen bekannten Präzedenzfall für ein solches Vorgehen gibt es: Als 1992 ein Geschworenengericht jene vier Polizisten freisprach, die den schwarzen Rodney King zusammengeprügelt hatten und zufällig dabei gefilmt worden waren, strengte das Justizministerium anschließend ein Verfahren wegen der Verletzung von Kings Persönlichkeitsrechten an. Zwei der vier wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Das rassistische Motiv ist schwer nachweisbar

Ob ein solches Verfahren eine Chance hat, ist allerdings schwer zu bewerten. Die Regierung müsste Zimmerman „über vernünftigen Zweifel erhaben“ nachweisen, dass dieser ausgehend von einem rassistischen Weltbild böswillig die Konfrontation gesucht und so Martins Rechte verletzt hat. Das zu beweisen dürfte schwierig sein, denn Zimmerman – der Einzige, der das genau weiß – wird sich nicht selbst belasten. Andere Zeugen für die Entstehung des Handgemenges gibt es nicht.

Angesichts der angespannten Situation dürfte sich die Regierung jedoch politisch gezwungen sehen, ein solches Verfahren einzuleiten. Noch am Wochenende gab es Dutzende von Protestkundgebungen im ganzen Land, eine Veranstaltung in Los Angeles endete gewalttätig.

Viele Kommentatoren übten unterdessen Kritik an der Verhandlungsführung der Staatsanwaltschaft. Es sei von Beginn an klar gewesen, heißt es in einigen Kommentaren, dass eine Mordanklage nicht erfolgversprechend sei. Damit hätten die Ankläger Zimmermans Verteidigung in die Hände gespielt.

Erst im letzten Moment hatte die Staatsanwaltschaft versucht, ersatzweise eine Verurteilung wegen Totschlags zu erreichen – zu spät. Hätten die Ankläger, so die Kritik, von Anfang an auf eine Verurteilung wegen Totschlags gedrängt, wäre das Urteil womöglich anders ausgefallen.

Ein neues Verfahren wäre ein weiterer Versuch, den Tod Trayvon Martins nicht ungesühnt zu lassen.

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14 Kommentare

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  • Zur Begrifflichkeit, lieber Bernd Pickert:

     

    Zimmerman ist freigesprochen worden, somit kein TÄTER! Wer weiterhin Öl in das rassistische Feuer gießt ist ein HETZER.

    • @Stimme der Demokratie:

      Zimmermann ist freigesprochen worden, weil das tote Opfer nicht mehr in der Lage war zu beweisen, dass er (Zimmermann) nicht in Notwehr gehandelt hat.

  • T
    tommy

    @Sonikon

     

    "wie einer von den vorangegenen Kommentatoren reagiert hätte, wenn sie/er über eine sehr lange Strecke grundlos verfolgt werden würde? Vielleicht sogar noch von einer Person mit Migrationhintergrund..."

     

    Fänden Sie es okay, wenn man in einem solchen Fall einfach der Person, die einen "verfolgt", präventiv aufs Maul schlagen würde, wie das Martin vermutlich gemacht hat? Das ist ja wohl kein akzeptables Verhalten.

  • AG
    Anton Gorodezky

    Die NAACP heißt eigentlich National Association for the Advancement of Colored People.

     

    Das kalifornische Notwehrrecht ist ein eigenartiges Ding. Wenn ich das richtig verstanden habe, kann sich der Fall so abgespielt haben:

    Zimmerman sieht Martin durch das Viertel gehen und verfolgt ihn. Das darf er.

    Martin bemerkt seinen Verfolger und versucht zunächst, ihn abzuschütteln. Das darf er natürlich, es misslingt aber. Zimmerman ist jetzt erst recht davon überzeugt, dass er es mit einem Tunichtgut zu tun hat.

    Martin erkennt, dass er seinem Verfolger nicht entkommen kann und attackiert Zimmerman - nach kalifornischem Recht darf man sich auch mit tödlicher Gewalt wehren, wenn man sich bedroht fühlt.

    Zimmerman sieht, wie der (in seinen Augen) Tunichtgut ihn angreift und erschießt ihn in Übereinstimmung mit dem Gesetz.

     

    Die Fallzahl von "in Notwehr Getöteten" hat sich seit der Einführung solcher "Stand your Ground"-Gesetze übrigens deutlich erhöht.

     

     

    George Zimmerman wird für den Tod Martins büßen, vollkommen gleichgültig, wie das Gerichtsurteil aussieht und vollkommen gleichgültig, ob er in Notwehr gehandelt hat. Eigentlich kann der Mann jetzt umziehen, genauso wie seine Familie. Ich finde das nicht gut.

     

     

    Und liebe taz, sollte Zimmerman auch von dem Verfahren wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte freigesprochen werden, kann das zwei Gründe haben:

    1. mangelnde Beweise

    2. Zimmerman ist tatsächlich kein Rassist und hat Martin nicht aus rassistischen Gründen verfolgt.

  • S
    Sonikon

    Wenn ich diese Kommentare hier lese, bin ich schon sehr froh, dass es in Deutschland ein Waffengesetz gibt, welches nicht jedem Hoschi erlaubt, mit einer

    Knarre herumzulaufen.

    Außerdem frage ich mich jetzt in Zeiten der Entsozialierung unseres Landes, wie einer von den vorangegenen Kommentatoren reagiert hätte, wenn sie/er über eine sehr lange Strecke grundlos verfolgt werden würde? Vielleicht sogar noch von einer Person mit Migrationhintergrund.....

  • V
    viccy

    Herr Pickert, im letzten Absatz schreiben Sie, dass ein weiteres Verfahren der Versuch wäre, den Tod des schwarzen Jungen nicht ungesühnt zu lassen.

     

    Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es da etwas zu sühnen gibt? Das Gericht hat auf Notwehr erkannt... wer sich in Notwehr verteidigt, muss der etwas sühnen?

  • WR
    Werner R.

    So, so, es wird rassismus vermutet. Warum wird Zimmerman meist als Weißer abgestempelt, obwohl er sich selbst als Latino bezeichnet? Das Opfer, ein Kapuzenshirt tragender 1,90 cm großer und 90 Kg schwerer 17jähriger Farbiger, der Täter ein großer dicker weißer Waffenträger. Das kann nur Rassismus sein? Oder vielleicht war es doch nur eine Verkettung tragischer Umstände? Aber in den Medien ist es nur die übliche guter Schwarzer / böser Weißer Berichterstattung.

  • A
    Antirassist

    Ich verstehe gar nicht, was es da zu diskutieren gibt.

    Martin ist schwarz. Damit ist klar, dass er Opfer ist.

    Zimmerman ist weiß. Damit ist klar, dass er Täter ist.

    Eine andere Interpretation werden wir Weißen niemals zulassen!

  • M
    myschkin

    Von welchem Täter ist hier die Rede?

     

    Zimmerman wurde in einem ordentlichen rechtsstaatlichen Verfahren freigesprochen. Er hat in Notwehr gehandelt. Also bleibt nur noch ein Täter:Trayvon Martin. Ein gebürtiger Amerikaner, dessen Famiele seit Generationen in den USA lebt, der den Sohn leiteinamerikanischer Einwanderer attackiert hat. Während Zimmerman sich für die nachbarschaftlich Gemeinschaft angagiert und seinen Teil dazu beiträgt die Straßen sicherer zu machen,fühlt sich Trayvon wohl dazu berufen als Rächer der Entrechteten mit der Faust Ordnung zu schaffen.

  • T
    tommy

    Ich finde Zimmerman ist ein politisch Verfolgter, es ist ja wohl nicht rechtsstaatlich, dass der Staat ihn nach einem Freispruch immer noch verfolgt, nur wegen des Drucks des Mobs. Der Mann sollte Asyl in Deutschland erhalten.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Was für ein Schwachsinn. Zimmermann hat sich an die Gesetze gehalten, Punkt. Wäre T.Martin nicht schwarz sondern ein Weißer gewesen, würde sich kein Mensch hierüber aufregen.

     

    Und was die Gesetze betrifft: Deutschland ist ein Staat, welcher selbst einen von einem Einbrecher niedergeknüppelten Renter vor Gericht zerren lässt. Und dies, obwohl bei einer ähnlichen Tat kurze Zeit davor das Opfer nach dem Raub auch noch ermordet wurde.

     

    Kranke Gesetzte in den USA? Kranke Gesetze bei uns, wo der Täter immer Recht hat und die Opfer ignoriert werden!

  • F
    Flagge

    Also mir ist völlig schleierhaft, wie man sich so auf eine Vermutung versteifen kann. Im Artikel steht ja selbst das es nicht den geringsten Beweis dafür gibt, das Zimmerman ein rassistisches Motiv hat.

    Ich glaube diejenigen wollen einfach das es so ist.

    Interessanterweise wird auch selten erwähnt das Zimmerman selbst Latino ist! Sehr interessant.

  • EP
    Ekelhafte Propaganda

    Es ist schon der Hammer wie hier gelogen und verdreht wird. Zimmermann hatte eine gebrochene nase, Martin Spuren vom Schlagen an seinen Händen. Zimmermann hatte einen Nassen Rücken vom am Boden liegen. Martin hatte in eine Telefonat rassistische Aussagen getätigt, Zimmermann nich. Zimmermann war nicht schwarz und deshalb läuft die Maschine nun gegen ihn. Desweiteren kochen bei uns die üblichen Amibasher ihr politisches Süppchen. Wer bei uns in die alten medien sieht kommt sich vor wie in der DDR. kein Wunder, es sitzen ja die alten DDR-Fans aus dem Westen in den höchsten Posten.

  • J
    jannis

    Ein weiterer Versuch der Taz aus dieser tragischen Geschichte die nur Verlierer hat, sei es der ums Leben gekommene Jugendliche oder der unschuldige Angeklagte, etwas zu machen was es nicht ist. Eine reisserische, rassistisch motivierte Story. Hier gibt es nur einen Gewinner, die Nachrichtensender. Die Taz Berichterstattung ähnelt immer mehr der der US Medien. Das NBC muss sich im Moment übrigens gegen einer Klage verteidigen. Sie hatten die Polizeiaufnahmen des Notrufs von Zimmerman so verändert dass es rassistische Motive vermuten lässt. Übrigens hat Zimmerman 2011 für das Recht eines obdachlosen Schwarzen gekämpft der von der Polizei zusammengeschlagen wurde und dessen Fall unter den Tisch gekehrt werden sollte. (http://tampa.cbslocal.com/2012/05/23/zimmerman-sanford-police-covered-up-beating-of-black-homeless-man-by-white-officer/) Übrigens ist Zimmerman Latino und nicht weiß und er hat eine Schwarze Halb-Schwester. All solche Sachen lässt die Taz mal versehentlich unerwähnt. So wie der NBC Worte aus dem Notruf entfernt hat.. der Reporter wurde übrigens bereits gefeuert.

     

    Also Taz. Grandios, aber wer euch liest hat eh schon verloren. Wie alle die in diese Geschichte verwickelt sind.