Berater über Chinas Wirtschaft: „Die meisten sind vorbereitet“

Unternehmensberater Titus von dem Bongart über lokalen Konsum und warum deutsche Firmen auch mit weniger Wachstum in China gut leben können.

Mehr Einkaufen: Zum Beispiel Luftballons am Eingang eines Shoppingcenters in Peking. Bild: reuters

taz: Herr von dem Bongart, wie schlimm ist es um Chinas Wirtschaft wirklich gestellt?

Titus von dem Bongart: Wenn eine Volkswirtschaft auch weiterhin ein Wachstum von 7,5 Prozent ausweist, passt die Bezeichnung „schlimm“ nicht so ganz. Das ist das, was sich die chinesische Führung für dieses Jahr auch vorgenommen hat. Insofern kommt für uns dieser Wert für das zweite Quartal nicht überraschend. China will ja weniger vom Export abhängig sein und stärker auf den eigenen Konsum setzen. Dass dieser Übergang nicht von heute auf morgen funktionieren wird – darauf, denke ich, sind die meisten Wirtschaftsakteure vorbereitet.

Das Wachstum ist aber so niedrig wie seit 1991 nicht. Muss sich die deutsche Wirtschaft Sorgen machen?

Ich halte den Vergleich mit diesem Zeitraum für unpassend. Wir sprechen von 20 Jahren, die das Land fundamental verändert haben und sich nicht mehr eins zu eins vergleichen lassen, weil die Verhältnisse völlig andere sind. Chinas Volkswirtschaft befindet sich auf einem deutlich höheren Niveau als 1991. Unsere jüngste Umfrage zeigt darüber hinaus, dass die Mehrheit der deutschen Unternehmen in China zuversichtlich auf ihre Geschäfte blickt. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass nach wie vor eine hohe Nachfrage nach deutschen Produkten und Dienstleistungen besteht.

Wann würde es für deutsche Firmen in China kritisch?

Beunruhigend wird es in China immer dann, wenn die tatsächlichen Zahlen sehr stark von den Zielvorgaben der Regierung abweichen. Wenn es „nur“ der nachlassende Export ist, dann ist die deutsche Industrie in geringerem Maße betroffen.

,48, ist Abteilungsleiter bei der Unternehmensberatung Ernst & Young und Vorstandsmitglied der deutschen Außenhandelskammer in Schanghai.

Droht die hohe Verschuldung vieler Staatsbetriebe, Provinzregierungen und Kommunen auch auf die chinesische Realwirtschaft überzuschwappen?

Ich denke schon, dass die Verschuldung ein Thema darstellt. Erst seit kurzem wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass die lokalen Regierungen deutlich höher verschuldet sind als bislang angenommen. Doch ich halte die chinesische Regierung hier immer noch für handlungsfähig.

Peking hat Reformen angekündigt. Werden die Ankündigungen fruchten?

Ich denke schon. Es gibt erste Anzeichen, dass der lokale Konsum anzieht. Ich weiß nur nicht, ob diese Umstrukturierung der gesamten Wirtschaft so schnell geht, wie sich das die chinesische Führung erhofft. Bislang hat sie aber immer wieder gezeigt, dass sie bestimmte Entwicklungen erheblich zu beeinflussen weiß. Insofern bin ich zuversichtlich, dass sie in diesem Entwicklungsschritt Erfolg haben wird.

Ihre Prognose für das Jahr 2014?

Ich erwarte keine erheblichen Veränderungen zu diesem Jahr und bin überzeugt davon, dass China den eingeschlagenen Kurs beibehalten wird.

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