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EU stellt Projektförderung in Israel einNetanjahu beklagt „Diktate“

Ab 2014 will die EU keine Projekte in den besetzten Gebieten mehr fördern. De facto ist das auch jetzt schon so. Die Regierung in Jerusalem reagiert mit Empörung.

Ärgert sich über die Europäische Union: Israels Ministerpräsident Netanjahu. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Zwischen Israel und der EU herrscht Eiszeit. Ein „wirtschaftliches Terrorattentat“ nannte Naftali Bennett, Chef der Koalitionspartei HaBayit HaYehudi, die neuen EU-Richtlinien, die eine Kooperation mit israelischen Institutionen im Westjordanland untersagen. „Wir werden externe Diktate über unsere Grenzen nicht akzeptieren“, kommentierte Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Die vierseitigen Richtlinien sollten am Freitag auf der EU-Webseite veröffentlicht werden, sickerten aber bereits an die israelische Tageszeitung Ha’aretz durch. Ab dem 1. Januar kommenden Jahres ist demnach die Förderung von Forschungsprojekten, Stipendien und Preise an Projekte oder Einzelpersonen in den besetzten Gebieten nicht mehr möglich. Dies betrifft laut EU das Westjordanland, den Gazastreifen, Ostjerusalem und die Golanhöhen.

„Mir ist nur ein einziges Projekt bekannt, das heute überhaupt noch gefördert wird“, erklärte David Chris, Sprecher der EU-Vertretung in Tel Aviv, am Mittwoch auf telefonische Anfrage. Dabei ginge es um ein Forschungsprojekt der Firma Ahava, die Seifen und Hautcremes aus Mineralien des Toten Meeres herstellt. Die Projektförderung könnte deshalb erst möglich geworden sein, weil das Rahmenprojekt in Israel gemeldet sei, vermutet Chris. Die Ahava-Förderung fällt unter die neuen Regelungen, weil die Forschungsanlagen im Westjordanland liegen. „Davon abgesehen geht es um null Euro.“

Seit Jahren schon halte sich die EU daran, keine Projekte in den besetzten Gebieten zu fördern. Die am Mittwoch von Haa’retz veröffentlichten Richtlinien bildeten lediglich einen formalen Rahmen. „Die Regelungen gelten für EU-Institutionen“, betonte der Sprecher, „nicht für die EU-Mitgliedstaaten.“

Siedlerprodukt

Die neuen EU-Regelungen sind unabhängig von der momentanen Debatte über eine einheitliche Kennzeichnungspflicht von Produkten aus israelischen Siedlungen. Mit der Aufschrift „Made in Israeli settlements“ und „East-Jerusalem“ soll dem Kunden in der Zukunft die Entscheidung überlassen werden, ob er das Siedlerprodukt kauft oder nicht. Dänemark, Holland und Großbritannien praktizieren die gesonderte Kennzeichnung bereits. Eine einheitliche EU-Regelung steht aber aus.

Obschon die aktuelle Neuregelung konkret kaum Konsequenzen hat, reagierte die Regierung in Jerusalem erschüttert. Als Israels Ministerpräsident werde er nicht zulassen, dass „Hunderttausende Israelis, die in Judäa und Samaria (Westjordanland) leben, Schaden zugefügt wird“, zürnte Netanjahu und riet der EU, sich besser darauf zu konzentrieren, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden oder das iranische Atomprogramm zu stoppen. „Diese Probleme sind ein wenig dringlicher.“ Wie auf Bestellung wurde gestern die geplante Errichtung von 900 neuen Wohneinheiten für Juden im Westjordanland bekannt.

Die EU-Entscheidung verdeutlicht einmal mehr den grundsätzlichen Konflikt zwischen Israel und nahezu dem Rest der Welt. Während man in Jerusalem die Haltung vertritt, dass der Siedlungsbau kein Hindernis auf dem Weg zum Frieden darstellt, warnen die Führungen in Washington und Europa seit Jahren davor, dass mit jeder neuen Siedlung die Teilung des Landes in zwei Staaten für zwei Völker immer illusorischer wird. Zum ersten Mal sitzt in der Koalition mit Bennet ein Politiker, der sich offen gegen die Zweistaatenlösung ausspricht, die offiziell indes noch immer Regierungspolitik ist.

Anstoß von außen

Als „Weckruf“ bezeichnete hingegen Justizministerin Zipi Livni, die Regierungsbeauftragte für Friedensverhandlungen, die Entscheidung der EU. „All jene, die dachten, man könne einfach nichts tun“, würden jetzt merken, dass es so nicht geht. Livni findet es dennoch bedauerlich, dass dieser Anstoß von außen nötig sei.

Israel müsse die Zweistaatenlösung aus eigenem Interesse vorantreiben, „nicht weil wir von Europa dazu gezwungen werden“. Auch Oppositionsführerin Scheli Jechimowitsch (Arbeitspartei) appellierte, alles zu unternehmen, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. „Die internationale Isolation ist für Israel sehr schädlich.“

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18 Kommentare

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  • KS
    Kritische Stimme

    Das ist der Witz des Jahres,Politiker+hohe Beamte die jetzt beschlossen haben das EU-Zollgesetz mal anzuwenden nachdem sie das jahrzehntelang verletzt haben,das Gleiche fuer Subventionen, man kann nicht etwas subventionieren was nach EURecht illegal ist. Das EUZollgesetzt wird uebrigens dauernd verletzt durch Umetikettierungen vom israelischen Staat unterstuetzt. Statt Lob zu bekommen sollten die EUBeamte bestraft werden wegen Nachlaessigkeit. Das es jetzt verkauft wird als ein Druckmittel Israel gegenueber ist der naechste Witz. Wenn man wirklich Druck ausueben will muss man das Land kulturell boykotten und alle Waren extra belasten bis man bereit ist die Siedlungen zu raeumen und einen gerechten Frieden zu machen. Dann helfen auch illegale Umetikettierungen nicht mehr. Aus den extra Zolleinkuenften koennen dann die Palestinenser bezahlt werden statt immer EUSteuergelder von Steuerzahlern

  • KS
    Kritische Stimme

    Das ist der Witz des Jahres,Politiker+hohe Beamte die jetzt beschlossen haben das EU-Zollgesetz mal anzuwenden nachdem sie das jahrzehntelang verletzt haben,das Gleiche fuer Subventionen, man kann nicht etwas subventionieren was nach EURecht illegal ist. Das EUZollgesetzt wird uebrigens dauernd verletzt durch Umetikettierungen vom israelischen Staat unterstuetzt. Statt Lob zu bekommen sollten die EUBeamte bestraft werden wegen Nachlaessigkeit. Das es jetzt verkauft wird als ein Druckmittel Israel gegenueber ist der naechste Witz. Wenn man wirklich Druck ausueben will muss man das Land kulturell boykotten und alle Waren extra belasten bis man bereit ist die Siedlungen zu raeumen und einen gerechten Frieden zu machen. Dann helfen auch illegale Umetikettierungen nicht mehr. Aus den extra Zolleinkuenften koennen dann die Palestinenser bezahlt werden statt immer EUSteuergelder von Steuerzahlern

  • Und ab morgen gibt es keine EU-Fördermittel mehr für die von Polen besetzten (verwalteten) deutschen Ostgebiete, wetten? Und Tschechien und Rumänien erhalten nur noch EU-Geld, wenn sie Vertreibung aufarbeiten, wetten?

  • KS
    Kritische Stimme

    Das ist der Witz des Jahres,Politiker+hohe Beamte die jetzt beschlossen haben das EU-Zollgesetz mal anzuwenden nachdem sie das jahrzehntelang verletzt haben,das Gleiche fuer Subventionen, man kann nicht etwas subventionieren was nach EURecht illegal ist. Das EUZollgesetzt wird uebrigens dauernd verletzt durch Umetikettierungen vom israelischen Staat unterstuetzt. Statt Lob zu bekommen sollten die EUBeamte bestraft werden wegen Nachlaessigkeit. Das es jetzt verkauft wird als ein Druckmittel Israel gegenueber ist der naechste Witz. Wenn man wirklich Druck ausueben will muss man das Land kulturell boykotten und alle Waren extra belasten bis man bereit ist die Siedlungen zu raeumen und einen gerechten Frieden zu machen. Dann helfen auch illegale Umetikettierungen nicht mehr. Aus den extra Zolleinkuenften koennen dann die Palestinenser bezahlt werden statt immer EUSteuergelder von Steuerzahlern

    • @Kritische Stimme:

      Hätten die Beamten nicht vorher schon auf diese Möglichkeit kommen können, ein reell friedliches Zusammenwirken von Juden, Arabern etc. zu torpedieren? Palästinenser haben ein Recht auf Arbeitslosigkeit und EU-Gelder, die ihren terroristischen Regimen zugeteilt werden.

  • H
    Hagen

    @Tobias

    Bravo, 1000% richtig.

     

    @Sondermann

    Es zwingt Dich niemand, Dir nicht passende Kommentare zu lesen. Wen interesiiert, was Du möchtest?

  • I
    I.Q

    Interessant ist doch, dass Netanjahu behauptet, es würde damit den Bemühungen von Kerry geschadet, weil sich die palästinensische Führung in ihrer Haltung, die vom Nah-Ost-Quartett geforderten Grundvoraussetzungen eingehalten zu wissen, bestärkt fühlen könnten.

     

    Dabei kann Kerry nur Erfolg haben, wenn`Israel´ wirksam unter Druck gesetzt wird.

  • E
    end.the.occupation

    De facto wird das Apartheidsregime in Israel - das aktuell plant 30.000 israelische (!) Palästinenser zwangsweise umzusiedeln - von der EU wie ein Mitglied behandelt.

     

    Das, obwohl EU-Mitarbeit vor Ort Jahr um Jahr Bericht über die kriminellen Aktivitäten Israels erstatten:

     

    http://www.ipk-bonn.de/downloads/EU-Report-Jerusalem-Org.pdf

    http://www.ipk-bonn.de/downloads/EU-Report-Area-C.pdf

  • T
    Tantris

    verstehe nicht,wieso überhaupt Projekte in Israel gefördert werden,ist doch ein reiches Land

  • S
    Sondermann

    Ich finde den EU-Schritt sinnvoll und mutig.

     

    @ Tobias:

     

    Bitte die Netiquette beachten! Ich möchte solche EU-Beschimpfungen nicht lesen.

  • R
    R.J

    Ein Einreiseverbot für alle Personen, die in den 1967 bessetzten Gebieten siedeln, ohne dafür die Zustimmung des palästinensischen Staates zu besitzen wäre wirkungsvoller und sicher recht einfach sicherzustellen.

     

    Wenn man denn dem permanenten Völkerrechtsbruch durch die israelische Administration wirkungsvoll entgegentreten wollte.

  • G
    Gregor

    Wenn du es wirklich so sehr hasst, empfehle ich dir mittelfristig den Kontinent zu verlassen. Und jetzt komm mir mir nicht mit deiner (wirtschaftlichen) Existenz oder sonstigem Kleinvieh - schließlich findest du die EU nicht blöd, sondern du *HASST* sie; nach deinem Habitus zu urteilen schon fast auf eine pathologische Weise.

  • P
    phew

    „wirtschaftliches Terrorattentat“

     

    LOL

  • J
    JoNo

    Da ist die EU ja mal wieder konsequent.

    "Wir streichen was, was sowieso schon nicht existiert."

    Oder

    "Wir stellen an den Pranger mit NICHTS"

    Oder

    "Wir drohen, obwohl nicht in der Hand haben"

    Oder

    "Besser gut getönt, als nichts gesagt"

    oder was?

  • A
    antares56

    Es ist wirklich an der Zeit, der illegalen Besetzung von fremden Gebieten und der illegalen Siedlungspolitik Israels entgegen zu treten.

    Und das in Isreal niemand an einer "Zwei-Staaten"-Lösung interessiert ist, machen die Israelis durch ihre Politik eindeutig klar!

  • SG
    Schmidt Georg

    ach, Gott die unendliche Geschichte, mit dem Geld , das man für die Kriege zwischen Israel und dem besetzeten Gebieten ausgegeben hat und noch ausgibt, hätte man locker den Sinai begrünen können !

    PS ist das schwarze Büchlein von Arafat eigentlich aufgetaucht, wo all die Konten aufgeführt sind, wo er, damals, sein Geld gebunkert hat!?

  • S
    S.K

    Großes Geschrei aus Tel-Aviv ist immer zu erwarten, wenn es mal jemand wagt, einen Tropfen auf den heißen Stein fallen zu lassen.

     

    Mehr ist nicht.

    Eher ist zu erwarten, dass verschiedene EU-Mitglieder versuchen werden, diesen "Fehler" an anderer Stelle zu "kompensieren.

  • T
    Tobias

    EU bricht damit Oslo und nun weiß Israel entgültig, was von dieser EU zu halten ist. Israel wird Wege finden und die EU hat sich selbst demaskiert. Israel wird mit China oder anderen zusammenarbeiten.

     

    Die Inkomptenz in Person (Ashton) ist eine Zumutung. Ich möchte nicht - dass so ein Charakter-Stumpf mich vertritt. Die EU hat hier wieder ihren antiisraelischen und politisch fehlsichtigen Kurs klar gemacht. Ich hasse es, Bürger dieser Drecks EU zu sein.

     

    Ich stehe nicht hinter dieser EU und ich hasse die dt. Regierung dafür, dass sie dafür gestimmt hat.

     

    Ich entschuldige mich bei jeden geschädigten Juden, Israeli und Palästinenser für dieses politische Abbruchunternehmen EU.