EU-Forschungskooperation mit Israel: Kein Geld für besetzte Gebiete
Die Netanjahu-Regierung steckt in der Zwickmühle. Soll Israel weiter mit der EU zusammen forschen, muss es die EU-Position zur Siedlungspolitik anerkennen.
JERUSALEM afp | Die Forschungskooperation zwischen Israel und der Europäischen Union (EU) hängt wegen der Siedlungspolitik am seidenen Faden. Justizministerin Zipi Livni wollte am Dienstag telefonisch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu einem Kompromiss bewegen, sagte ein israelischer Diplomat der Nachrichtenagentur AFP.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Montag bei zwei Dringlichkeitssitzungen darüber beraten, wie Israel die Siedlungen in besetzten Gebieten faktisch von EU-Forschungsmitteln ausschließen kann, ohne dies ausdrücklich in einem Abkommen zuzugestehen.
Seit die EU im Juli neue Zulassungskriterien veröffentlichte, die ab 1. Januar gelten sollen, ist die Beteiligung israelischer Forschungseinrichtungen am europäischen Kooperationsprogramm "Horizont 2020" gefährdet. Eine Territorialklausel soll verhindern, dass EU-Fördermittel indirekt Siedlungen in den seit 1967 besetzten Gebieten im Westjordanland, in Ostjerusalem und auf den Golanhöhen zugute kommen. „Horizont 2020“ fördert ab 2014 sieben Jahre lang Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus einem großen EU-Fonds.
Vor zwei Wochen hatte die israelische Regierung in Brüssel einen eigenen Entwurf für die künftige Forschungszusammenarbeit vorgelegt. Darin wurde die EU-Position zur Kenntnis genommen. Israel wollte aber eine Klausel in das Abkommen einfügen, laut der die Anerkennung der EU-Haltung nicht bedeute, dass dadurch die künftigen Landesgrenzen vorherbestimmt werden, die einzig in Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern definiert werden könnten.
Wie der israelische Diplomat weiter ausführte, „haben sie uns zwei Wochen lang warten lassen, um uns jetzt zu sagen 'Friss oder stirb'. Unser Kompromissvorschlag wurde übergangen“. Nach Angaben der israelischen Presse verlangt die EU, dass ihre neuen Richtlinien im bilateralen Abkommen mit Israel ausdrücklich anerkannt werden.
Verzicht oder Eingeständnis
Netanjahu stecke nun in einem Dilemma, kommentierte die Tageszeitung Jediot Acharonot: Entweder Israel müsse auf erhebliche Fördergelder verzichten oder die ultranationalistischen Minister im Kabinett müssten ein Abkommen ratifizieren, in dem die Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten ausdrücklich abgelehnt wird.
Wegen des im internationalen Vergleich hohen Standards der israelischen Forschungseinrichtungen ist das EU-Interesse im Prinzip groß, das Land als einzigen außereuropäischen Partner im Programm zu haben. Israel hatte schon am nun auslaufenden Vorläuferprogramm teilgenommen.
Nach Expertenschätzung würde Israel bis 2020 rund 600 Millionen Euro in den Fördertopf einzahlen und am Ende mehr als eine Milliarde Euro an Forschungsmitteln daraus erhalten.
Leser*innenkommentare
PeterWolf
Gast
Vermutlich ist das Völkerrecht, auf dem die EU-Forderung basiert, antisemitisch.
Oder antizionistisch.
Blödes Völkerrecht!
M.A.
Gast
Wie sieht die EU das eigentlich bei:
China (Tibet, Kashmir)
Marokko (Westsahara)
Russland (Kurylen)?
Nur mal so nachgefragt...
Klugsch###er
Gast
Tibet:„Die Staatengemeinschaft geht zwar davon aus, dass Tibet Teil des chinesischen Staatsverbandes ist, doch wurde der Status Tibets nicht geklärt. Zum Zeitpunkt der gewaltsamen Einverleibung in den chinesischen Staatsverband war es ein eigenständiger Staat. China hat keinen wirksamen Gebietstitel erworben, weil es dem Grundprinzip des aus dem Gewaltverbot hervorgehenden Annexionsverbots entgegensteht. Die Effektivität tatsächlicher Herrschaftsgewalt über ein Gebiet vermag keinen Gebietserwerb zu bewirken.“ Klartext: ist zwar besetzt aber mit China legt man sich nicht an!
Westsahara: Es wird ein Referundum verlangt, dass die Zugehörigkeit klärt