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Ölförderung in EcuadorKein Geld für den Urwald

Die Weltgemeinschaft sollte zahlen, um am Amazonas ein Regenwaldgebiet zu schützen. Das Geld bleibt aus: nun will Präsident Correa doch Öl fördern lassen.

Der Yasuní-Nationalpark ist nicht nur eines der artenreichsten Gebiete der Erde, es gibt dort auch massenhaft Erdöl. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | Ecuadors Präsident Rafael Correa setzt auf die Ölförderung. Am Donnerstag hat er die sogenannte ITT-Initiative vom Tisch gewischt. Dieses weltweit einzigartige Vorhaben sah vor, die im Amazonasgebiet Yasuní vermuteten Ölreserven von 846 Millionen Fass unangetastet im Boden zu lassen.

Damit sollten die Gefahren für die Menschen und die Umwelt durch die Förderung ausgeschlossen werden und gleichzeitig zukünftige CO2-Emissionen vermieden werden. Dafür sollte die internationale Gemeinschaft jedoch die Hälfte des geschätzten Exportwertes von 7 Milliarden Euro in einen Treuhandfonds der UNO einzahlen.

Auch Deutschland wollte das Vorhaben ursprünglich mitfinanzieren. Einen entsprechenden interfraktionellen Antrag von CDU/CSU, SPD und Grünen hatte der Bundestag im Juni 2008 einstimmig angenommen. Der nach dem Regierungswechsel 2009 ins Amt gekommene Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hatte die Mittelzusage aber später zurückgezogen. Sein wichtigstes Argument: Das Beispiel könne in anderen Ländern Schule machen. Von den insgesamt benötigten 3,6 Milliarden Doller sind laut Correa bis heute nur zehn Millionen zusammengekommen.

Der Yasuní ist eines der artenreichsten Gebiete der Erde, ein Teilgebiet ist seit 1979 Nationalpark. Neben den Pflanzen- und Baumarten, sind es vor allem Amphibien, Frösche, Kröten und Schlangen, die den biologischen Reichtum ausmachen. Die Initiative Ishpingo-Tambococha-Tiputini, kurz ITT, bezog sich zwar nur auf ein kleines Teilgebiet der Yasuní-Region, dennoch werden hier rund 20 Prozent der Ölreserven des Landes vermutet.

„Die Welt hat uns im Stich gelassen“, sagte Correa

Correa selbst hatte die Initiative im Jahr 2007 verkündet. „Wir wollen die Artenvielfalt und die dort lebenden Völker schützen“, sagte Correa noch im April bei seinem Deutschlandbesuch. Falls die Finanzierung von der Weltgemeinschaft nicht komme, bleibe ihm jedoch nichts anderes übrig, als Öl zu fördern.

„Mit tiefer Traurigkeit, aber aus Verantwortung gegenüber unserem Volk und unserer Geschichte muss ich eine der härtesten Entscheidungen meiner Amtszeit treffen“, sagte Correa nun am Donnerstag. „Die Welt hat uns im Stich gelassen.“ Zum Teil läge dies an der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, aber in erster Linie an der „großen Scheinheiligkeit“ derjenigen Staaten, die die meisten Treibhausgase freisetzten.

Aber auch Correa selbst hatte die Initiative immer wieder in Frage gestellt. „Der Präsident war derjenige, der durch seine unentschlossene Haltung die größte Bedrohung für die Initiative darstellte“, kritisiert der ecuadorianische Ökonom Alberto Acosta, der als Energieminister 2007 entscheidenden Anteil daran hatte, dass Correa sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Die größten ausländischen Widersacher können sich deshalb jetzt auch bequem zurücklehnen.

„Wir verwahren uns dagegen, dass die Verantwortung in Richtung Weltgemeinschaft geschoben wird“, sagte Niebels Sprecher Sebastian Lesch. Correa sei allein für diese Entscheidung verantwortlich. Jetzt würde Ecuador umsetzen, „was wir immer vermutet haben“, sagte Lesch.

Deshalb habe sich Deutschland letztlich auch nicht an der Initiative beteiligt. Stattdessen hatte die Bundesregierung zum Schutz des Biosphärenreservats Zahlungen von knapp 35 Millionen Euro zugesagt. Je nach Umfang der Bohrarbeiten müsse nun entscheiden werden, ob dies noch sinnvoll sei, so Lesch.

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6 Kommentare

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  • Ich gebe zu, der letzte Satz meines Kommentars war etwas überspitzt, ABER:

    Vom Durchschnittsalter auf die Armut zu schließen ist nun wirklich zu einfach gedacht. Ich postuliere als Hauptfaktor für das Durchschnittsalter mal die Geburtenrate (s. Bevölkerungspyramide). Die Zahl 44 bestätigt nur mal wieder, dass Deutschland ein kinderARMES Land ist. Sicher haben Sie bei Wiki auch gelesen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Ecuador bei 70 Jahren liegt. Ein so hohes "Verhungernsrisiko", wie von Ihnen suggeriert, würde die Lebenserwartung deutlich nach unten korrigieren. Wahrscheinlich ist Ihnen im WIki-Artikel auch gleich das Bild der Marginalsiedlung „Bastión Popular“ in Guayaquil unter die Augen gekommen. Tja, das gibts auch in Ecuador, aber haben Sie bspw. auch schon mal die Bilder der gigantischen Shopping-Malls angeschaut? Es ist nichts Neues, dass Medien (fast immer) ein einseitiges Bild von Tatsachen vermitteln.

    Und die Benutzung des Begriffes "Dritte Welt" offenbart, in welchen Kategorien leider noch oft gedacht wird.

    Klar haben wesentlich mehr Menschen in Ecuador wesentlich weniger Güter, auch Nahrungsmittel, zur Verfügung, als wir. Dass man mit wenig Geld in der Tasche auch gleich "am Verhungern" ist, möchte ich aber nicht so stehen lassen. Auch bspw. die indigenen Gruppen der Taromenane und die Tagaeri, die in freiwilliger Isolation in Ecuador leben, sind bis heute noch nicht verhungert, obwohl sie vermutlich noch nie einen Dollar in der Hand gehabt haben...

    Letztendlich: Ja, es gibt in Ecuador Armut. Aber bei solch einseitiger und dramatisierender Darstellung wie bei Ihnen muss ich einfach protestieren.

    • @Linda Spee:

      Ich korrigiere: Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Ecuador bei 76 Jahren... (CIA World Factbook 2013)

  • ohne den ganzen Kommentar angreifen zu wollen, aber DAS "...dass die equadorianische Bevölkerung völlig verarmt ist ..." und "...am verhungern ist..." kann man so allerdings nicht stehen lassen. Ecuador befindet sich im Aufbruch (klar, der weiter bezahlt werden will), vielen Ecuadorianern geht es besser als bspw. "den" Argentiniern. Bitte hier kein antiquäres "Arme dritte Welt"-Lamentieren... Am verhungern sind in Deutschland genauso viele...

    • @Linda Spee:

      ...wie in Ecuador, setze ich mal fort. Das möchte ich bezweifeln. Ich zitiere aus wikipedia: "Das Durchschnittsalter liegt bei 23 Jahren (in Deutschland bei 44) – in Südamerika sind nur die Bolivianer und die Paraguayer jünger."

      Das ist ein Indiz für Armut.

      Jeder 4. Ecuadorianer gilt als arm (27 von 100 Menschen) und lebt von weniger als 1 Euro am Tag. Dabei sind die Indígenas und die afro-ecuadorianischen Bevölkerungsgruppen besonders von Armut betroffen.

      Ecuador ist ein 3. Welt- Land und Ihr Vergleich mit Deutschland hinkt gewaltig.

  • Das Geld, was für eine unnütze Drohne verschwendet wurde, hätte für Deutschland einen respektablen Beitrag zur Bewahrung des Yasuní-Nationalparks bedeutet. Auch wenn Correas Deal für manche als moralisierende Erpressung empfunden wird, dürfen wir nicht vergessen, dass die equadorianische Bevölkerung völlig verarmt ist und in mitten eines natürlichen Reichtums existieren muss.International werden solche Staaten aufgefordert, dieses Welterbe unangetastet zu lassen, ohne Antworten auf ein Wie zu geben. Es ist von globalem und vorallem westlichen Interesse, dass das Artensterben eingedämmt wird, aber die Verantwortung sollen die Herbergsländer selbst tragen.

    Die Brasilianer und Indonesier fragen erst garnicht, sie holzen gleich ab, und jeder, der Correa darfür verurteilen mag, sollte seine Vorgehensweise nicht an den Pranger stellen, wird doch dadurch die Wertigkeit von Artenschutz für die internationale "Gemeinschaft" gegenüber Millitär-Projekten wie die Drohne sichtbar.

     

    Ja, das Beispiel der Zahlungswilligkeit für Correas Projekt hätte Schule machen sollen, und jedem, der auf so einer Kiste Gold sitzt, aber am verhungern ist, weil man es nicht essen kann, sollte Wirtschafthilfe, nicht rückzahlbar, zuteil werden.

    Für Equadorianer wie für jeden Mensch kommt in diesem Fall zuerst das Essen und dann die Moral, Herr Niebel und mit den Kamellen, die Sie verteilen wollten, ist das Kind nicht am Leben zu erhalten, aber Sie haben mal wieder alles gegeben, was von Ihnen verlangt wurde.

    Wir haben nur einen Planeten für uns alle und dafür sind wir auch alle gemeinsam verantwortlich.

  • AL
    ANNA LOG DIGITAL

    Wie viele Milliarden gehen gleich noch mal in die Euro-/Staaten-/Banken-/Wirtschaftsrettung Europas? Was sind da schon die besagten 7 Milliarden? (Sind übrigens rund 90 € für jeden deutschen Bürger.)

    Kaufen wir uns doch einfach das potenzielle Öl, erhalten gleichzeitig den Urwald und machen endlich das wahr, was wir beinahe täglich als deutsches Umweltsendungsbewusstsein in die Welt hinausposaunen. Das wäre dann mal eine ehrliche Sache. Wenn die Bezahlung mit dem Gold passiert, was (angeblich) in den USA liegt, gäb's nicht mal lange Lieferfristen... ·-)

     

    Was freilich passiert, wenn trotz Zahlung Öl gefördert wird, steht auf einem anderen Blatt.