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Mediziner über AlkoholkonsumFalsches Bild vom gemütlichen Winzer

Der Hepatologe Andreas Umgelter fordert den Alkoholkonsum zurückzudrängen. Die Industrie bekämpfe jedoch breitenwirksame Maßnahmen.

Eher Werbung der Industrie als Standard der Alkoholproduktion. Bild: dpa
Heike Haarhoff
Interview von Heike Haarhoff

sonntaz: Die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage aufgrund von Suchterkrankungen ist in den vergangenen zehn Jahren um 17 Prozent gestiegen. Alkohol gilt dabei als das Teufelszeug schlechthin: 44 Prozent aller Fälle suchtbedingten Arbeitsunfähigkeit gehen auf Alkoholmissbrauch zurück – fast jeder zweite Fall. Ist Besorgnis berechtigt oder nur ein Fall von Tugendterror?

Andreas Umgelter: Die eindeutig suchtbedingten Arbeitsausfälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Auch der Patient mit Leberzirrhose, der jedem sofort beim Thema Alkohol einfällt, repräsentiert nur einen Teil des Schadens, der tatsächlich durch Alkohol verursacht wird. Viel schwerer wiegen Tumorerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparats und des Zentralnervensystems. Wir wissen, dass der Alkoholkonsum ein wesentlicher Mitverursacher dieser Volkskrankheiten ist. Im Einzelfall sind diese Krankheiten jedoch schwieriger eindeutig dem Alkoholkonsum zuzuordnen – zumal die Wirkung sehr stark von der individuellen genetischen Veranlagung abhängt.

Für Deutschland schätzte die WHO die Folgekosten des Alkoholkonsums auf 32 Milliarden Euro im Jahr 2007. Deutschland liegt mit 12 Liter reinem Alkohol pro Kopf und Jahr in der Spitzengruppe der Alkoholverbraucher weltweit. Der weltweite Durchschnitt liegt bei gut 6 Litern. Der Alkoholkonsum in Deutschland muss aus medizinischer Sicht drastisch reduziert werden.

Wir sollen unsere besten Jahre schön abstinent verbringen – um dann am Ende im Pflegeheim festzustellen, dass wir dank unseres gesunden Lebenswandels immerhin fünf zusätzliche Jahre im Rollstuhl gewonnen haben?

Wenn die Jahre die besten wären, müssten wir nicht so viel trinken. Es ist doch so: Das Gros der Leute, die zu viel trinken, tut das nicht mit besonderem Genuss, sondern aus Gewohnheit und zur Entspannung. Die Leute merken nicht, wie sehr der Alkohol zu einem Teil ihres Lebens geworden ist. Beim Alkoholkonsum besteht die Fiktion, nur ein sozial unangenehm auffälliger Missbrauch sei schädlich. Der abwertende Blick auf den Säufer dient doch der Selbstberuhigung: „So einer bin ich nicht, also habe ich kein Problem.“

Hat man aber doch?

In Wirklichkeit hat der gesellschaftlich als normal empfundene Konsum bei vielen Menschen erhebliche gesundheitsschädliche Wirkungen. Wir wissen einerseits, dass es keine sichere Untergrenze gibt, unterhalb deren Alkoholkonsum nicht schädlich wäre. Andererseits wissen wir, dass sich jeglicher Rückgang des Alkoholkonsums in einem Land sofort in einen Rückgang der alkoholbedingten Gesundheitsschäden übersetzt.

Der Anteil derjenigen, die in gefährlichen Mengen Alkohol konsumieren, häufig zur Stressbewältigung, ist enorm. Vermutlich sind es mehr als 10 Prozent der Bevölkerung. Die wenigsten davon sind im landläufigen Sinn alkoholabhängig, also tatsächlich physisch abhängig. Vielleicht liegt hierin eine besondere Gefahr – viele Menschen nehmen das Problem nicht ernst.

Woran liegt das? Trinker sind doch, jedenfalls wenn man den wissenschaftlichen Erhebungen der AOK folgt, alles andere als dumme oder unerfahrene Menschen: Die Wahrscheinlichkeit eines regelmäßigen Alkoholkonsums steigt mit dem Bildungsgrad und dem Alter. Müsste man solche Leute nicht besonders gut aufklären können?

Aber doch nicht über Kampagnen! Die sind bloß teuer. Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Aufklärungskampagnen gegen Alkohol irgendeinen messbaren Effekt hätten. Im Gegenteil: Die von der Industrie gesponserten Kampagnen zum „verantwortungsvollen Trinken“ haben vielleicht eher den Effekt, Alkohol im Alltag als normal erscheinen zu lassen.

Wahrscheinlich deshalb werden sie von der Alkoholindustrie auch bevorzugt, gemeinsam mit Vorschlägen zur „Selbstkontrolle“ und dem Versuch, den Schaden durch Alkohol als Randgruppenphänomen darzustellen. Das wesentliche Geschäft machen die Alkoholkonzerne mit den vielen Menschen, die regelmäßig zu viel trinken – und nicht mit ein paar offensichtlichen Alkoholikern. Deswegen bekämpfen die Konzerne auch breitenwirksame Maßnahmen.

Und die wären?

Die Gesundheitswissenschaften wissen, was hilft: höhere Preise über höhere Besteuerung, Zugangsbeschränkungen, Werbeverbote und die Früherkennung von Risikoverhalten mit frühen Therapieangeboten.

Mit solchen erzieherischen Maßnahmen wurde den Leuten schon erfolgreich der Tabak verleidet. Rauchen gilt inzwischen in vielen Kreisen als asozial. Und jetzt wollen Sie Verdauungsschnaps und Feierabendbier ächten?

Schnaps verdaut nicht, und Bier macht keinen Feierabend. Sie dürfen nicht vergessen, dass es ein sehr langer Prozess war, den Nikotinkonsum zurückzudrängen. Noch vor 20 Jahren war es einfach normal, überall zu rauchen …

oh ja, gern auch im Auto bei geschlossenen Fenstern, während die Kinder auf der Rückbank saßen.

Ja, und ebenso wenig vorstellbar war damals, dass man eines Tages in einer Kneipe nicht mehr würde rauchen dürfen. Beim Alkohol ist das Problem anders gelagert. Alkohol ist tief in unserem Alltag verwurzelt. Ich habe Patienten, die kommen in meine Sprechstunde und beteuern, Herr Doktor, ich trinke wirklich keinen Alkohol, sondern nur Bier … Bei manchen scheint ein Sozialleben ohne Alkoholkonsum gar nicht vorstellbar.

Der Feldzug gegen die Zigarette war insofern leichter zu führen, als eines der zentralen Argumente gegen das Rauchen die unmittelbare Schädigung Dritter war. Eine Gefährdung durch Passivsaufen ist indes nicht bekannt. Darf man Menschen die Freiheit nehmen, sich selbst zu schädigen?

Das stimmt doch so nicht! Gut, Tabakkonsum ist vielleicht schneller eine Zumutung für die Umgebung. Nur: Passivsaufen gibt es auch – in Form von Unfällen und Gewalt. Davon abgesehen werden in unserer Gesellschaft die gesundheitlichen Schäden durch Tabak- und Alkoholkonsum durch die Solidargemeinschaft getragen. Das finde ich gut. Dazu gehört auch, dass diese Solidargemeinschaft Schritte ergreift, um den Schaden gering zu halten.

Wie soll riskanter Alkoholkonsum denn Ihrer Meinung nach sanktioniert werden?

Riskanter Alkoholkonsum hat Krankheitswert. Ich bin dagegen, Krankheiten zu sanktionieren. Sanktioniert werden soll der Profit, der aus riskanten Konsumgütern gezogen wird. Wir müssen auch das Bild von der kleinen Brennerei, dem gemütlichen Winzer und der handwerklichen Brauerei korrigieren: diese alle sind heute Ausnahmen. Werbung und Lobbyarbeit – die politisch sehr erfolgreich ist – werden von Konzernen bestimmt, die Milliarden umsetzen und glühende Verfechter der Deregulierung sind. Wir müssen verhindern, dass deren Lobbyarbeit Schritte gegen schädlichen Alkoholkonsum weiterhin blockiert.

Herr Umgelter, darf man das ernsthaft fordern: ein französisches Sternemenü – so ganz ohne Rotwein?

Nein. Aber wenn man vor jedem Glas Rotwein ein französisches Menü zu sich nehmen würde, hätten wir ohnehin kein Problem.

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34 Kommentare

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  • S
    schlussmitlustigfix

    ach - vergrämen, verteuern, verbieten, mehr fällt euch wohl nicht ein? Nach Nikotin und Alkohol dann Süßwaren, Fett, Fleisch, Autofahren, Fernsehen, Computerspiele und irgendwann auch das Schlafen im Bett (immerhin sterben 90% aller Menschen im Bett!). Aber der Absturz der Grünen zeigt ja wohl allmählich die Götterdämmerung dieses Ansatzes. Verschont uns mit euren Warnungen, Gefahrenmeldungen und Katastrophenszenarios.

  • B
    Brennessel

    Zunächst einmal finde ich den Artikel sehr aufschlußreich, da hier des Deutschen liebstes Hobby - das Saufen- einmal kritisch hinterfragt wird, ohne den Moralapostel zu geben. Aber gilt folgender Satz nicht auch für anderes:"Sanktioniert werden soll der Profit, der aus riskanten Konsumgütern gezogen wird."? Die Zahl der Krankheitsausfälle auf Grund von streßbedingten Erkrankungen nimmt ebenfalls stetig zu. Einhergehend mit dem Konsum von Psychopharmaka oder "leistungssteigernden" Drogen. Wenn uns unser genereller Lebenswandel der auf Profit und Wachstum ausgelegt ist krank macht, ist es dann nicht ander Zeit Diesen auch einmal kritisch zu hinterfragen?!

    In diesem Sinne: Prost Feierabend!

  • Ein Bier macht tatsächlich keinen Feierabend, aber diesen vielleicht entspannter!?

     

    Zu viel Alkohol ist schädlich für die Gesundheit - unbestritten.

    Zu viel Autofahren auch. Man muss nur mal sehen, wie sich jemand bewegt, der sich jahrelang nur mit dem Auto fortbewegt und Herz- Keislaufprobleme haben die auch! Logischerweise müsste also Autofahren bekämpft werden, zumal der volkswirtschaftliche Schaden immens ist. Von den gesundheitlichen Schäden, die anderen zugefügt werden einmal ganz abgesehen!

     

    Ich fahre Fahrrad trinke (danach) gerne guten Weißwein - wohl bekomms!

  • Als Pflegevater eines bereits im Mutterleib massiv durch Alkohol geschädigten Kindes sieht man das Thema Alkohol mit anderen Augen! Ich brauchen keinen Alkohol um fröhlich zu sein und ein alkoholfreies Pilsener schmeckt mir genauso gut wie eines mit Alkohol. Was mich massiv stört ist, wie schwer es einem oft gemacht wird, keinen Alkohol trinken zu wollen. "Ach komm, einen musst du aber mit mir trinken..." Man muss selbstbewusst und stark sein, sich solchen sozialen Zwängen nicht zu fügen. Die Jugendlichen in dem Heim, in dem ich als Erzieher arbeite sind nicht so stark. Und so wird bei vielen von ihnen in ein paar Jahren der Alkohol mit dazu beigetragen haben, dass sie in ihrem Leben scheitern. Doch wen wundert das? Man muss sich in einem x-beliebigen Supermarkt nur einmal anschauen, wieviele Meter Regal mit Spirituosen und Alkoholika gefüllt sind.

    • FB
      Francois Bao
      @berndbonnhorn:

      Es gibt aber eben nicht nur FAS-Kinder und Jugendliche im Heim!

       

      Eben weil Alkohol jederzeit zur Verfügung steht, ist eine gute Diskussion und Aufklärung darüber, was Alkohol anrichten kann, und eben auch, wie man diese Droge sinnvoll nutzen kann, angesagt.

       

      Verbote sind selten eine Lösung, echte Aufklärung meistens.

  • Suchtmittel anzuprangern, löst keine Probleme. Nicht der Alkohol, Nicotin und andere Drogen verführen, sondern schwere Lebensumstände, psych. Belastungen verführen zu Suchtmitteln. Die Drogen zu verteufeln, ist Symptombekämpfung, das die Ursache nicht berührt. Bei so manchem verstärkt sich dadurch sicher sein Drang danach, da er gleichzeitig damit die Ablehnung gesellschaftl. Normen dokumentiert. Da gilt hauptsächlich für Jugendliche, deren "Erziehung" eher daneben lag.

     

    Alkohol lässt sich wegen seiner stark sedierenden Wirkung wenig mit Nicotin vergleichen, doch vielmehr mit harten Drogen, die ebenfalls wie Alkohol die Realität verzerren , sodass der Abhängige „entfliehen“ kann.

    Doch warum muss er entfliehen ?

    Die Probleme bei der Wurzel zu packen, scheint eine fast unlösbare Aufgabe zu sein, doch diese anzugehen, würde einen gesellschaftl. Umbau erfordern, der, wenn erfolgreich, den Geist auch wieder zum puren Genuss werden ließe und dem Winzer seine Ehrbarkeit.

  • T
    @Tartufo

    "Ich bin Psychotherapeut, und fast ¾ meiner Patienten berichten von mindestens einem Elternteil, dass massiv Alkohol konsumierte)"

     

    Und wie war das mit Korrelation und Kausalität?

  • Schön, dass endlich auch einmal öffentlich gesagt wird, dass Alkohol nicht nur dem Trinker selbst schadet, sondern vielen anderen Menschen auch. Beispiele? In Deutschland werden jedes Jahr ca. 3500 Baby mit fetalem Alkoholsyndrom geboren. Das ist größte Diagnosegruppe mit angeborener Behinderung. Ca. 2,5 Millionen Kinder leben bei Eltern, die zuviel Alkohol trinken, und haben dadurch ein fünf- bis achtmal höheres Risiko, psychisch krank zu werden (Ich bin Psychotherapeut, und fast ¾ meiner Patienten berichten von mindestens einem Elternteil, dass massiv Alkohol konsumierte). Bei häuslicher Gewalt ist fast immer Alkohol im Spiel, bei schweren Körperverletzungen ebenso. Und deshalb verstehe ich nicht, dass wir fast die niedrigsten Alkoholsteuern in der EU haben, und jeder gezwungen wird, für die ganzen Folgekosten aufzukommen (vom menschlichen Leid mal ganz zu schweigen). Diese Kosten müssten alle in den Preis der Alkoholika eingepreist werden.

  • K
    Kassandra

    Dem stimme ich uneingeschränkt zu!

  • UF
    @Ulrich Frank

    Solche monokaukausalen Erklärungen wie steigender Stress (was auch noch mal zu hinterfragen wäre) führen nicht weiter. Zumal der Alkoholkonsum eher abnimmt. Alkoholismus ist übrigens auch stark unter Rentnern verbreitet - hier dürfte wohl kaum Stress die Ursache sein.

  • V
    venceremos61

    2010:

    2509 tote durch berufskrankheit, 674 tote durch arbeitsunfall

    quelle:

    http://www.baua.de/de/Presse/Pressemitteilungen/2012/02/pm008-12.html

    wann wird endlich arbeit verboten?

     

    2012:

    3606 tote im strassenverkehr

    quelle:

    http://de.statista.com/statistik/daten/studie/185/umfrage/todesfaelle-im-strassenverkehr/

    wann wird der strassenverkehr verboten?

     

    und wo ist das problem, wenn ich aus gewohnheit oder zur entspannung trinke ? mein arzt sagt, eine flasche bier am tag wäre gesund. herr umgelter sollte nach saudi-arabien emigrieren, dort müsste es nach seiner theorie wesentlich friedlicher als hier in der brutalen welt der säufer und raucher sein.

    jetzt geh ich in meine stammkneipe (da darf ich noch rauchen) und versuche das mal mit dem passivsaufen.

    "passivsaufen"

  • S
    Super

    Wir könnten ja eifach alles verbieten, da immer in Prozentsatz X mit irgendetwas nicht klar kommt.

    Sport, Auto fahren oder Computer zB.

  • B
    berlin1055

    Und ganz zum Schluss sitzen wir alle zusammen bei Getreidekaffee mit Sojamilch und singen Hallelujah...oder haben wir doch noch andere Probleme (NSU, NPD, NSA etc...)

  • R
    Radarrobby

    Klar dass die Kozerne gegen Aufklärungsarbeit sind erstens gehts um viel Geld und zweitens sitzen auch in den oberen Etegen Alkoholiker und die trocknen doch nicht freiwillig ihre eigene Quelle aus.

  • UF
    Ulrich Frank

    Da würde ich doch erst einmal an dei Ursachen des Alkoholkonsums herangehen, die hier auch erwähnt werden: ständig steigender Stress - als am Symptom herumzukurieren. Aber da liegt offensichtlich der Hund begraben - der dazu führt, daß bei manchem der Tag mit dem Haar eines Hundes begonnen werden muß.

  • D
    D.J.

    @Francois Bao,

     

    "Und ist es von der taz zuviel verlangt, auf einseitig erhobene Verbotsvorschläge zu verzichten, wenn kein Diskurs stattfindet? Oder könnt ihr das nicht mehr?"

     

    Und einmal mehr muss ich die taz verteidigen: Nicht die taz macht hier die Verbotsvorschläge; am Anfang wird sogar relativ scharf nachgefragt.

    Übrigens machen Psychopharmaka, jedenfalls die heute gängigen, nicht abhängig. Sonst gehe ich mit Ihnen großteils konform (auch wenn es nicht unwichtig ist anzumerken, dass Alkohol- und Drogenabhängigkeit im Iran heututage ganz besonders verbreitet ist).

     

    @Vic,

     

    wieso "nur Saufen und Rauchen"? Offenbar hat Francois Bao auch viel Spaß am Sex :)

    • FB
      Francois Bao
      @D.J.:

      Nun, ihr bietet jemandem, der eiskalt die Prohibition fordert ein Forum: in Anbetracht einer solchen Forderung sind die Nachfragen mehr als windelweich.

       

      Und was Psychopharmaka betrifft: erst informieren, dann beurteilen! Die Anzahl der psychischen Krankheiten steigt immer noch rasant, und viele der gängigen verschriebenen Mittel verdanken ihre Wirksamkeit Stoffen, die schnell abhängig machen. Wer sie absetzt, ist auf Entzug. Und sehr vielen gelingt es nach längerer Einnahme nicht, irgendwann darauf zu verzichten. Und eine solche Abhängigkeit verläuft mitnichten ohne Nebenwirkungen.

       

      Ansonsten Danke für die Antwort. Und ja, ich habe Spaß an vielen Dingen des Lebens, und wehre mich hier auch stellvertretend gegen Menschen, die vieles madig machen wollen, das das Leben lebenswert macht. Auch Askese kann durchaus für einzelne sinnvoll sein, aber das möchte ich dann auch eben dem Einzelnen überlassen sehen, wie er sein Leben gestaltet.

       

      Vieles klingt für mich zunehmend so, als würde man niemandem mehr zutrauen, eigene Entscheidungen zu treffen, und sich selbst einzuschätzen. Diese Entwicklung gefällt mir ganz und gar nicht.

    • @D.J.:

      "Übrigens machen Psychopharmaka, jedenfalls die heute gängigen, nicht abhängig."

      Was wissen sie von Benzodiazepinen, wie Tavor und Diazepam ?

      Das sind physisch und psychisch hoch abhägingmachende Psychopharmaka und als Angstlöser und Beruhigungsmittel weitverbreitet.

       

      Dazu kommt, dass SSRI u.SNRI, die als angeblich harmlose Antidepressiva verabreicht werden, immerhin eine psych. Abhängigkeit erzeugen können, die von der Angst eines Rückfall genährt wird. Mir sind einige Betroffene bekannt, die schon etl.Auschleichversuche unternahmen und deren synaptische Gleichgewichte offenbar schon total im Arsch sind.

      Psychopharmaka- heute kein Suchtpotential- absoluter Unsinn !

  • D
    D.J.

    @D.J.,

     

    sorry wegen Wortdreher in vorletzter Zeile.

  • CK
    Christian K

    Wenn wir dann alle Nichtraucher und Nichttrinker sind, den ganzen Tag nur Vollwert futtern und alle zwei Wochen den Halbmarathon laufen, werden wir endlich den Zustand pimordialer Glückseeligkeit erreichen und noch mehr für noch weniger Geld malochen können (Rente mit 80 - bis dahin: "Aufstocken mit Arge"). Hoch lebe die Selbstoptimierung!

  • Zum "Passivsaufen":

    Werden in islamischen Ländern, die restriktiv gegenüber dem Alkohol sind, weniger Frauen verprügelt, weniger Menschen ermordet, weniger Verkehrsunfälle verursacht?

  • P
    Philipp

    Dann fehlt nur noch fetthaltiges Essen und gezuckerte Getränke zu verbieten.. Dann kann man in einer Kneipe nicht mehr rauchen, essen und trinken..

  • Nach dem Kampf gegen die Raucher also jetzt der Kampf gegen die Alkoholkonsumenten. Den Missionaren im Kampf für die Volksgesundheit ist dabei jedes Mittel recht. Auch Verdrehungen der Tatsachen. Da der Alkoholkonsum in Deutschland stark gesunken ist, nimmt man dann eben die Fehltage wegen alkoholbedingter Krankmeldung. Dabei ist es angesichts sinkender Arbeitslosenzahlen und des Drucks durch Hartz4 auch auf Menschen mit gesundheitlichen Problemen, einen Job anzunehmen, nicht verwunderlich, wenn mehr Menschen mit Alkoholproblemen jetzt in Beschäftigung sind, was natürlich auch die Zahl entsprechender Krankmeldungen erhöht.

    Der Gipfel ist jetzt noch die Erfindung des "Passivsaufens".

    Während man in der Türkei noch für die Freiheit gegen die Islamisten kämpft, sind wir hier dabei diese zum Wohle der Volksgesundheit schrittweise abzuschaffen

  • T
    Torben

    Wie ich die Datenlage des WHO Berichtes sehe, liegt der deutsche Alkoholkonsum leicht über dem europäischen Durchschnitt. Damit kann von einer Spitzenposition eigentlich nicht die Rede sein. Aber aus einer Statistik kann jeder lesen, was er will.

  • R
    runzbart

    wie hat meine vwl-lehrerin früher einmal sinngemäß gesagt: wenn ein land in der rezession steckt hilft immer eine naturkatastrophe, da beim aufräumen viel wertschöpfung erzeugt wird.

     

    während bei naturkatastrophen kein mensch am werk der natur verdient haben menschgemachte katastrophen den vorteil, dass gleich zweimal verdient wird.

    einmal beim schaffen der katastrophe (alkohol, nikotin, etc) und dann nochmal im gesundheitsbusiness um die folgen der katastrophe zu beseitigen.

    aus finanzpolitischer sicht ist alkoholkonsum also nur zu begrüßen.

     

    menschliche schicksale haben da leider keine rolle zu spielen, man muss eben opfer für sein vaterland bringen.

  • U
    Ungoliath

    Deutschland verkommt. Die Deutschen vertragen einfach nichts mehr.

    Wenn in den letzten 10 Jahren die Anzahl der suchtbedingten Fehltage um 17% gestiegen ist, die Anzahl der konsumierten Kippen pro Nase in den letzten 20 Jahren allerdings auf 2/3 (der pro Kopf-Verbrauch von Alkohol ist übrigens ebenfalls um ein Drittel runtergegangen in diesem Zeitrahmen) gesunken ist, dann ist irgendwas faul. Wir scheinen eine Generation von Niederdruckventilen herangezüchtet zu haben. Oder aber von gut bezahlten Teufelandiewandmalern mit Verbotsfetisch. Oder aber von nicht kritisch hinterfragenden Reportern.

     

    Übrigens:

    "Wenn die Jahre die besten wären, müssten wir nicht so viel trinken."

    Hier spricht der potentielle Suchti, der sich selber nicht traut.

    Die Jahre sind die Besten, weil wir uns halt Genuß (und ab&an mal einen Totalabsturz *hrhr*) leisten können.

     

    Und das Gejammer mit den Herz/Kreislaufkrankheiten, Tumorerkrankungen usw usw, die man durch Verzicht vermeiden könne: komisch, dann müßten hier ja Horden von Methusalixen rumrennen, die damals abstinent geblieben sind. Seltsamerweise sind aber bis jetzt eigentlich alle gestorben. Ohne Ausnahme.

  • SM
    Sophie M.

    Danke Hr. Umgelter. Ich bin froh, dass es noch Menschen gibt, die sich trauen das alles auszusprechen. Mitunter meine ich, Alkohol entwickelt sich immer mehr zu einem "In"-Konsumartikel. Schon in der heutigen Fernsehwelt gehört das Glas Sekt zur Einstimmung dazu und der Fernsehsendungsbraten und das Dessert kommen ohne Alkohol schon nicht mehr aus. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir in 20 Jahren dieselbe Entwicklung wie beim Tabakkonsum erleben.

  • FB
    Francois Bao

    Ich würde Herrn Umgelter empfehlen,in den Iran auszuwandern: dort wurden seine Vorstellungen weitestgehend umgesetzt.

     

    Sollte es denn wirklich noch niemandem aufgefallen sein, dass eine halbwegs funktionierende Leistungsgesellschaft ohne die Möglichkeit zum effektiven Sedieren zusammenbricht? Und dass Aufrufe zur Revolution auch bis jetzt nicht gefruchtet haben?

     

    Nehmt den Menschen alles weg, was das Leben in diesem System halbwegs erträglich macht, aber wundert euch nicht, wenn dann 100 neue Probleme entstehen.

     

    Ja, Alkoholismus ist schlimm, aber vielleicht lohnt es sich dennoch, die Frage zu stellen, wie viele Pschopharmakaabhängigkeiten durch das eine oder andere Glas Rotwein zum richtigen Zeitpunkt vermeidbar gewesen wären.

     

    Und was ist der nächste Vorschlag? Ein radikales Sexverbot, nach guter alter protestantischer Tradition? Weil die befürchteten Abhängigkeiten unkontrollierbar wären?

     

    Und ist es von der taz zuviel verlangt, auf einseitig erhobene Verbotsvorschläge zu verzichten, wenn kein Diskurs stattfindet? Oder könnt ihr das nicht mehr?

    • @Francois Bao:

      Wenn nur Saufen und Rauchen dein Leben in diesem System halbwegs erträglich macht, dann hast du ein Problem.

      • NE
        nyskyso even
        @vic:

        Wenn ein großer Teil der Bevölkerung das Leben nur besoffen und rauchend erträgt, dann ist das System das Problem.

  • D
    D.J.

    Und weiter geht es auf dem Weg in die Schöne Neue Welt. Ich bin jetzt 47 und hoffe in meinem Leben mittlerweile so viel Ungesundes zu mir genommen zu haben, dass ich eine Welt mit allzeit vernünftigen Abstinenzlern nicht mehr erleben muss.

    Und als Historiker darf ich noch an die banale Tatsache erinnern, dass die schlimmsten meist Fanatiker eben nicht die waren, die es sich gut gehen ließen, die es nicht so genau nahmen, sondern die Asketen.

  • K
    Kotter

    Der Mann hat ja Recht. Aber ich müsste auch nicht so viel saufen, wenn ich mein Gras einfach legal und ohne große Umstände kaufen könnte. Die juristische und soziale Wahrnehmung von Rauschmitteln ist in Deutschland einfach völlig neben der Realität, das betrifft nicht nur den Alkohol.

    • NF
      newsniM fre
      @Kotter:

      +1

      • H
        Hiks
        @newsniM fre:

        @Kotter +