piwik no script img

Studie zum KlimawandelAsiens Boomregionen unter Wasser

Stürme und Extremregen treffen in Asien vor allem die Megastädte, in denen die Wirtschaft wächst. Das bedroht Menschen und Unternehmen.

Überschwemmung auf den Philippinen. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein ungebremster Klimawandel gefährdet die guten Geschäfte von internationalen Konzernen und einen großen Teil der weltweiten Wertschöpfung in den zukünftigen Boomregionen der Erde. Besonders in den Megastädten Dhaka, Manila, Bangkok, Rangun, Jakarta, Ho-Chi-Minh-Stadt und Kalkutta können heftige Stürme und Regenfälle die Produktion und Versorgungsketten von Unternehmen stören.

Davor warnt der aktuelle, fünfte „Climate Change Vulnerability Index“ (CCVI) der britischen Risikobewertungs-Agentur Maplecroft. Zwei Wochen vor dem Beginn der nächsten UN-Klimakonferenz in Warschau richtet der Index damit die Aufmerksamkeit auf die ökonomischen Folgen des klimapolitischen Nichtstuns.

„Multinationale Unternehmen, die in den asiatischen Wachstumsökonomien operieren, werden über die nächsten Jahrzehnte wachsenden Umweltrisiken ausgesetzt sein“, befindet der Report. Er hat 50 Großstädte auf ihre Anfälligkeit untersucht und dazu die Lage der Bevölkerung, den Entwicklungsstand, Bildung, Regierungsführung und die Verfügbarkeit von Bodenschätzen mit dem Risiko von klimabedingten Katastrophen wie Stürmen, Hochwassern oder Extremregen kombiniert.

Neben den 7 Städten mit „extremem Risiko“ listet er weitere 19 Städte mit einem „hohen Risiko“ wie Delhi, Johannesburg, Mumbai, Lagos, Rio de Janeiro oder Hongkong und Schanghai. Ein geringes Risiko sieht er nur für Paris, London, Chicago, St. Petersburg und Madrid.

Die betroffenen Regionen sind nicht mehr die „armen Länder“ am Rand der globalen Ökonomie. Das Bruttoinlandsprodukt der Risikostädte erhöht sich laut Maplecroft bis 2025 von 275 Milliarden Dollar auf mehr als 800 Milliarden. Damit seien „Städte, die zu den Regionen mit dem höchsten Wachstumspotenzial gehören, auch unter den am meisten vom Klimawandel gefährdeten Regionen“.

530.000 Tote in 20 Jahren

Zudem drohen laut des Berichts 67 Länder Schäden durch Extremwetter, die 2025 ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung ausmachen. Bangladesch, Guinea-Bissau, Sierra Leone, Haiti, Nigeria, Kambodscha und die Philippinen haben unter „extremem Risiko“ zu leiden.

„Wenn Unternehmen in diese entstehenden Wachstumsmärkte expandieren, werden ihre Tätigkeiten und Versorgungsketten komplexen Klimarisiken ausgesetzt, die das Geschäft gefährden können“, sagt die zuständige Expertin der Agentur, Helen Hodge.

Bereits heute führt Extremwetter zu Schäden, die seit Jahren der „Globale Klima-Risiko-Index“ der Entwicklungs-NGO Germanwatch auflistet. Er zeigt, dass bisher vor allem die Ärmsten der Armen unter stärkeren Stürmen und häufigeren Flutkatastrophen leiden.

Demnach waren Honduras, Myanmar und Nicaragua zwischen 1992 und 2011 am stärksten von 15.000 extremen Wetterlagen betroffen – eine direkte Verbindung zum Klimawandel stellt der Report mangels wissenschaftlicher Beweise aber nicht her. Acht der zehn am stärksten betroffenen Länder in diesen 20 Jahren waren Staaten mit extrem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen, 530.000 Menschen starben, die Schäden lagen bei 1,7 Billionen Dollar.

Wie ungleich die Risiken verteilt sind, zeigt der aktuelle Bericht von „Maplecroft“ auch für New York City: Obwohl die Stadt vor einem Jahr die volle Wucht des Supersturms „Sandy“ abbekam, steht sie unter den 50 untersuchten Städten nur an Platz 41 mit „mittlerem Risiko“: Die starke Wirtschaft und gute Infrastruktur der USA und die gute Vorbereitung verhinderten extreme Schäden, schrieb die Agentur: „Einige Flughäfen und die Börse machten zwei Tage nach dem Sturm wieder auf.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wieder so ein alberner Aufguss hydrogeologischer Banalitäten.

     

    Die jeweiligen Standortproblematiken sind bei näherem Hinsehen seit der Gründungsphase der Siedlungen absehbar.

     

    Und?

     

    Das Problem ist ja dergestalt dass ausgerechnet große -halbwegs ebene- Flächen nur auf wenig stabilen Sedimentkörpern aus Deltaschüttungen vorhanden sind.

    Solche Gebiete sind immer der Kumulationspunkt von Starkniederschlägen, Rutschungen und meeresseitiger Erosion.

     

    Wirksamer bautechnischer Schutz ist immer möglich, saugt aber jeden Gewinn aus industrieller Produktion ab. Wird also nicht eintreten, man spielt bewußt unternehmerisch mit dem Risiko; kapitalistisch korrekt auch mit Menschenleben und der allgemeinen Dummheit.

     

    Gehts schief sterben die Opfer eben an "Klimawandel", weniger an Kapitalismus.

     

    Glück auf!

     

    Karl