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Koalitionsverhandlungen in BerlinAuf der Suche nach Milliarden

Die Gruppe „Arbeit und Soziales“ tagt am Montag zur Rente. Die Wahlversprechen von CDU und SPD sind zwar ähnlich, aber wie soll alles finanziert werden?

Gibt es für arme Renter künftig ein paar Euro mehr? Noch ist das nicht so klar Bild: dpa

BERLIN taz | Eigentlich müssten die Koalitionsverhandlungen nur so flutschen, wenn es um die Rentenfrage geht: Schließlich sind Union und SPD in den Wahlversprechen zur Rente nicht weit voneinander entfernt. Aber es bleibt ein Problem: Beide Parteien müssen jetzt erklären, wie denn die Vorschläge überhaupt finanziert werden könnten.

Am Montag und Dienstag tagt die 18-köpfige Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“, in der auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und CDU-Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sitzen. Das alleinige Thema sollen die Rentenversprechen von Union und SPD sein. Dazu zählen unter anderem die Erhöhung der Mütterrenten, die Aufstockung von Minirenten, die Verbesserung bei den Erwerbsminderungsrenten und der frühe abschlagsfreie Zugang zu Altersrenten für langjährig Versicherte.

Das wird teuer. So kostet allein die Erweiterung der Mütterrenten, die vor allem von der Union gefordert wird, 6,4 Milliarden Euro im Jahr. Bisher werden die Kindererziehungszeiten für Nachwuchs, der vor 1992 geboren wurde, rentenrechtlich niedriger bewertet als für später geborene Kinder. Die Union will das ändern und fordert eine Aufstockung der Renten für ältere Mütter um monatlich 28 Euro im Westen und 26 Euro im Osten je Kind.

Steuermittel oder Beitragsmittel, das ist die Frage

Doch wer soll das finanzieren? Die Rentenbeitrags- oder die Steuerzahler? Die alternierende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, Annelie Buntenbach, die auch im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes sitzt, erklärt: „Die bessere Bewertung von Kindererziehungszeiten und auch die Solidarrenten gegen die ärgste Altersarmut müssen unbedingt aus Steuermitteln finanziert werden.“ Die Frage stellt sich: Aus welchen Steuern genau?

Die „Solidarrente“, von der Union „Lebensleistungsrente“ genannt, ist das zweite Rentenversprechen, wo SPD und Union nicht so weit auseinanderzuliegen scheinen, die aber auch ins Geld gehen. Kleinrenten sollen bis zu einer Höhe von 850 Euro brutto aufgestockt werden können, bei dieser Summe sind sich die Parteien einig.

Diese Zuschussrenten sollen langfristig je nach Modell und Hochrechnung zwischen 1,5 und 15 Milliarden Euro jährlich kosten. Während CDU-Ministerin Ursula von der Leyen eine Finanzierung wenigstens teilweise aus Mitteln der Rentenkassen vorschlug, will die SPD Steuergelder dafür heranziehen – Genaueres bleibt auch hier unklar.

Möglich wäre daher, dass sich die Parteien nicht rasch auf die Einführung einer Zuschussrente einigen, sondern über die Unterschiede in den Konzepten streiten. So möchte die CDU als Voraussetzung für eine Lebensleistungsrente, dass die Kleinverdiener privat vorsorgen, etwa über eine Riester-Rente. Die SPD will solche Voraussetzungen nicht.

Rentenversicherung warnt vor höheren Beiträgen

Die Rentenkasse ist derzeit gut gefüllt, rein rechnerisch müsste der Beitragssatz Anfang 2014 von heute 18,9 Prozent auf 18,3 Prozent sinken, teilte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit. Ein erster Schritt, um die Verbesserungen zu finanzieren, könnte also darin bestehen, den Beitrag einfach nicht zu senken. Darauf könnten sich Union und SPD per Gesetz einigen.

Ein Sprecher der DRV warnt aber vor den längerfristigen Folgen, Beitragsmittel für die Wahlversprechen heranzuziehen: „Würden die zusätzlichen Leistungen bei der Kindererziehung aus Beitragsmitteln und nicht aus Steuermitteln finanziert, dann würde dies zulasten der Nachhaltigkeitsrücklage gehen und diese schneller in Richtung Mindestrücklage sinken. Finanziert werden müsste die Ausweitung der Kindererziehungszeiten dann in der Folge über entsprechend höhere Beitragssätze.“ Am Montag und Dienstag wird in der Arbeitsgruppe aus Union und SPD also vor allem heftig gerechnet werden.

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1 Kommentar

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  • UM
    Untreuer Michel

    Würde man die Familienmitglieder, der Quandts, auf gesetzliche Grundsicherung setzen, so könnte man deren Raub- und Erbschafts-Milliarden, deren Jahres-Dividenden, für die Anhebung der Armutsrenten verwenden! Deren Jahresdividende, nur vom BMW-Konzern, lag (zusammen) im Jahr 2010 bei 648 Millionen Euro (- ohne deren persönliche Arbeitsleistung und Mehrwertschöpfung). Auch deren Steuerleistung ist ein Ergebnis aus der Mehrwertschöpfung der differenzierten Lohnarbeit, der zumeist eigentumslosen Beschäftigten (dies wird gerne von den TV-Henkels und Co's unterschlagen)! -

     

    Analog, so auch, bei den weiteren bisherigen Angehörigen der Finanz- und Monopolbourgeoisie, deren Banken-, Vorstands- und Spekulanten-Administration! Dies wäre ein erster Anfang für die überfällige Aufhebung der bestehenden bundesdeutschen Gesellschaftsordnung und für die ernsthafte emanzipatorische Umgestaltung!

     

    Aufwachen, brave treu....deutsche Michels! (?)