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NPD-Aufmarsch in SchneebergTausende gegen Neonazis

Schneeberg für Menschlichkeit: Unter diesem Motto stellten sich Bürger in der sächsischen Stadt einer von der NPD organisierten Demo gegen Asylbewerber entgegen.

Nazis entgegentreten – Bürger in Schneeberg. Bild: dpa

SCHNEEBERG dpa | Die sächsische Stadt Schneeberg wehrt sich gegen fremdenfeindliche Töne in der Flüchtlings- und Asyldebatte. Am Samstagabend versammelten sich bei Gegendemonstrationen mehr als 2.000 Menschen in der Erzgebirgsstadt, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. In den vergangenen Wochen hatte es dort unter der Regie der rechtsextremen NPD mehrere Demonstrationen gegen ein Asylbewerberheim gegeben.

Auch am Samstag erhielt die von einem Rechtsextremisten als Privatperson angemeldete Kundgebung auf dem Schneeberger Marktplatz Zulauf von etwa 1.500 Menschen. Zu Protesten gegen eine Vereinnahmung der Stadt durch Rechte hatte dagegen eine Initiative „Schneeberg für Menschlichkeit“ aufgerufen.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) warnte vor der NPD. „Wenn sie an der Macht wäre, würde der eine oder andere von uns Asyl brauchen, weil wir dann Verfolgte wären“, sagte er vor mehr als 1.000 Menschen in Rufweite zur jener Kundgebung, die auf Betreiben der NPD auf dem Marktplatz stattfand.

Ulbig sagte auch, dass man die Einwohner von Städten mit Unterkünften für Asylbewerber mit Sorgen und Fragen nicht allein lassen dürfe. Der Innenminister ist für eine Beschleunigung des Asylverfahrens auf drei Monate und verlangt eine Ablehnung jener Bewerber, die Straftaten begangen haben.

Kundgebungen getrennt

An einem anderen Zugang zum Markt protestierten zeitgleich etwa 1.500 Demonstranten diverser Antifa-Gruppen aus ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus. Vom Marktplatz selbst wurde der Ruf nach einem Bürgerentscheid zur Unterbringung von Asylbewerbern in Schneeberg laut. Die Polizei hatte die verschiedenen Kundgebungen mit einem Großaufgebot an Beamten strikt getrennt, so dass es bis zum Abend in der Kleinstadt ruhig blieb.

In Schneeberg war im August eine frühere Bundeswehrkaserne zu einer Außenstelle der zentralen Erstaufnahme von Asylbewerbern in Sachsen hergerichtet worden. Ein vermehrter Flüchtlingsstrom hatte zuvor die Zentrale in Chemnitz überfordert, so dass Betroffene wochenlang in Zelten und Container hausen mussten. In Sachsen leben derzeit etwa 5.000 Asylbewerber, der Ausländeranteil lag Anfang dieses Jahres nur bei 2,2 Prozent.

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9 Kommentare

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  • L
    labimmellabammellabum

    Ergreifend diese Laternenumzüge

  • HB
    Harald B.

    Der Tenor des Artikels ist unscharf. Die Menschen protestieren gegen die NPD, die Mehrheit von ihnen ist aber auch sie sind aber gegen die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen aus aller Welt, die über das Asylrecht bei uns einwandern (wollen). Und das hat mit Nazis, Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit nichts zu tun, auch wenn man das immer so hinstellt.

    • @Harald B.:

      Manche Felder überlässt die Politik den Deppen von der npd. Dazu gehört im Übrigen auch das Gedenken an deutsche, nichtjüdische Opfer Hitlers und des 2. Weltkrieges sowie ein respektvolles Andenken an unsre Urgroßväter, die in eine Maschinerie gelangt sind und innerhalb dieser Kräfte und Leidensfähigkeiten entwickelten, die uns gemütlichen Konsummenschen nicht mal richtig vorstellbar sind.

      • @Viccy:

        Stimmt. Man hat beispielsweise sehr wenig Aufklärung um die von den Nazis getöteten Sinti und Roma betrieben. Das ermöglicht heute eine einwandfreie Hetze gegen "Zigeuner".

  • H
    Hassvernichterin

    Na - und wie man sieht, im Kerzenschein ein Machtwort des strammen CDU-Innenministers: Wenn Asylbewerbe Straftaten begingen, sollen sie sofort abgeschoben werden"! Das erfreut ja die Landtagskollegen von der NPD im Sächsischen Landtag.

    Nun, mit Lichtlein gegen Fremdenhass zu demonstrieren, das dürfte ja schön fürs Foto sein - helfen wird es den Flüchtlingen ganz sicher nicht.

    Solange Nazis Straftaten vor den Augen der Polizei begehen, so sollte ihr oberster Dienstherr genau so vorgehen...

  • F
    Fackelnimwind

    Tausende NPD Gegner protestieren mit Lichtern in den Händen in Schneeberg - ein schönes Bild, das sicherlich ungewollt, an die Fackelumzüge der Nazis erinnert.

    • @Fackelnimwind:

      Mein Teelicht erinnert mich auch immer an einen Fackelumzug, ja. Die Parallelen sind evident.

  • A
    Ans

    Schade, dass die taz offensichtlich nicht vor Ort war. Am Rande des Fackelmarsches wurde ein Berliner Journalist krankenhausreif geschlagen - vor den Augen der Polizei: http://www.sehnsuchtsort.de/?p=6732

  • Ist ja prinzipiell sehr erfreulich, wenn in großem Umfang gegen die NPD demonstriert wird. Aber ob die meisten der Demonstranten aus Schneeberg stammen und von dem Asylbewerberheim selbst betroffen wären, wäre ja noch mal eine andere Frage. An einem Heim in 20-50 KM Entfernung stört man sich ja weitaus schwieriger.