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Proteste in ThailandSchlafen im Finanzministerium

Zwei große Ministerien sind besetzt, die Demonstranten fordern den Rücktritt der Ministerpräsidentin. Diese will mit den Protestführern verhandeln.

Nichts geht mehr: Protest in Bangkok. Bild: dpa

BANGKOK ap | In Thailand setzen Gegner der Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra ihre Proteste fort. Sie kündigten am Dienstag an, staatliche Büros im ganzen Land unter ihre Kontrolle zu bringen.

Von der Opposition angeführte Demonstranten kampierten über Nacht vor dem Finanz- und dem Außenministerium, die sie am Montag erstürmt hatten. Beide blieben am Dienstag geschlossen, ebenso das Landwirtschaftsministerium, das Angestellte aufforderte, nicht zur Arbeit zu kommen.

Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Ministerpräsidentin. Die Opposition wirft Yingluck vor, nur eine Marionette ihres im Exil lebenden Bruders Thaksin Shinawatra zu sein, der 2006 durch einen Militärputsch abgesetzt worden war. Am Wochenende hatte es mit mehr als 150.000 Teilnehmern die größten Proteste von Thaksin-Gegnern in Bangkok seit Jahren gegeben. Yingluck rief zur Ruhe auf bot an, mit den Protestführern zu verhandeln.

Die Besetzung der Ministerien am Montag hatte Ängste geschürt, Thailand könnte ein neues Kapitel der politischen Instabilität bevorstehen. Als Reaktion auf die Ereignisse weitete Yingluck spezielle Sicherheitsgesetze aus, die es den Behörden unter anderem ermöglichen, in der Hauptstadt Bangkok Straßen abzuriegeln und den Zugang zu Gebäuden zu beschränken.

Dienstag ist „Ruhetag“

Die größte Protestgruppe erklärte den Dienstag zum „Ruhetag“. „Morgen wird es eine landesweite Bewegung geben“, sagte Protestsprecher Akanat Promphan. Ziel sei es, den Betrieb der Regierung zum Erliegen zu bringen, indem Büros und staatliche Behörden eingenommen würden.

Die Protestkampagne gegen die Regierung begann im Oktober, nachdem die regierende Partei versucht hatte, ein umstrittenes Amnestiegesetz zu verabschieden. Dabei ging es um Straffreiheit für alle, die in gewalttätige Unruhen seit 2004 verwickelt waren. Die oppositionelle Demokratische Partei befürchtete, mit dem Gesetz könnte auch für den ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin der Weg für eine Rückkehr aus dem Exil geebnet werden. Der Senat lehnte den Gesetzentwurf ab.

Anhänger Thaksin versammelten sich angesichts der regierungsfeindlichen Proteste zu einer eigenen Kundgebung in einem Stadion in Bangkok. Sie kündigten an, so lange zu bleiben, bis die Opposition ihre Demonstrationen absagt. Viele befürchten, es könnte zu neuen Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Thaksin-Anhängern kommen.

In den vergangenen Jahren war es mehrfach zu wochenlangen Auseinandersetzungen zwischen Thaksins sogenannten „Rothemden“ und den „Gelbhemden“ der Opposition gekommen. 2010 kamen dabei rund 90 Menschen ums Leben.

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1 Kommentar

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Das Amnestiegesetz für Thaksin war ein schwerer politischer Fehler. Doch die Opposition brauchte ohnehin nur einen Grund für ihre demokratiefeindlichen Aktionen. Denn sie weiß, daß sie auf demokratische Weise nicht an die Macht kommen kann. Die Armen sind viel mehr in Thailand, und sie werden sich ihrer Möglichkeiten langsam bewußt. Dies ist nur gut für Thailand, wo feudale Strukturen bestehen. Doch die Eliten fürchten um ihre Pfründe. Die Regierung kann auch nicht auf sie schießen lassen. Hier ist internationaler Beistand für die rechtmäßig gewählte Regierung Shinawatra nötig. Für die westliche Welt geht es um ihre System-Integrität, für Thailand um das Wohl des Landes.