piwik no script img

Debatte SexismusEin #Aufschrei der Vielen

Margarete Stokowski
Kommentar von Margarete Stokowski

Eine Frau, die glaubt, ein unglücklicher Einzelfall zu sein, wird keine Revolte starten. Vor einem Jahr hat #aufschrei gezeigt, wie Kollektive entstehen können.

Der Aufschrei war laut - und dringend nötig. Bild: Cicoo / photocase.com

E in Jahr ist es her, da wurde plötzlich auf allen Kanälen über Sexismus – und damit über Macht, Gewalt und Geschlecht – diskutiert. Verschiedene Ereignisse waren zusammengekommen: Da war das Porträt über Rainer Brüderle, das Laura Himmelreich im Stern schrieb („Sie können ein Dirndl auch ausfüllen.“). Da war der Spiegel-Artikel von Annett Meiritz über Frauenfeindlichkeit in der Piratenpartei. Da war die tödliche Gruppenvergewaltigung einer Inderin im Dezember 2012. Da war ein Beitrag im Blog kleinerdrei, in dem Maike Hank beschrieb, wie sehr Frauen heute an sexuelle Übergriffe gewöhnt sind und sie oft hinnehmen in einer Mischung aus Angst und unterdrückter Wut.

Und dann war da die Nacht vom 24. zum 25. Januar 2013, als Nicole von Horst unter ihrem Twitternamen @vonhorst Erfahrungen beschrieb, die von Alltagssexismus, Übergriffigkeit, Macht- und Sprachlosigkeit handelten. Erfahrungen wie diese: „Der Arzt, der meinen Po tätschelte, nachdem ich wegen eines Selbstmordversuchs im Krankenhaus lag.“ Anne Wizorek, @marthadear, antwortete: „Wir sollten diese Erfahrungen unter einem Hashtag sammeln. Ich schlage #aufschrei vor.“

Hashtags werden in sozialen Netzwerken Schlagworte genannt, die mit einer Raute (engl.: hash) versehen werden und mit denen sich Nachrichten einem Thema zuordnen lassen. #aufschrei war ein Fanal. Über Nacht wurde es zu einem der meistgenutzten Hashtags in Deutschland. Innerhalb von zwei Wochen wurden rund 58.000 Tweets dazu geschrieben, rund 26.000 Menschen beteiligten sich.

Tausende Frauen berichteten von Erlebnissen mit alltäglichem Sexismus: „Der Typ, der nachts einfach neben mir stand und wissen wollte, ob ich einen Freund habe.“ – „Der Kollege, der mich gefragt hat, ob ich unten rasiert sei.“ – „Die unzähligen Male, die ich als humorlos bezeichnet wurde, weil ich einen ,leichten Klaps‘ auf den Arsch nicht witzig fand“. ‒ „Der Typ, der mich als F*tze beschimpfte, als ich lieber ein Buch lesen wollte als mit ihm zu reden.“ ‒ „Der Typ, der sich in einer komplett leeren Straßenbahn direkt neben mich setzte.“

Ein ganz neuer Aneignungsprozess

Die meisten Hashtags bleiben da, wo sie herkommen: im Internet. #aufschrei dagegen hat die Grenze zwischen Online und Offline überschritten. Printmedien und Radios berichteten, Talksendungen luden ein, Menschen diskutierten: Wo fängt Belästigung an? Wie geht man mit übergriffigen Vorgesetzten und Kollegen um? Warum ist es so schwer, sich zu wehren?

Damit zeigte sich aber auch: Die Grenze zwischen Online und Offline ist keine Grenze zwischen „dem Internet“ und dem „richtigen Leben“. Es waren erlebte Geschichten, in denen meistens Frauen die Opfer waren. Ihre Geschichten auf Twitter zu erzählen, war für viele ein ganz neuer Aneignungs- und Einordnungsprozess. Eine Frau schrieb: „Meine erste Reaktion zu #aufschrei: Krass, was anderen so passiert ist.“ Und dann: „Meine zweite Reaktion zu #aufschrei: Was mir doch alles wieder einfällt, wenn ich es mal nicht selbst verdränge und kleinrede.“

Laura Himmelreich, die Autorin des Brüderle-Porträts, sagt heute, ein Jahr nach dem Aufschrei, die Sexismus-Debatte habe vor allem die Fragen gestellt: „Warum gibt es Sexismus? Und warum nehmen wir ihn so unterschiedlich wahr?“ Vielleicht ging es aber auch um eine noch grundlegendere Frage: Wie verbreitet ist Sexismus überhaupt in unserer Gesellschaft? Die Diskussion konnte schließlich nur so laut werden, weil es schon lange ein Problem mit alltäglichem Sexismus gab, der viel zu selten als solcher benannt wurde.

Nicole von Horst sagte später über ihre #aufschrei-Tweets, es sei ihr darum gegangen, „Worte für Geschehnisse zu finden, die ich für unerklärbar, nicht aussprechbar hielt“. Tatsächlich können bestimmte Begriffe da, wo Erfahrungen unaussprechbar scheinen und zu Selbstzweifeln, Scham, Ängsten und Einsamkeit führen, wie ein Werkzeug sein, das man braucht, von dem man aber nicht mal weiß, dass es existiert. Als es den Begriff der „sexuellen Belästigung“ noch nicht gab, oder den der „Vergewaltigung in der Ehe“, fanden viele Betroffene schlicht keine Worte für das, was ihnen passiert war.

Und nun gab es #aufschrei – ein Synonym für Protest gegen Sexismus im Alltag.

Versuch der Entmündigung

Wer unangenehme Erfahrungen als solche beschreibt, legt immer auch eigene Wunden offen: Eine Geschichte dem #aufschrei zuzuordnen, hieß zuzugeben, dass man eine Situation nicht einfach ignorieren oder vergessen konnte. Aber gleichzeitig hieß es festzustellen, dass man nicht allein ist.

Simone de Beauvoir schrieb in „Das andere Geschlecht“: „Am Rande der Welt situiert zu sein, ist keine günstige Ausgangslage für einen, der vorhat, die Welt neu zu erschaffen.“ Eine Frau, die glaubt, ein unglücklicher Einzelfall zu sein, wird keine Revolte starten – gerade in einer Gesellschaft, in der Frauen eher lernen zu lächeln als zu kämpfen. Eine Frau dagegen, die sich als Teil eines Kollektivs fühlt, ist stärker.

Als im Juni ein Grimme Online Award verliehen wurde an „alle, die sich konstruktiv an #aufschrei beteiligt haben“, war die Begründung der Jury, erst durch Twitter habe die gesellschaftliche Debatte über Sexismus an Dynamik gewonnen. Dieses „Twitter“ sind einzelne Menschen. Sie haben die Wirkungsmacht eines Kollektivs bewiesen, das sich zuvor nie als solches konstituiert hatte.

Natürlich gab es unter denen, die das Hashtag #aufschrei benutzten, auch viele, die es ironisch verwendeten und für sexistische Witze nutzten. Unzählige Male wurde twitternden Frauen vorgeworfen, sie würden übertreiben, sich wichtig machen oder sich ihre Erlebnisse ausdenken. Eine Frau schrieb: „Frühmorgens, Großstadt, an der Ampel, auf einmal eine wildfremde Hand an meiner Anzughose. ,Süßer Hintern‘.“ Jemand antwortete: „Träume sind doch was Schönes.“

Solche Beispiele zeigen, wie Sexismus funktioniert: als Versuch der Entmündigung und Herabsetzung. Wer eine übergriffige Erfahrung als „Traum“ umdeutet, sagt damit: Netter Versuch, aber die Definitionsmacht habe ich.

Niemals ein individuelles Problem

Wer nicht glaubt, dass zur Teilnahme am #aufschrei eine Menge Mut gehörte, kann sich eines Besseren belehren lassen: Die Erlebnisse und die Reaktionen darauf sind auf Twitter schriftlich dokumentiert. Sofern nicht allzu viele Menschen ihre Beiträge löschen, kann jede und jeder nachlesen, was Sexismus ist und mit welchen Mitteln hier gekämpft wird.

Die beschrieben Erfahrungen folgen immer wieder ähnlichen Mustern: Immer wieder Hände, die wie durch Zufall auf Körperteilen landen, wo sie nichts zu suchen haben. Immer wieder Bemerkungen, die auf den Körper der Betroffenen abzielen. Immer wieder unangemessene Fragen zu sexuellen Erfahrungen und Vorlieben.

Das zeigt: Sexismus ist niemals ein individuelles Problem. Wer sexistische Übergriffe mit einzelnen Fakten aus dem Leben der Betroffenen erklären will, hat den #aufschrei nicht verstanden. Wenn eine Frau erzählt, dass sie belästigt wurde, hilft es nicht, zu fragen: Was hattest du an? Wie hast du dich gewehrt? Warst du betrunken? Keine der Antworten auf diese Fragen erklärt, warum Übergriffe geschehen. Wer die Gründe beim Opfer sucht, betreibt „victim blaming“: Er beschuldigt die Betroffene, ihr Unglück selbst herbeigeführt zu haben.

Sexistische Übergriffe geschehen nicht, weil jemand zu schüchtern ist oder sich nicht wehrt. Sondern weil jemand anderes die Macht hat, Grenzen zu überschreiten.

Zu sagen, dass es beim #aufschrei nicht um Einzelfälle ging, sondern darum, Machtgefüge zu zeigen, bedeutet allerdings nicht, die Akteure von ihrer individuellen Verantwortung zu entbinden. Zu verstehen, wozu der #aufschrei gut war, bedeutet zu verstehen, dass diejenigen, die sexistische Witze machen, übergriffig „flirten“ und Frauen einfach nicht in Ruhe lassen können, nicht bloß einen schlechten Humor haben, sich gerne unterhalten oder eben etwas dynamischer gestrickt sind, sondern dass sie Machtstrukturen ausnutzen. Der Hinweis, die Angegriffene hätte sich wehren können, schlägt fehl. Eine Gesellschaft, in der eine Frau ständig zum Rückschlag bereit sein muss, ist eine Arschlochgesellschaft.

Auch die Seite alltagssexismus.de dokumentiert Fälle von Alltagssexismus. Anders als auf Twitter können die Beiträge hier auch länger als 140 Zeichen sein und anonym eingereicht werden. Ähnliche Projekte sind everydaysexism.com und ihollaback.org.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
Mehr zum Thema

41 Kommentare

 / 
  • EV
    Einfach Vica

    Ein trauriger und absolut sexistischer Artikel über Sexismus, welcher absolut geschlechterübergreifend ist. Ich lese hauptsächlich in diesem Artikel von Frauen. Sehr peinlich. Sexismus beginnt dort, wo ein Junge nicht mit Puppen spielen darf, wo Männer nicht weinen dürfen, da dies "nicht männlich" sei, usw.

    Antisexismus bedeutet, fern von faschistoiden Klischees zu denken und zu leben, dies gilt für ALLE Geschlechter. Wir sind Individuen. Und keine Schubladen, von denen hatten wir 33 bis 45 schon genug, wird echt Zeit, dass wir Menschen, jeder einzelne für sich und wir alle als Gesamtheit begreifen, dass jeder einzigartig ist und wir alle jedes Recht auf gleiche Gefühle, gleiche Rechte und gleiche Behandlung haben.

    • A
      antwort
      @Einfach Vica:

      du hast es nicht verstanden!

      ich empfehle dir eine Auseinandersetzung mit den Themen Patriachat, weiß sein, Privilegien eines weißen Mannes.

      Sexismus kann niemals gegen Männer gerichtet sein, da sie Machtstrukturen und Privilegien des Patriachats nutzen können. Sexismus ist die Undrückung der Frau durch Männer. Um nicht falsch von dir interpretiert zu werden: es gibt Gewalt und sexuelle Gewalt gegen Jungen und Männer. Dies beruht jedoch nicht auf strukturellen Machtstrukturen, wie es bei einer Frau wäre.

      Das was du ansprichst geht in Richtung Gendertheorie. Ich finde den Ansatz erstrebenswert, doch solange dieser Zustand, die Auflösung von geschlechtlicher Zuschreibung, nicht stattgefunden hat, solange bedarf es einer Auseinandersetzung mit strukturellenMachtverhältnissen, Aufrechterhaltung von Privilegien(durch Unterdrückung) etc..

      Dies kann für mich parallel geschehen aber abzusprechen, dass es in der "jetztigen" Realität keine Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt, dass finde ich etwas vermessen und ignorant!

  • M
    Mirreichts

    Wir leben in zunehmendem Maße in einer Arschlochgesellschaft. Man schaue sich doch nur die ständigen Tipps an, die Mann/Frau bekommt, der zwar fremdgehen will, aber zeitgleich nicht seine Beziehung aufs Spiel setzen will? Wie egoistisch und pervers ist das denn? Täglicher Konsum von Titten und Ärschen verdummt uns. Aber wir wollen es ja! Also brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir wie Dreck behandelt oder verarscht werden. Wir wollen ja die Lüge weiterleben. Also Beine breit machen, zum Silikondoktor gehen und uns nicht wundern, warum wir Frauen nur ein wertloses Stück Fleisch sind.

    • @Mirreichts:

      Wieviele Titten und Ärsche konsumieren Sie denn so täglich?

  • H
    Herbhardt

    Wer Brüderles dümmlichen Anmachversuch und die widerlichen Vergewaltigungen in Indien in einen Zusammenhang zu bringen versucht, wie es von Seiten der Aufschrei-Front bzw. der FES erfolgte, verrät sich selbst und hat bei mir jedes Recht verwirkt ernst genommen zu werden

    • TL
      The Lion
      @Herbhardt:

      Wie nah der Text der Autorin am Leben dran ist, zeigt Ihr Kommentar überdeutlich. Jene selbstgerechte Formulierung "...hat bei mir jedes Recht verwirkt blablabla..." ist eine typisch phallische und in dem Fall verbale Geste von DEFINITIONSMACHT-Anspruch.

  • P
    PizzaPizza

    "Sexistische Übergriffe geschehen nicht, weil

    jemand zu schüchtern ist oder sich nicht wehrt.

    Sondern weil jemand anderes die Macht hat, Grenzen zu überschreiten."

     

    Was wäre das denn für eine Macht? Gutes Aussehen, Geld, Charme, Humor, Intelligenz? Vielen Dank das sie damit jeden Flirt als sexistischen Übergriff bezeichnen und zeigen worums ihnen eigentlich geht - jeden auch noch so zivilisierten Umgang, zwischen den Geschlechtern als moralisch schlecht zu diffamieren.

    Für den desexualiserten Infantilcharakter, ist die gesamte Außenwelt nur da um ihn zu Quälen und jegliche Annäherung die das eigene Ich in Frage stellen könnte, muss abgewehrt werden. Das Geschwätz von der Grenzüberschreitung zeitigt davon.

  • R
    RedHead

    @Irrlicht:

    Also Macht entsteht ihrer Meinung nach erst durch ihre Anwendung. Diese Rekursion finde ich an dieser Stelle komisch, aber ich gehe mal des Argumentes wegen darauf ein: Damit haben Frauen potentiell die gleiche Macht wie Männer. Männer mögen dieses Potential eventuell häufiger nutzen (kann ich gerade nicht nachvollziehen- weder bestätigen noch widerlegen) und hätten damit im Durchschnitt mehr Macht. Aber die Gruppenzuweisung und damit verbundene Kollektivschuld bleibt damit ziemlich willkürlich. Was kann ich denn dafür, dass sich andere Männer nicht benehmen können? Inwiefern gliedert mich das Fehlverhalten anderer in eine Machtstruktur ein? Was ist daran mein Versäumnis und was kann ich daran ernsthaft verbessern? Mir ständig nur vorzuhalten, ich als Mann sei automatisch Täter (wie bei Feministen üblich) ist jedenfalls nicht hilfreich.

    • G
      gast
      @RedHead:

      falls du wirklich Interesse an einer Auseinandersetzung hast...

      Was kann ich denn dafür, dass sich andere Männer nicht benehmen können? Inwiefern gliedert mich das Fehlverhalten anderer in eine Machtstruktur ein? Was ist daran mein Versäumnis und was kann ich daran ernsthaft verbessern?"

      lies das Buch: der weiße Mann von Luca di Blasi

  • Solange die selbsternannten Diktatoren ( müssen nicht die #aufschrei Initiatoren sein) von Sexualmoral und öffentlicher Ettikette vortfahren die Erlebnisse von Männern systematisch zu kaschieren und lächerlich zu machen ( "white male tears sind mein Gummibärensaft" ) und propagieren das Männer(alle) keinesfalls Opfer von Frauen sein können, solange werde ich dem sichtbaren Feminismus mit unverholener Verachtung gegenüber stehen. Den Feminismus der tatsächliche Aktionen zur Gleichberechtigung in Gesellschaft und Juristerei für alle Menschen vorantreibt und dafür wirbt kann ich nicht endecken. Ich bitte um Beispiele die mich vom Gegenteil überzeugen.Die komfortable Position immer das Opfer zu sein/repräsentieren wird eifersüchtig bewacht um weiterhin die Deutungshoheit über Frauen zu haben.

     

    Wahre Humanisten würden die Nachteile/Probleme von allen Beteiligten ernst nehmen und schon gar nicht verharmlosen. Kritik würde nicht sofort als pers. Angriff verstanden werden, während die Kritik innerhalb "der Gruppe" auch für außenstehende hörbar wäre. All das fällt mir nicht ein wenn ich "Feminismus" höre. Schönen Tag noch wünscht ihnen J. Slowik.

  • Im Grunde ist es immer dasselbe Problem. Alle Menschen kennen die problematische Erfahrung, um die es eigentlich geht. Ausschlaggebend ist das Machtgefälle zwischen Personen (oder Gruppen), das missbraucht wird von der, die physisch überlegen oder gesellschaftlich höhergestellt ist. Es geht um die Erfahrung existentieller Ohnmacht, die alle Menschen kennen, auch wenn sie andere oder keine Begriffe dafür finden.

     

    Das eigentliche Problem, um das sich der Artikel richtigerweise dreht, ist rational so schwer fassbar, weil es tiefer begründet ist im Menschen, als Begriffe es ausdrücken können. Meist werden deshalb nur Oberflächen betrachtet, bloße Worte oder Handlungen problematisiert - und relativiert. Die Ohnmacht aber bleibt nicht nur schwer fassbar, sie wird nicht (an)erkannt. Aber sie ist da und sie äußert sich, z. B. in Depression oder Aggression.

     

    Ursächliches Problem ist die Tiervergangenheit, die dem Menschen in den Knochen steckt und sein Handeln bestimmt. Es ist schlichtes Dominanzverhalten, das sich durch Diskriminierung äußert. Eine Gesellschaft kann sich für noch so entwickelt halten, aber solange instinktive Verhaltensmuster im Alltag dominieren, sich äußern in Sexismus, Rassismus und jeder Form der Diskriminierung, ist das zivilisierte Selbstbild nur eine selbstgefällige Maske.

     

    Sind unbewusste Verhaltensmuster das Problem, sollte das Schaffen von Bewusstsein die Lösung sein. Doch wehren sich viele dagegen. Denn die Oberflächen, durch die sie andere von sich verschieden betrachten, sind Teil ihres Selbstbegriffes. Weil sie gelernt haben, anhand dieser Verschiedenheiten nicht nur dominiert zu werden, sondern selbst zu dominieren. Wie die unzähligen Generationen zuvor geben sie die problematischen Erfahrungen weiter an schwächere Personen/Gruppen.

     

    Prinzipiell kann jeder Mensch existentieller Ohnmacht ausgesetzt sein. Deshalb sollte es im Interesse jedes Menschen liegen, diese Verhaltensmuster prinzipiell aufzubrechen.

    • @Regenwetter:

      Es ist wahr, es gibt Instinkte.

      Ein Instinkt kann man allerdings nicht durch Schaffung des Bewusstseins eliminieren (in Clockwork Orange würde gehen, aber ist es das was wir wollen?)

      Instinkte sind evolutionär bedingt, zum Erhalt der Art, mehr nicht. Das hat auch zunächst nicht mit sexueller Diskriminierung zu tun (z.B. wir würden die Diskussion nicht führen können (da es uns nicht geben würde) wenn nicht basierend auf der Attraktivität des Partners eine Selektion getroffen hätten.

      Ich muss gestehen, dass ich als Mann (Gott vergebe) auch Frauen angesehen habe. Im Zusammenhang mit dem Gespräch, dem Aussehen und der "Chemie" habe ich auch so meine Partnerin identifiziert (und auch umgekehrt).

      Nun geht es um die Grenze zwischen "Werben" und sexueller Diskriminierung.

      Diese ist zu eliminieren und zu ächten. Dies geht auch mit der Schaffung mit Bewusstsein und Ächtung des Sexismus. Da stimme ich vollkommen überein. Die Definition der Grenze ist hier der entscheidende Faktor.

      • @Demokrat:

        Danke für Ihre Meinung. Ich kann dieser in jeder Hinsicht zustimmen.

         

        Instinkte sind natürlich sinnvoll - und keineswegs zu "eliminieren". Die Schaffung des Bewusstseins um ihre unbewusste Macht, gerade jene, die sich in Dominanzverhalten äußern, halte ich weiterhin für notwendig, will man nicht von ihnen beherrscht sein.

         

        Denn Instinkte sind, wie die Natur es ist, weder gut noch böse. Sie dienen dem Selbsterhalt, wie Sie richtig schreiben. Allerdings sind sie instrumentierbar - für das "Böse". Denn dieselben Instinkte können das Handeln nicht nur bestimmen, wenn es um den konkreten Selbsterhalt geht, sondern auch um den abstrakten SelbstBILDerhalt. Dann, von Traditionen verkleidet oder von Ideologien maskiert, arten dieselben Instinkte aus ins Katastrophale, wenn Menschen aufgrund oberflächlicher Kriterien untergeordnet werden, um über sie zu verfügen, ob Frauen oder Sklaven, oder zur kollektiven Bedrohung erklärt werden, um sie zu ermorden.

         

        Was die Grenze betrifft, die Sie ansprechen, meine ich, dass diese klar ist. Es ist dieselbe wie die der persönlichen Freiheit, die dort endet, wo die des anderen beginnt.

         

        Also gilt es, sich heranzutasten. Unproblematische Kontaktaufnahmen verlaufen schrittweise, Blicke, Lächeln, Vorstellen z. B., so dass einer der beiden merken sollte, ob er den nächsten Schritt wagen sollte oder nicht. Die Grenze zu verbalen und physischen Zudringlichkeiten, wie sie unter dem #Aufschrei-Hashtag angesprochen werden, ist völlig klar.

         

        Grüße

        • FL
          Frische Luft
          @Regenwetter:

          Instinkte in der freien Natur sind überlebenswichtig!

          Das hat nichts mit Schwärmerei zu tun, das ist der Überlebensinstinkt bei den mobilen Kreaturen, uns Humanoiden eingeschlossen, der sich im Verlaufe der Evolution herausgebildet hat.

           

          Viele Grüße!

      • @Demokrat:

        Aber wie wollen Sie diese Grenze allgemeingültig ziehen?

         

        Sexismus im Sinne von "Vorurteile basierend auf dem biologischen Geschlecht" ist nicht auszurotten - noch nicht einmal zu ächten. Denn nur GANZ wenige Menschen möchten wirklich ohne solche geschlechtsspezifischen Pauschal-Rücksichtnahmen behandelt werden.

         

        Was jetzt ganz normale Umsetzung erlernter Normen im Zusammenspiel der Geschlechter und was bösartiger Sexismus ist, was gewollte oder gespielte Unterwerfung des einen oder anderen potenziellen Sexualpartners und was Ausnutzung einer überkommenen Machtposition - all das ist relativ und liegt im Auge des Betrachters.

         

        Nehmen Sie einfach das gute alte Tür-Aufhalten: Ist das nun ein patriarchalisches Aufspielen, das die Frau entmündigen und sie zum Objekt männlichen Beschützergehabes machen soll, oder unverzichtbarer Teil westlicher Zivilisation und Höflichkeit? "Darf" ER ihr die Tür aufhalten? "Darf" SIE enttäuscht sein, wenn er es nicht tut? Oder umgekehrt?

         

        Letztlich ist jede Einstellung dazu heute vertretbar, nur leider gibt es keine universelle Toleranz dafür, wenn zwei unterschiedliche Auffassungen aufeinanderprallen. Und da liegt das eigentliche Problem. Zu viele Leute legen sich ihre persönlichen Präferenzen als universelle Regeln zurecht und erwarten, dass ihr Gegenüber sich daran hält - oder denken wahlweise das Schlechteste von ihm, wenn er es nicht tut.

         

        Das gilt nicht nur fürs Türaufhalten sondern auch fürs Armumlegen oder für verbale "Exzesse": Es ist altbacken, sexistisch und übergriffig, einer Frau für ihre körperliche Beschaffenheit Komplimente zu machen - also wehe, mann tut es nicht (es sei denn, mann ist nicht attraktiv genug...)!

        • @Normalo:

          Das genau ist der Punkt. Die Grenzen sind nicht einfach zu ziehen. Das mit dem "Türaufhalten" ist übrigens ein gutes Beispiel.

          Das Idealbild des Menschen wäre dann ein "entmenschlichter Mensch". Keine Gefühle, keine Interpretation, keine Komplimente, kein Humor, keine Reibung, keine Wärme, keine Fehler (also so wie mein alter Mathelehrer). Der perfekt funktionierende Mensch, das Ideal der Produktivgesellschaft.

           

          Es geht voran.

          • @Demokrat:

            Ihren letzten Schlenker zur Produktivgesellschaft kann ich nicht mitgehen. Dann wäre nämlich der perfekt entseelte (aber leistende) Fehlervermeider ja wirklich ein totales Erfolgsmodell - was er aber mangels Sex-Appeal auch nicht wirklich ist.

             

            Wie wär's stattdessen mit der hoch individualisierten "Mein Ego-Trip ist immer der Wichtigste"-Gesellschaft?

             

            Denn ich glaube, darum geht es eher: Jeder hat bei uns heutzutage nicht nur die Möglichkeit, nach seiner Fasson glücklich zu werden (bzw. gemacht zu werden), sondern den ANSPRUCH. Also glaubt er, von jedem Mitmenschen verlangen zu können, sich doch gefälligst so zu verhalten, dass sich das mit seinen speziellen Vorstellungen verträgt. Vollkommen egal, ob der Andere sich zerreißen muss, um es allen Menschen auf diese Weise recht zu machen.

             

            Es gibt da einen alten Chauvi von äthiopischem Prinzen namens Asserate, der diese Anspruchshaltung als zutiefst damenhaft beschreiben würde - also quasi als Überbleibsel aus der Zeit, als Frauen noch in (nach Möglichkeit) goldenen Käfigen gehalten wurden, die sie aber dafür völlig beherrschen durften und innerhalb derer sie die personifizierte Unfehlbarkeit waren, wo ihre Einschätzung immer richtig, ihre Wünsche mindestens berechtigt, ihr Wort Gesetz und die Umsetzung meist anderer Leute Problem war. Ich muss sagen, manchmal hat diese reaktionär anmutende Sicht der Dinge etwas sehr Einleuchtendes. Die Lektüre so etlicher #aufschrei-Tweets gehörte bei mir zu diesen (politisch natürlich völlig unkorrekten) Momenten...

    • FL
      Frische Luft
      @Regenwetter:

      Au weia!

       

      Lese mal Darwin...

       

      Und gehe mal an die Frische Luft.

      • @Frische Luft:

        Gesagt, getan. Und jetzt?

        • FL
          Frische Luft
          @Regenwetter:

          Mal das angucken:

           

          http://www.youtube.com/watch?v=XEqZ9aBNaGE

           

          Viele Grüße!

          • @Frische Luft:

            Hallo FRISCHE LUFT. Zuerst legen Sie... bzw. _Du_... - schließlich hast Du mich bereits geduzt. Das ist okay. ;-)

             

            Also: Zuerst legst Du mir Charles Darwin nahe, schön und gut, auch wenn Du eine Begründung schuldig bleibst. Anschließend verlinkst Du auf einen Kreationisten. Einen Kreationisten. Kannst Du mir in eigenen Worten und ganzen Sätzen mitteilen, was Du mir mitzuteilen versuchst?

             

            Grüße zurück.

            • FL
              Frische Luft
              @Regenwetter:

              Hallo Regenwetter,

               

              Dieser Prof. Scherer ist kein Kreationist, sondern ein Biologe, der Darwin verehrt, aber einige offene Fragen hat.

              Ich habe leider die falsche Verlinkung benutzt, den vollständigen Vortrag findest Du hier:

               

              http://www.youtube.com/watch?v=ZH9ZTq6FAyY

               

              Andere Version hier:

               

              http://www.youtube.com/watch?v=k44hdQrIg6M

               

              In der Natur haben die Männchen die schönsten Farben (z.B. Vögel), bei uns Menschen ist es aber umgekehrt, warum?

               

              Liebe Grüße!

              • @Frische Luft:

                Offene Fragen mit der Variable "Gott" zu beantworten, bleibt unwissenschaftlich. Es gleicht dem Vorgehen von Kindern, die nachts Geräusche hören, aber nicht zuordnen können und diese dann durch ein Gespenst erklären. Es ist irrelevant, ob der, der so vorgeht, ansonsten Wissenschaftler ist. Wenn er an einen Gott glauben will, welcher Konzeption auch immer, z. B. an einen "intelligenten Designer", soll er das tun. Aber er soll seinen GLAUBEN nicht den Anstrich von WISSENschaftlichkeit geben. Denn das ist er nicht und das wird er nie sein. Im Gegenteil beweist dieses Vorgehen, scheinwissenschaftlicher Stützräder zu bedürfen, nur die Schwäche seines Glaubens - im Sinne _bedingungslosen_ Vertrauens. Wer Beweise benötigt, glaubt nicht.

                 

                Auch wenn dieser Scherer ein nicht so infantiler Kreationist ist, wie man sie aus Ländern kennt, in denen christliche und islamische Fanatiker eine größere gesellschaftliche Relevanz haben, ist er dennoch ein Kreationist, wenn er impliziert, hinter "Zufällen"/offenen Fragen der Evolution/Schöpfung stehe ein "intelligenter Designer" – ein Schöpfer. Außerdem ist seine Beteiligung in kreationistischen Organisationen dokumentiert.

                 

                Menschen sollen glauben, woran sie wollen, wenn es sie glücklich macht. Aber die Vermengung von Wissenschaft und Glauben widerstrebt mir kategorisch. Solche, die das tun - Kreationisten -, empfinde ich weder wahrhaftig in ihrer Gläubigkeit noch überzeugend in ihrer Wissenschaftlichkeit.

                 

                Schon mal daran gedacht, dass nicht offene Fragen das Problem sind, sondern unsinnige Fragen? "Warum gibt es Engel, warum den Teufel, warum Gott?" "Warum gibt es Katzen mit sechs Beinen und acht Flügeln?"

                 

                Das Problem sind nicht die fehlenden Antworten, sondern die fehlenden Fragen, die Menschen nicht zu stellen fähig oder willens sind.

                 

                Grüße

  • Und wieder ein Artikel, der Sexismus als allein von Männern ausgehendes Phänomen beschreibt.

     

    Bei allem Respekt: das wird dem Phänomen nicht gerecht.

  • K
    Kimme

    Was mich bei der ganzen Debatte stört, ist die Tatsache, dass der Sexismus gegenüber Männern nicht thematisiert wird.

    Was ist damit, dass ich im Büro der Kollegin immer die Wasserkästen oder Papierkisten tragen muss? Was ist damit, dass, sollte ich von einer Frau körperlich attackiert werden, mich nicht entsprechend wehren darf, ohne als Frauenprügler betitelt zu werden. Was ist damit, dass quasi jeder Mann als schuldig gilt, wenn eine Frau behauptet, er hätte sie vergewaltig (Bsp. Karl Dall). Warum wird von mir im Beruf mehr Leistung und Arbeitszeit erwartet als von den weiblichen Kolleginnen. Warum ist ein Großteil der Frauen immernoch der Meinung, der Mann muss mehr verdienen als sie. Warum muss Mann immernoch Unterhalt für Kinder zahlen, bei denen er nicht einmal einen Vaterschaftstest machen darf. Warum müssen Mädchen bei Bundesjugendspielen weniger Punkte für die gleiche Auszeichnung erreichen. Diese Liste lässt sich unendlich weiterführen und verdeutlicht eins: Nicht nur Frauen sind Opfer von Sexismus, sonder Männer ebenso.

  • PT
    Prima T.

    Schuld sind immer die Opfer. Überall. Frauen im Minirock, unverschlüsselter E-Mail-Verkehr usw. usw.

     

    "Eine Gesellschaft, in der eine Frau ständig zum Rückschlag bereit sein muss, ist eine Arschlochgesellschaft." Schönes, böses, Fazit. Danke, Frau Stokowski.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Wie man als Frau in Deutschland nur leben kann. So gut, wie in Saudi-Arabien, geht es halt nicht allen Frauen.

    • I
      Irrlicht
      @774 (Profil gelöscht):

      Genau, und wem ein Bein amputiert wurde, der soll auch die Klappe halten, er könnte ja auch beide verloren haben... SEHR sinnvoller Kommentar.... pfff

    • C
      cosmopol
      @774 (Profil gelöscht):

      Ganz schön eklige Drohung. "Schaut mal, es könnte noch viel schlimmer sein."

  • Ich finde die Einleitung des Artikels ziemlich unangemessen. In einer Aufzählung werden da Brüderles Äußerung und die brutale Gruppenvergewaltigung in Indien genannt und somit auf eine Stufe gestellt. Ich halte nichts von Herrn Brüderle und seine Aussage war ohne Zweifel sexistisch und völlig deplaziert, aber dies mit einer so brutalen Vergewaltigung gleichzustellen, finde ich völlig unangebracht. Das wertet auch die Schrecklichkeit der Vergewaltigung ab und ich finde mit solchen Vergleichen schafft man nur Verlierer.

  • R
    RedHead

    Von welchen Machtstrukturen genau ist denn die Rede? Wenn wir das Thema ernsthaft diskutieren wollen, sollte das mal von denen die davon immer wieder reden erläutert werden. Klar könnte ich im Grunde irgendeiner fremden Frau auf der Straße an den Hintern fassen, sie könnte das aber genauso gut auch bei mir tun. Ein Recht dazu hat weder sie noch ich. Wenn ich mit so etwas zur Polizei gehe werde ich ausgelacht, die Frau aber ganz bestimmt nicht. Also Klartext bitte, welche Macht habe ich, die keine Frau hat?

    • I
      Irrlicht
      @RedHead:

      Erst, wenn Sie sich diese Macht herausnehmen, haben Sie sie. Einem Fremden die eigene Hand/Lust/... aufzudrängen IST eine Machtdemonstration (wenn die Frau Sie daraufhin verkloppt,natürlich auch... zur Polizei gehen eben nicht, denn dann ist ja die Polizei sozusagen Stellvertreter, um diese Macht auszuüben). Das hat nichts mit Geschlecht per se zu tun - wäre es in der Gesellschaft so, daß es zu 90% Frauen sind, die Männer ungewollt angrabbeln, wären es natürlich sie, die in der Machtposition wären. Nur: es ist leichter, als Frau von einem Mann eingeschüchtert zu werden als andersrum. Und da könnte ja man mal über die Gründe nachdenken...

  • Übergriffe finden statt, entweder weil sexuelle Impulse mitunter schwer zu unterdrücken sind, oder aus Respektlosigkeit zum Zwecke der Machtausübung. Nicht selten, aber nicht immer ist es auch eine Mischung aus beidem. Problematisch finde ich nun, wenn man jedem mißlungenen Annäherungsversuch gleich den Stempel "Sexismus" aufdrückt. Das macht Körperkontakte generell zu etwas Bösen und Unerwünschten. Im beruflichen Bereich würde ich bei Übergriffen auch immer von Sexismus sprechen, weil dort i.d.R. ein übergelagertes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Im privaten Bereich ist der Begriff Sexismus aber nur bedingt angebracht.

    • F
      falsch
      @Rainer B.:

      Sie haben auch wirklich überhaupt nichts verstanden. Es geht nicht um "mißlungene Annäherungsversuche". Alle, wirklich alle, wissen ganz genau was flirten ist und was Sexismus. Da gibt es keine Grauzone. Angrapschen ist kein Flirt. Lesen Sie doch mal einige der Berichte auf alltagssexismus.de und sagen Sie mir was da "mißlungene Annäherungsversuche" sind.

      Klar gibts die auch, da redet aber niemand von Sexismus.

      Dieses ständige kleinreden nervt ganz gewaltig.

      • @falsch:

        Ich kann Sie beruhigen, es geht mir ganz und gar nicht um's Kleinreden. Man sollte aber den Begriff "Sexismus" sorgsam verwenden, weil er sich sonst selbst schnell verbraucht. Und man sollte ihn nicht verwenden, um individuell sehr unterschiedlich gelagerte Empfindlichkeiten über einen Kamm zu scheren.

      • @falsch:

        Sie machen es sich zu einfach, weil Sie nämlich die Frage, was denn der Unterschied nun genau ist, auch nicht beantworten, sondern apodiktisch behaupten, das wisse doch Jede®.

         

        Nein, es weiß nicht Jede®, und die, die es zu wissen glauben, haben mitunter stark abweichende Vorstellungen von dieser "selbstverständlichen" Differenzierung. Wenn man die #aufschrei-Tweets schon als durchweg ernstzunehmen einschätzt, sollte man ehrlicherweise auch die sehr zahlreichen in die Analyse aufnehmen, sie völlig unverfängliche Ungeschicklichkeiten oder auch nur die "Beleidigung" zum Gegenstand haben, dass sich da ein Mann irrtümlich für attraktiv genug für sein "Opfer" befunden haben soll, um sich Hoffnungen zu machen. Auch das gehört zur Realität, genau wie die vielen Frauen, die unumwunden zugeben, dass ihnen ein Stück ihres - ja - Machtgefühls verloren geht, wenn ihre körperlichen Reize nicht in irgend eine sichtbar triebgesteuerte Reaktion bei Männern auslösen.

         

        Macht ist subjektiv, Menschen sind verschieden, und deshalb ist Ihre Aussage zu pauschal. Und hilft nicht weiter. Besser wäre es, wenn BEIDE Seiten sich darüber klar würden, dass es in dieser Sache kein Schwarz-und-Weiß-Regelwerk gibt, und jede Situation ein anderes Verhalten erfordern kann. Männer müssten also sensibler auf das eingehen, was ihr weibliches Gegenüber jetzt genau wünscht, und Frauen sich von der Illusion verabschieden, dass ein Mann das immer ohne freundliche (bei Bedarf auch mal deutlichere) Anleitung gefälligst erraten können muss.

      • F
        Fälscher
        @falsch:

        ,

        Wenn: "Alle, wirklich alle, wissen ganz genau was (....).", warum dann nicht n.a.(!) auch Rainer B.!?

        "Sexismus" ist nie starr definier-, abgrenz-bar gewesen und wird es in freiheitlichen(!) Gesellschaften auch nie sein – zumal differiert der Versuch der immer nur mit fließenden Übergängen möglichen Definition jener Begrifflichkeit definitiv auch immer in Abhängigkeit der jeweiligen 'Kultur' (in Bayern aka: 'Tradition') und (persönlichen) Sozialisation.

        Im Übrigen ist Ihre im standardisierten Reflex vorgenommene Behauptung ein weiterer Nachweis, dass Sie, wie viele 'engagierte', leider aber oft 'betriebsblinde' Frauen auch, versuchen, sich die alleinige, 'feministische' Deutungshoheit über das Totschlag-'Argument':

        "Sexismus"

        anzueignen, das von gewissen Gruppierungen grundsätzlich nur noch mit zwingend unmittelbar folgendem Ausrufungszeichen(!) orthographiert wird.

         

        Zu dem von der Autorin, Frau Stokowski, antiizpierbar subjektiv (n.a.) geübten Gedenken des Hashtags’ einer A.W. liegen schon seit längerem wissenschaftliche Auswertungen vor, die ganz andere Schlüsse zulassen, als die absolutistischen Behauptungen der Autorin, die auch in dem zumindest doppel-irrigen Zitat Beauvoirs’ zum Ausdruck kommt: "„Am Rande der Welt situiert zu sein, ist keine günstige Ausgangslage für einen, der vorhat, die Welt neu zu erschaffen.“".

        Der Tenor, in dem Frau Stokowski die taz-Leserschaft aus heiterem Himmel heimsuchend diese Thema erneut und leider absolut undiskutabel aufbereitet aufkocht, ist:

        „So ist das!“ Und somit auch gleich: „Ende der unerwünschten Hinterfragung, jeglicher Diskussion-smöglichkeit!“

        Man-n ist angesichts dessen nur noch sprachlos; unter Berücksichtigung der Person der Verfasserin allerdings nicht verwundert.

  • S
    Sexpistole

    was habe ich gelacht bei der lektüre... und das beste ist: im gegensatz zur titanic meint ihr das auch noch ernst. laßt nicht nach, bitte!

    • I
      Irrlicht
      @Sexpistole:

      Na, dann freuen Sie sich mal weiter, denn offensichtlich sind Sie in der privilegierten Situation, lachen zu KÖNNEN. Würden Sie selbst derartigen Übergriffen ausgesetzt, bliebe Ihnen das Lachen im Halse stecken.

  • S
    susi

    Mit der Anapher "Da war ..." lässt sich Brüderles Dirndl-"Kompliment" natürlich hervorragend mit der tödlichen Gruppenvergewaltigung einer Inderin verbinden. Ist ja irgendwie alles Sexismus, alles die gleiche Schublade.

    • B
      blau
      @susi:

      ...es hat die gleichen Ursprünge. Machtverhältnisse, Privilegien etc.

      Es nervt langsam! Setzt euch mit Sexismus,Strukturen dahinter, Machtverhältnissen, Definitionsmacht usw. auseinander bevor ihr hier irgendwelchen Stuss von euch gebt. Einfach mal die Klappe halten und Halbwissen für sich behalten. Das geht hier an alle, die solche Kommentare verfassen. Wenn ihr so interessiert an dieser Debatte seid, dann setzt euch damit auseinander. Vielleicht hilft es einmal ein Buch zu dieser Thematik zu lesen, um Hintergründe von Sexismus zu verstehen. Eine Auseinandersetzung kann euch niemand abnehmen.