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Illegale Abschiebung von FlüchtlingenGrenzschutz um jeden Preis

Die spanische Guardia Civil schiebt Flüchtlinge aus der Exklave Mellila durch den Grenzzaun nach Marokko ab – darunter auch Verletzte.

Flüchtlinge werden in Melilla von der spanischen Grenzsicherung abgeführt. Bild: ap

MADRID taz | Mindestens acht Flüchtlinge verloren am Donnerstag ihr Leben, als sie versuchten schwimmend von Marokko nach Ceuta zu gelangen. Dreihundert weitere Flüchtlingen stürmten erfolglos den Zaun, mit dem sich Europa abschirmt. Es ist die letzte einer Reihe von Schlagzeilen, für die die Grenzanlagen der beiden nordafrikanischen Exklaven Spaniens, Ceuta und Melilla, seit Tagen einmal mehr sorgen.

NGOs werfen den Grenzschützern der Guardia Civil vor, sich sich über international gültiges Recht und über die Menschenrechte hinwegzusetzen. Die Kinderschutzorganisation PRODEIN aus Melilla veröffentlichte ein Video, das zeigt, wie am 15. Januar stundenlang mit Geländefahrzeugen Flüchtlinge an den sieben Meter hohen Grenzzaun geschafft wurden, um sie durch eine Tür nach Marokko abzuschieben. Es war ihnen kurz zuvor gelungen, spanisches Gebiet zu erreichen.

„Die Immigranten werden gefangen genommen und im Kofferraum der Fahrzeuge transportiert“, beschwert sich PRODEIN-Sprecher José Palazón. Unter den Opfern dieser Praktiken befanden sich auch Verletzte. Auf marokkanischer Seite wurden sie von paramilitärischen Grenzschützern mit Prügel empfangen.

Am fraglichen Tag sollen über 450 Flüchtlinge den Zaun gestürmt haben. 60 sei es gelungen die Grenze zu überwinden. Die meisten wurden sofort gefasst und durch den Zaun wieder abgeschoben. Das Innenministerium in Madrid leugnet diesen Vorfall nicht. Es seien jedoch „sporadische Aktionen“ der Sicherheitskräfte. „Im Allgemeinen halten sich Guardia Civil und Polizei an die gesetzlichen Vorschriften“, reagiert der konservative Innenminister Jorge Fernández Díaz auf die Vorwürfe von PRODEIN, dies habe Methode. „Es ist ein übliches Vorgehen“, hält Palazón dagegen. Dies bestätigt auch der Kölner ATTAC-Aktivist Alan Mitcham.

Knüppel und Schüsse

Er steht seit einem Besuch auf der marokkanischen Seite der Grenzen im vergangenen Herbst mit Flüchtlingen, die auf ihre Gelegenheit warten, den Grenzzaun zu überwinden, im telefonischen Kontakt. „Einer meiner Kontakte, Bruno aus Kamerun, berichtet von einem weiteren Massenansturm am 2. Februar“, erklärt Mitcham und legt Mitschnitte von Telefongesprächen vor.

Mindestens 400 Flüchtlingen seien in dieser Nacht auf den Zaun geklettert. Bruno wurde auf der spanischen Seite gefasst und zusammen mit anderen durch den Zaun abgeschoben. „Wir erlitten alle Verletzungen durch den Natodraht", berichtet er am Telefon. „Sie schlugen uns auf beiden Seiten und nahmen uns die Handys und das Geld ab.“

Bruno wurde mit vier weiteren Flüchtlingen in ein Krankenhaus in der Hauptstadt Rabat eingeliefert. Er mit Schnittverletzungen und die anderen mit Knochenbrüchen durch Stürzte und Knüppeleinsätze der Spanier und Marokkaner. Und selbst Schüsse seien auf spanischer Seite gefallen. Es habe dadurch fünf Verletzte gegeben, heißt Brunos Anschuldigung, die sich nicht überprüfen lässt.

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6 Kommentare

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  • D
    dave

    Die Masse der Europäer will es so, sonst hätte sie längst andere Parteien gewählt, Demokratie heißt nuneinmal zwei Wölfe und ein Lamm stimmen übers Abendessen ab, wenns stört der kann auswandern

    • B
      Balduin
      @dave:

      Sie reden Quatsch. Das hier ist eine Frage der Menschlichkeit, nicht der Parteienlandschaft. In der ansonsten homophoben CDU/CSU gibt es sogar homosexuelle Mitglieder. Die Dummheit der Menschen ist grenzenlos.

  • WI
    Wer ist zuständig?

    Wo kann mensch eine Beschwerde einreichen?

  • WE
    Wer ermittelt in solchen Fällen?

    Europol?

  • Die EU-Kommission muss eingreifen und eine hohe Strafe verhängen oder zielführende Sanktion auferlegen. Mehrere Grundrechte nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurden verletzt.

  • L
    Leserin

    Wenn ganz Afrika dort hin möchte muß man reagieren. Hier im warmem Stübchen ist leicht reden.

    Die Menschen in dort den Städten dort vor Ort müssen mit den Auswirkungen leben.