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Kolumne WutbürgerUnter Smartphone-Zombies

Kolumne
von Isabel Lott

Es heißt, Frauen über 50 würden aussortiert. Privat und im Beruf. Dabei ist es längst unser aller Schicksal. Weil jeder nur noch auf sein Telefon starrt.

Nur noch Augen fürs Smartphone – in diesem Moment auch Boris Becker, der 17-jährigste Leimener aller Zeiten. Bild: dpa

B ascha Mika beschreibt in ihrem neuen Buch die Diskriminierung von älter werdenden Frauen in unserer Gesellschaft. Kaum fünfzig geworden, drohe ihnen das Schicksal, nicht nur im Beruf, sondern auch im Privaten aussortiert zu werden.

Die Männer suchten sich gerne eine jüngere Frau, um mit ihnen eine neue Familie gründen zu müssen – die ältere Frau bliebe als schwer vermittelbarer Problemfall zurück. Ab einem bestimmten Alter, so Bascha Mika, sinke ihr Marktwert rapide. Schlimmer noch: Sie werde quasi unsichtbar.

Da ich noch nie zu den Frauen gehörte, bei der die Kneipe kopfstand, wenn ich reinkam, fällt mir das nicht so auf. Ich muss vielmehr feststellen, dass sich das „unsichtbar werden“ inzwischen demokratisiert hat.

So geil kann gar niemand aussehen, dass irgendeiner dieser Smartphone-Zombies auch nur für einen Moment seinen Blick von seinem Bildschirmchen heben würde. Das bestätigt auch eine Umfrage, nach der viele Nutzer lieber auf Sex als auf ihr Smartphone verzichten würden, und diese Spezies breitet sich aus wie eine Seuche.

Das wäre an sich egal, ich lege keinen besonderen Wert darauf, auf meine Beischlafqualität hin taxiert zu werden. Aber auf meinem Weg zur Arbeit bin ich ständig mit diesen Autisten konfrontiert – und das ist nicht lustig. Diese Leute sind so absorbiert von ihren Geräten, dass sie ihre Umwelt komplett ausblenden.

taz am Wochenende

In der Prostitutionsdebatte reden alle, nur nicht die, ohne die es Prostitution nicht gäbe: Freier. Von vier Männern, die Sex kaufen, und ihren Gründen lesen Sie in der taz.am wochenende vom 8./9. Februar 2014 . Außerdem: Claudia Pechstein und ich. taz-Sportredakteur Markus Völker, selbst einst Eisschnellläufer in der DDR, portraitiert eine sture Kämpferin. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Manche von ihnen sind sogar ganzkörperverkabelt und quatschen laut vor sich hin. Mit starrem Blick aufs Display rempeln sie jeden an, stehen blöde im Weg rum, verstopfen die Treppen und bleiben auch gern in der geöffneten Tür der Bahn stehen, wenn gerade alle rauswollen.

Da ich inzwischen längst im Kampfmodus bin, bekommen diese Endgerätenutzer von mir jetzt öfter einen Ellbogen-Check. Damit sie mal aufwachen. Schön wäre es, wenn endlich jemand vor Schreck sein Scheißteil fallen ließe. Ich war’s dann nicht, denn ich bin ja inzwischen unsichtbar.

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11 Kommentare

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  • als Neuköllner hat man schon immer das Niveau auf der Straße gehabt, gehst du nicht freiwillig aus dem Weg, gehe ich so lange genau auf dich zu bis du dich entschließt es lieber doch zu tun, ansonsten.....Ellbogencheck. Gute Strategie!

  • S
    Sara

    Wenn ich gedankenverloren in einem Buch lese, freuen sich die älteren herrschaften (wurde dafür tatsächlich neulich in der Bahn gelobt). Wenn ich auf meinem Handy ein Ebook oder einen Zeitungsartikel lese bin ich also sozial gestört? Wer mit Freunden im Café sitzt und das Handy dabei nicht weglegen kann, hat sicher ein Problem. Unterwegs ist es aber eben einfach ein Medium, mit dem man liest, Musik hört oder sich - ganz sozial - mit Freunden unterhält..Ich weiß, früher war alles besser und so, aber diese Technikparanoia ist teils auch überzogen finde ich.

  • A
    Annelie

    Wir leben in einer narzisstischen Gesellschaft und der in sein Smartphone versunkene, seine unmittelbare Umwelt ignorierende Mensch ist die sichtbare Verkörperung dessen. Man hat nur sich selber auf dem Schirm. Was scheren einen die anderen!

  • E
    Ekim

    PS: Ich habe den Artikel soeben geflattert. Kann mir aufgrund ihres Textes allerdings auch vorstellen, dass sie gar nicht wissen, was das überhaupt heisst...

  • E
    Ekim

    Aber was würden Sie sagen, wenn der Smartphonedepp gerade die taz auf seinem kleinen Gerät liest, so wie ich, hier in der Ubahn???

  • 'Autismus' ist eine Krakheit, kein Schimpfwort. Ich frage mich, wie es wäre, wenn Sie in Ihrem Text die 'Autisten' mit 'Behinderten' oder 'Schwulen' austauschen würden. Auf die Idee würden Sie sicher nicht kommen.

    Als Autist fühle ich mich wirklich unwohl mit der Zunahme der Nutzung meiner Behinderung als Schimpfwort für Leute die nur ins Handy starren, die ich übrigens genauso unangenhm finde. Ich, als Autist tue dieses nie. Ich finde es sehr unhöflich, und ich kenne eine Menge weitere Autistien, die nicht auf die Idee kommen würden.

    Das würde ich im SpOn erwarten, aber nicht in der taz.

  • Es gibt allerdings immer wieder Menschen, die sich dem Markenzwang entziehen. Ausserdem werden die Kabeldeppen sicher nicht nur von der Autorin des Artikels gebeten, ihren verkabelten Hintern aus dem Weg zu raeumen. Ich finde fuenfzig sein persoenlich nicht so schlimm, wie es die Werbepornos im oeffentlichem Raum es den Frauen einreden wollen.

  • Das Smartphone ist nicht das Problem, sondern der Umgang damit. Wahrscheinlich leben wir längst in einer mental reduzierten Gesellschaft, in der jeder sein hilflos verlorenes Selbst durch den wiederholten Vorgang wisch-wisch, klick-klick und hurra, da bin ich wieder, aufzuwerten versucht. In einer ökonomischen und sehr wohl ökologischen Primatengesellschaft ist das, so meine ich, der Fall.

  • B
    Brennessel

    Wie schön dass am unteren Bildrand gleich passend ein O2-Werbebanner eingeblendet ist... Da kann ich mir ja ein neueres Endgerät zulegen um mir die Zeit mit Belanglosem zu vertreiben.

  • Der Kommentar ist eine glatte Überzeichnung. Noch!

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Ohne das neueste Smart-Phone ist man einfach nicht in. Und jeder kennt ja, den Zwang der Marken.