Kolumne Wutbürger: Unter Smartphone-Zombies
Es heißt, Frauen über 50 würden aussortiert. Privat und im Beruf. Dabei ist es längst unser aller Schicksal. Weil jeder nur noch auf sein Telefon starrt.
B ascha Mika beschreibt in ihrem neuen Buch die Diskriminierung von älter werdenden Frauen in unserer Gesellschaft. Kaum fünfzig geworden, drohe ihnen das Schicksal, nicht nur im Beruf, sondern auch im Privaten aussortiert zu werden.
Die Männer suchten sich gerne eine jüngere Frau, um mit ihnen eine neue Familie gründen zu müssen – die ältere Frau bliebe als schwer vermittelbarer Problemfall zurück. Ab einem bestimmten Alter, so Bascha Mika, sinke ihr Marktwert rapide. Schlimmer noch: Sie werde quasi unsichtbar.
Da ich noch nie zu den Frauen gehörte, bei der die Kneipe kopfstand, wenn ich reinkam, fällt mir das nicht so auf. Ich muss vielmehr feststellen, dass sich das „unsichtbar werden“ inzwischen demokratisiert hat.
So geil kann gar niemand aussehen, dass irgendeiner dieser Smartphone-Zombies auch nur für einen Moment seinen Blick von seinem Bildschirmchen heben würde. Das bestätigt auch eine Umfrage, nach der viele Nutzer lieber auf Sex als auf ihr Smartphone verzichten würden, und diese Spezies breitet sich aus wie eine Seuche.
Das wäre an sich egal, ich lege keinen besonderen Wert darauf, auf meine Beischlafqualität hin taxiert zu werden. Aber auf meinem Weg zur Arbeit bin ich ständig mit diesen Autisten konfrontiert – und das ist nicht lustig. Diese Leute sind so absorbiert von ihren Geräten, dass sie ihre Umwelt komplett ausblenden.
In der Prostitutionsdebatte reden alle, nur nicht die, ohne die es Prostitution nicht gäbe: Freier. Von vier Männern, die Sex kaufen, und ihren Gründen lesen Sie in der taz.am wochenende vom 8./9. Februar 2014 . Außerdem: Claudia Pechstein und ich. taz-Sportredakteur Markus Völker, selbst einst Eisschnellläufer in der DDR, portraitiert eine sture Kämpferin. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Manche von ihnen sind sogar ganzkörperverkabelt und quatschen laut vor sich hin. Mit starrem Blick aufs Display rempeln sie jeden an, stehen blöde im Weg rum, verstopfen die Treppen und bleiben auch gern in der geöffneten Tür der Bahn stehen, wenn gerade alle rauswollen.
Da ich inzwischen längst im Kampfmodus bin, bekommen diese Endgerätenutzer von mir jetzt öfter einen Ellbogen-Check. Damit sie mal aufwachen. Schön wäre es, wenn endlich jemand vor Schreck sein Scheißteil fallen ließe. Ich war’s dann nicht, denn ich bin ja inzwischen unsichtbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel