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Tourismus auf HaitiKuhmist trübt das Strandvergnügen

Die Regierung will die Bauern von der Kuhinsel vertreiben. Große Teile des Landes sollen mit Ferienanlagen touristisch erschlossen werden.

Wenn die Touristen auf die Insel kommen, gehen die Kühe baden. Bild: ap

SANTO DOMINGO taz | Marc Lainé Donald ist sauer. Der Vorsitzende der Organisation Gemeinschaft der Bauern der Insel Île à Vache (Kopi) im Südwesten von Haiti soll demnächst von der Insel verschwinden.

Sein Haus soll, wie viele andere auch, abgerissen werden und einem Ferienresort weichen, das ausländische Investoren bauen wollen. So jedenfalls plant es die haitianische Regierung. Wo heute noch Kuhställe stehen, räkeln sich dann Touristen unter Kokospalmen.

Und das Recht ist auf ihrer Seite, seit das Parlament in der Hauptstadt eine Gesetzesnovelle beschlossen und das Archipel zur Urlaubszone umgewidmet hat. Die Kuhinsel soll Haitis Vorzeigeprojekt in Sachen Tourismus werden. Um die widerspenstigen Bauern Mores zu lehren, hat der Ministerpräsident Laurent Lamothe Einheiten der Aufruhrpolizei auf die Insel übersetzen lassen.

Fast jeden Tag ziehen inzwischen Mitglieder von Konbit Peyizan Ilavach über die Insel, um ihre Rechte als Bauern einzuklagen. Ausgerüstet mit Palmzweigen und Ästen mit grünen Blättern, fordern sie friedlich ihre Recht ein – und die Polizei antwortet mit Knüppeln, Tränengas und Gummigeschossen.

Der Tourismusplan enteignet die Bauern

Die Bewohner auf der Insel stören bei dem Plan der haitianischen Regierung, das Armenhaus Lateinamerikas mithilfe ausländischer Touristen zu entwickeln. Derzeit verfügt Haiti nur über insgesamt 900 Gästezimmer. Weitere Regionen im Süden bei Jacmel und um die nördliche Hafenstadt Cap-Haïtien stehen auch auf der Liste möglicher Touristenzentren.

„Île à Vache ist ein verborgener Schatz“ wirbt das Tourismusministerium für die Kuhinsel bei ausländischen Anlegern und Touristen, die schon jetzt in zwei sehr kleinen und in die bäuerliche Struktur eingebetteten Hotelanlagen Ferien machen können.

Die Bauern fordern die Rücknahme des Erlasses vom 10. Mai 2013, der einen Großteil der Insel zum Tourismusentwicklungsgebiet erklärt und ihren die landwirtschaftliche Nutzung verboten hat. „Der Plan ist makaber, denn er nimmt uns das Recht, auf der Insel zu bauen, und er enteignet uns“, klagt Donald Marc Lainé.

Lainé und die Kopi haben nicht grundsätzlich etwas gegen neue Einnahmequellen und Tourismus. Nur wollen sie auch was daran verdienen. „Wir wollen in die Entwicklung integriert und nicht vertrieben werden, damit ausländische Investoren Geld verdienen“, sagt Laié.

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2 Kommentare

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  • Für den aussergewöhnlichsten Revolten- und Guerrilha-Sieg der Geschichte, für den Erfolg against all odds von den sich selbst befreienden „Schwarzen Jakobinern“ um Touissaint L’Ouverture, Dessalines, Christophe, Moïse (...) wider die drei stärksten Kriegs- und Sklavenhalternationen gegen Ende des 18.Jahrhunderts, nämlich Frankreich, England, Spanien, müssen die armen=schwarzen HaitianerInnen bis heute, wie Tantalosse weiter büssen. Zur Zeit eben unter der Peitschenführung der USA (Nachfahrin-Erbin der Imperialen Sklavenmächte) und (Tourimus) Corporations.

    Ein neue Generation „Schwarzer Jakobiner“ müsste her. Mit zapatistischem Rückenwind.

  • G
    Gast

    Wenn Raubbau auf Kosten der Bauern und der Natur gemacht wird

    und stattdessen abhängige Lohnsklaven geschaffen werden, ist das verwerflich,

    erst Recht wenn dieses Konzept langfristig zur Schließung bestehender

    Touristikzentren in der Dominikanischen Republik führt.

    Diese bestehenden Touristikzentren sollten lieber neu erdacht, teilweise

    abgerissen und exklusiver und einzigartiger gemacht werden.

    Das Bettenburgenkonzept ist nicht so gut.

    Die Menschen sollen nicht in ihren Hotelburgen und Sandstränden

    dahinvegetieren, sondern Bildung, Sport, Genuss, Naturerfahrung,

    Luxus, neue Eindrücke, neue Speisen, Gerüche, wenig Elend, wenig Leid

    aber vielen ungespielt lebensfreudigen Einwohnern begegnen oder harmonische

    Ruhe in Delfinbuchten genießen.

    Anstatt immer und immer wieder neu anzufangen und die alten Fehler zu wiederholen, wäre es besser an bestehenden Touristikzentren eine

    Neukonzeption vorzunehmen und den Bauern in ihren Domizilen

    die Zimmervermietung an Touristen nach einer Modernisierung

    zu erlauben und diese staatlich zu fördern.

    Der Verdacht einer korrupten Regierung, die mit den Hotelbossen

    gemeinsame Sache macht, steht im Raum.

    Wenn die Bauern die Deutschen gegen das Projekt erfolgreich

    aufbringen können, dann wird sich sicherlich auch die Dominikanische Politik neu positionieren müssen. Verrat an den eigenen Bürgern

    und an der Natur bei gleichzeitigen Verfall schlecht konzipierter

    Touristikmoloche ist eine Tragödie.