Neuer italienischer Regierungschef: Renzi startet mit Reformen
Die Wahlrechtsreform geht problemlos durchs Abgeordnetenhaus. Damit soll zukünftig die Regierungsbildung erleichtert werden.
ROM taz | Mit der Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes durch das Abgeordnetenhaus kann Italiens neuer Regierungschef Matteo Renzi einen ersten Erfolg verbuchen. Eine große Mehrheit von 365 Abgeordneten billigte bei 156 Neinstimmen den von Renzi unterstützten Vorschlag, der in Zukunft stabile Regierungsmehrheiten gewährleisten soll.
Das jetzt beschlossene Wahlgesetz sieht zum einen die Listenwahl in insgesamt 120 Wahlbezirken vor; schon der schmale Zuschnitt der Bezirke, der dem spanischen Modell abgeschaut ist, benachteiligt eindeutig kleine Parteien.
Doch das italienische Wahlrecht hilft nach: Eine Partei, die allein antritt, muss national mindestens 8 Prozent erreichen, um überhaupt ins Parlament zu kommen. Kandidiert sie dagegen in einer Koalition, reichen 4,5 Prozent – wenn die gesamte Koalition ihrerseits 12 Prozent erreicht.
Zudem gibt es einen Mehrheitsbonus für die siegreiche Allianz. Wenn sie mindestens 37 Prozent der Stimmen auf sich vereint, erhält sie automatisch 52 Prozent der Sitze im Abgeordnetenhaus. Kommt keine der Allianzen über 37 Prozent, dann treten die beiden vorne liegenden Bündnisse zu einer Stichwahl an.
Auf diese Weise soll das Wahlrecht eine Lage wie im gegenwärtigen Parlament verhindern. Seit der Wahl von 2013 sind wegen fehlender Mehrheiten im Senat die Linke und die Rechte auf eine flügelübergreifende Koalition angewiesen, wie sie jetzt auch die Regierung Renzi trägt.
Keine Präferenzstimmen
Zwei Punkte im neuen Wahlrecht stießen allerdings auf heftigen Widerstand gerade aus Renzis eigener Partei, der gemäßigt linken Partito Democratico (PD). Zum einen scheiterte der Versuch der PD-Frauen, eine Geschlechterparität festzuschreiben; an diesem Punkt wollte vor allem Silvio Berlusconis Forza Italia – deren Stimmen für die Verabschiedung gebraucht wurden – nicht mitspielen.
Zum anderen sieht das Wahlrecht keine Präferenzstimmen für die einzelnen Kandidaten vor; den Wählern bleibt nur die Option, die Liste zu wählen. Wie bisher schon sind es damit die Parteiführungen, die das letzte Wort über die Zusammensetzung der Parlamentsfraktionen haben.
Im nächsten Schritt muss das Wahlgesetz noch durch den Senat. Dort allerdings werden die einzelnen Paragrafen ebenso wie das gesamte Gesetz nicht geheim, sondern offen abgestimmt. Dennoch ist die endgültige Billigung noch nicht ausgemacht. Renzi nämlich verbindet das neue, bloß fürs Abgeordnetenhaus gültige Wahlrecht mit einem zweiten, ehrgeizigen Vorhaben: mit der Degradierung des Senats zu einer Länderkammer nach deutschem Vorbild, die nicht mehr direkt gewählt wird.
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