Umstrittenes Kraftwerk in Hamburg: BUND setzt auf Austrocknung
Vattenfalls neues Kohlekraftwerk im Stadtteil Moorburg soll kein Elbwasser zur Kühlung verwenden dürfen. Das will der Umweltverband BUND vor Gericht erstreiten.
HAMBURG taz | Das Steinkohlekraftwerk im Hamburger Stadtteil Moorburg soll nicht mehr mit Wasser aus der Süderelbe gekühlt werden. Das will die Umweltorganisation BUND gegen den Kraftwerksbetreiber Vattenfall durchsetzen. Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig reichten die Umweltschützer deshalb am Freitag einen Eilantrag ein, um die Wasserentnahme zu stoppen. „Der Gewässerschutz darf nicht den Profitinteressen von Vattenfall geopfert werden“, sagte der Hamburger BUND-Chef Manfred Braasch.
Der Meiler an der Süderelbe läuft derzeit im Probebetrieb, der kommerzielle Start der Stromerzeugung ist für Mitte des Jahres vorgesehen. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG) hatte im Januar 2013 auf Antrag des BUND die Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe zum Schutz von Flora und Fauna im Fluss untersagt. Das Kraftwerk benötigt etwa 64 Kubikmeter Flusswasser pro Sekunde für die sogenannte Durchlaufkühlung, bei der das aufgeheizte Abwasser wieder eingeleitet wird. Dadurch würden nach Ansicht der Naturschützer „Fische geschädigt, Kleinstorganismen in großem Umfang abgetötet und die Sauerstoffsituation in der Tideelbe weiter verschärft“, so Braasch damals.
Vattenfall dürfe, befand das OVG, nur auf einen Hybridkühlturm zurückgreifen und somit das Kraftwerk mit einer Kreislaufkühlung betreiben. Dafür würde lediglich ein Kubikmeter Wasser pro Sekunde benötigt. Allerdings sinkt dabei der Wirkungsgrad des Kraftwerks von 46,5 auf 45 Prozent, Der Gewinn würde laut Vattenfall um neun bis 16 Millionen Euro im Jahr sinken.
Deshalb legten der Konzern und auch die Stadt Hamburg, welche die Kühlwasserentnahme genehmigt hatte, Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein. Weil somit das OVG-Urteil noch nicht rechtskräftig ist, hat Vattenfall nach Angaben der Umweltbehörde von Juli 2012 bis Juni 2013 den Meiler mit 150 Millionen Kubikmeter Elbwasser gekühlt, aktuellere Zahlen liegen nicht vor. „Das Unternehmen betreibt das Kraftwerk mit einer höchstwahrscheinlich auch in letzter Instanz rechtswidrigen Erlaubnis“, sagt deshalb Braasch.
Das Steinkohlekraftwerk in Moorburg an der Süderelbe wird seit Ende 2007 vom Energiekonzern Vattenfall errichtet.
Investition: mindestens 2,6 Milliarden Euro
Inbetriebnahme: vermutlich Mitte 2014
Verbrauch: etwa 12.000 Tonnen Steinkohle täglich
Leistung: 1.680 Megawatt
Wirkungsgrad: etwa 46 Prozent
CO2-Ausstoß: rund 8,5 Millionen Tonnen jährlich
Bewertung: "Ein hochleistungsfähiges, hocheffizientes und hochlukratives Kraftwerk", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am 1. Juli 2013 in der Handelskammer.
Vattenfall sieht das anders. „Die derzeitige wasserrechtliche Erlaubnis“, so die Stellungnahme von Konzernsprecher Steffen Herrmann, „lässt eine Durchlaufkühlung zu und gewährleistet aus unserer Sicht einen umfassenden Schutz der Elbe.“ Zudem würde ein Verbot der Kühlwasserentnahme „den Betrieb des Kraftwerks behindern und höhere CO2-Emissionen verursachen“.
Zudem hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Im Kern geht es darum, dass zwar in Moorburg ein erheblicher zu erwartender Schaden für die Fische festgestellt worden, danach aber mit einer neuen Fischtreppe am Wehr Geesthacht „verrechnet“ und für nicht mehr schwerwiegend beurteilt wurde. Gegen diesen „Trick“, so Braasch, hatte der BUND 2010 eine Beschwerde eingereicht, die die EU jetzt prüft.
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