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Kolumne KonservativSex um des lieben Friedens willen

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Konservative daten immerzu Konservative, Progressive Progressive. Dabei müssen wir, um die Welt zu retten, mit Leuten schlafen, die wir nicht mögen.

Flirten Sie doch mal außerhalb Ihres sozialen Milieus. Wie diese beiden Maori mit der Künstlerin Francis Upritchard in Venedig. Bild: reuters

S chlafen Sie doch mal mit einem Konservativen. Falls Sie sich selbst als konservativ verstehen, dann bandeln Sie bitte mit einem Progressiven oder Linken an. Danke, ganz lieb. Sie dienen damit dem Weltfrieden.

Diesen robusten Einstieg kann ich erklären. Politologen der Universität Miami haben im vergangenen Jahr fast 3.000 Profile Heterosexueller auf amerikanischen Dating-Seiten untersucht. Sie wollten herausfinden: Beeinflusst das politische Selbstverständnis der Suchenden ihre Partnerwahl?

Bereits in einer früheren Studie 2011 wollen die Forscher Erstaunliches herausgefunden haben: Für Frauen auf Partnersuche sei es wichtiger als für Männer, ob der potenzielle Partner raucht, welche Figur er hat und welcher Ethnie er angehört. Insbesondere männliche „liberals“, also Progressive, maßen der Figur einer Frau weniger Gewicht bei.

Daraus lassen sich mehrere Schlüsse folgern: Frauen sind ein klitzekleines Bisschen rassistischer als Männer. Und Progressive, die auf Moppelige stehen, drücken bei schlanken Frauen auch mal ein Auge zu.

Für die neue Studie haben sich 3.000 Suchende politisch selbst eingeordnet: unter anderem als „very liberal (1,6 Prozent) und „liberal“ (8,8 Prozent). Im Deutschen kommen dem die Worte „progressiv“ oder „linksliberal“ am nächsten. Mehr als die Hälfte definierte sich als „middle of the road“. Als „conservative“ bezeichneten sich 15,5 Prozent, als „ultra conservative“ 1,5 Prozent.

Die Politologen haben untersucht, wer wessen Profil anklickt. Im Magazin Political Behavior kommen sie zum Ergebnis: „Progressive wie Konservative suchen in überwältigendem Maße Partner, die ihnen in den allermeisten Eigenschaften ähneln.“ Konservative landeten bei Konservativen, Progressive bei Progressiven.

Das bereitet den US-Politologen Sorgen. Schon heute bekämpfen sich Demokraten und Republikaner bis zur Handlungsunfähigkeit. Wenn nun über Generationen immerzu politisch ähnlich Denkende zueinanderfinden, führe das zu einer „immer stärkeren politischen Polarisierung“.

Deshalb müssen Sie mit politischen Kontrahenten schlafen. Um des Friedens Willen. Nur: Wie finden Sie heraus, mit wem Sie Sex haben müssen? Deutsche verorten sich ja gern in der vage definierten „Mitte“. Die „Mitte“ ist das deutsche „middle of the road“. Findet denn niemand, dass, wer mitten auf der Mitte der Straße fährt, alle anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet?

So gesehen, sind stumpf baggernde Männer Boten des Friedens. Wenn sie Frauen ansprechen, ignorieren sie Charakter, Vorlieben und Worte ihres Gegenübers. Aus einem Freund von mir sprach große Weisheit, als er sich eines Kneipenabends von mir verabschiedete, um in einem Club Frauen anzuquatschen. Er sagte: „Es muss auch ohne Sympathie gehen.“ Für sein zivilgesellschaftliches Engagement gebührt ihm Dank.

Sehen Sie daher mangelnde Anziehung oder Sympathie fürs Gegenüber positiv. Gegenseitige Abneigung trägt zum gesellschaftlichen Frieden bei, wenn sie nicht nur am Ende einer Beziehung steht. Sondern auch am Beginn.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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4 Kommentare

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  • Männer haben rein biologisch nichts zu verlieren. Wählerisch zu sein, widerspricht ihrem Fortpflanzungstrieb.

    Dass Frauen heute nicht immer schwanger werden, ist in ihrem natürlichen Paarungsverhalten noch nicht angekommen, oder wird es nie tun. Insofern kann man davon ausgehen, dass mit wem sie/er`s treibt, weniger einen Entscheidung des freien Willens ist.

    Alle Empfehlungen, die rein sexuelle Partnerwahl politisch auszurichten, halte ich für kompletten Unsinn.

  • Und ich dachte immer, Frauen suchen sich ihre Sexualpartner, indem Sie durch die Vagina beim Gegenüber nach Maiglöckchenduft schnüffeln. Jetzt auch das noch!? Da bleib ich doch lieber Wichser.

  • Das macht mich trotzdem nicht scharf auf Extremisten.

  • A
    ama.dablam

    Wollen Sie mit diesem, na ja, Artikel, einer Abmahnung wegen Ihres Dates mit Ina Groll zuvorkommen??