Streit um Rente mit 63: Die Unionsfraktion ist bockig
Mehrere Dutzend Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU wollen Änderungen der Rentenpläne. Dabei geht es vor allem um die Anrechnung von Arbeitslosigkeit beim Eintrittsalter.
BERLIN dpa | In der Unionsfraktion im Bundestag gibt es erhebliche Widerstände gegen das Rentenpaket der Bundesregierung. Mehrere Dutzend Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU wollen Änderungen der Pläne für die Rente mit 63 durchsetzen. Die Kritik richtet sich vor allem dagegen, Zeiten von Arbeitslosigkeit bei der Berechnung des Renteneintrittsalters einzubeziehen.
„Nur wenn jemand tatsächlich 45 Jahre lang Beiträge eingezahlt hat, sollte er mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs (CDU) der Passauer Neuen Presse. „Sollte es bei der Anrechnung von Arbeitslosenzeiten bleiben, werde ich gegen die Rente mit 63 stimmen.“ Er bestätigte, dass die Rentenpläne in der Unionsfraktion auf Widerstand stoßen: „Da herrscht ziemliche Unruhe.“
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) versprach am Samstag beim CDU-Europa-Parteitag in Berlin eine harte Haltung der Union gegenüber der SPD im Rentenstreit. Die zentrale Botschaft sei: „Keine Frühverrentung, und wer länger arbeiten will, soll davon auch etwas haben.“ Die CDU werde dafür sorgen, „dass die Handschrift der Union, die im Koalitionsvertrag drin ist, auch bei der Umsetzung deutlich wird“.
Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) besteht weiter auf einer Stichtagsregelung für die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit. „Die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft darf nicht beeinträchtigt werden“, sagte er am Rande des CDU-Parteitags. Eine Frühverrentungswelle müsse unbedingt verhindert werden.
In der Union wird befürchtet, dass Arbeitnehmer ihren Chef bitten könnten, ihnen im Alter von 61 Jahren zu kündigen, um dann zwei Jahre Arbeitslosengeld I zu beziehen und danach ohne Abschläge in Rente zu gehen. Grosse-Brömer sagte: „Wir haben mit einer Stichtagsregelung einen Vorschlag vorgelegt, der dies ausschließen würde.“
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren inklusive Arbeitslosigkeit festgelegt – allerdings ohne dies zeitlich einzugrenzen. In der Unionsfraktion im Bundestag gibt es seit Wochen Widerstand gegen das Rentenpaket der Bundesregierung und die SPD-Pläne zur Rente ab 63.
Angedrohte Zustimmungsverweigerung
Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, drohte mit einer Ablehnung der Rente mit 63. „Das ist ein falsches Signal“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete der Rhein-Neckar-Zeitung. „Wenn der Gesetzentwurf so bleibt, wie er ist, kann ich unter keinen Umständen zustimmen. Viele in der Fraktion denken im Prinzip genauso wie ich.“
Unbehagen über das Rentenpaket herrscht auch bei den Abgeordneten, die der Jungen Union angehören. Steffen Bilger, Vorsitzender der sogenannten Jungen Gruppe, stellte Bedingungen für die Zustimmung. „Wir erwarten klare Maßnahmen gegen die zu befürchtende Frühverrentungs-Welle, eine Befristung der Anrechnung der Arbeitslosenzeiten und Regelungen zur Unterstützung eines flexibleren Renteneinstiegs“, sagte er zu Handelsblatt Online.
Die Kritiker hoffen darauf, im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen an dem schwarz-roten Rentenpaket durchsetzen zu können. Es sieht nicht nur die Rente mit 63 für langjährig Versicherte vor, sondern auch die – von der Union durchgesetzten – höheren Renten für ältere Mütter sowie eine Aufstockung von Erwerbsminderungsrenten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“