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Medienbericht zur UkraineZweifel über Schüsse auf dem Maidan

Auf dem Unabhängikeitsplatz in Kiew starben im Februar Dutzende Menschen. Geschossen haben sollen russische Scharfschützen. Oder doch nicht?

Gedenken an die Toten vom Maidan. Bild: ap

BERLIN dpa/taz | Sieben Wochen nach der Erschießung von Demonstranten in Kiew wachsen nach Informationen des ARD-Magazins „Monitor“ Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse. Die ukrainische Regierung und Staatsanwaltschaft machen eine Einheit der inzwischen aufgelösten Sonderpolizei Berkut (Steinadler) für die Morde verantwortlich. Die Vorgänge hatten zum Sturz der Regierung von Viktor Janukowitsch geführt. Bei den Protesten waren an mehreren Tagen insgesamt rund 100 Menschen getötet worden, allein am 20. Februar starben mehr als 30 Menschen.

Laut „Monitor“ (Sendung am Donnerstagabend) bezweifelt ein an den Untersuchungen beteiligter Ermittler die Version von der Alleinschuld der Berkut. „Meine Untersuchungsergebnisse stimmen nicht mit dem überein, was die Staatsanwaltschaft in der Pressekonferenz erklärt hat.“

Auf Videos sei zu erkennen, dass Oppositionelle auch vom Hotel „Ukraina“ aus beschossen wurden, das in der Hand der Oppositionellen gewesen sei. Ein Augenzeuge bestätige das. Ein Amateur-Mitschnitt des Funkverkehrs von Scharfschützen lege zudem nahe, dass verschiedene Gruppen von Scharfschützen geschossen hätten. In dem Hotel hatten sich auch zahlreiche Medienvertreter eingemietet.

Anwälte von Verwundeten beklagten laut dem Bericht, dass ihnen die Ergebnisse der Ermittlungen vorenthalten würden. „Wir haben nicht gesagt bekommen, welcher Typ Waffen verwendet wurde, wir bekommen keinen Zugang zu den Gutachten, wir bekommen die Einsatzpläne nicht“, sagte ein Anwalt demnach. Die Staatsanwaltschaft sei parteiisch.

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5 Kommentare

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  • Den Aussagen des Ermittlers konnte ich jetzt nicht entnehmen, dass überhaupt Tote auf das Konto der Polizei gehen - oder ob diese geschossen hat, nachdem auf sie geschossen wurde. Das wäre ein schlüssiges Szenario: Bezahlte Scharfschützen schießen auf Demonstranten (zuerst, damit die Polizei angefangen hat) und direkt danach auf die Polizei, damit diese dann auch tatsächlich auf Demonstranten schießt, weil sie sich von diesen angegriffen glaubt.

    Die Verwendung des Begriffs "Alleinschuld" in diesem Kontext ist also immer noch tendenziös - da noch keinerlei (auch Teil-)Schuld der Polizei bewiesen ist. Aber dennoch nach 7 Wochen ein kleiner Neuanfang bei der taz.

  • Verschwörungspraxis oder Theorie;

    mein Recherche-Vorschlag würde lauten mal die Hintergründe auf dem Maidan mit den Prinzipien von "stay behind" "Gehlen" und "Gladio" zu vergleichen.

    Der Anti-Kommunist Gehlen (stay behind Chef beim BND in den 50ern) sagte angeblich mal (laut 3Sat sinngemäß), bei Demos auf auf die eigenen Leute schiessen spart langfristig gesehen Blut, und eskaliert die Lage zuverlässig.

     

    Ist aber alles nur Spinerei - oder?

     

    mein Motto; selbst recherchieren macht zwar schlau - beruhigt aber nicht immer

  • Den Haag sollte Ermittlungen unverzüglich an sich ziehen. Erst dann glaube ich, das Europas Behörden nichts mit diesen Verbrechen zu tun haben.

  • Niemals einer kriegsbeteiligten Seite glauben. Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit. Um unsere Abneigung gegen Russland zu herbei manipulieren und zu vertiefen, werden auch mal die eigenen Leute erschossen. Mich würde interessieren, wie oft aus den Waffen der Berkut Einheiten geschossen wurde und ob den erfolgten Schüssen anhand der Einschusswinkel Opfer zugeordnet werden können. Das muss doch untersucht worden sein. Sagen die gefundenen Funk-Aufzeichnungen etwas über Schießbefehle?

  • Russische Scharfschützen? Unterstützt Russland die ukrainischen Nationalisten damit die russischstämmige Bevölkerung die Abtrennung der Ostukraine möchte?

    Oder sind es doch eher von den USA unterstütze Nationalisten, die damit Janukowitsch aus dem Amt jagend wollten um die Ukraine an den Westen zu binden?

    Geheimdienste spielen oft "über Bande" und unterstützen die extremen Flügel ihrer Gegner. Damit diskreditieren sie ihre Gegner und manipulieren sie die öffentliche Meinung. Doch wie oft muss man um die Ecke denken um zu verstehen, wer hier welche Greueltat angezettelt hat. Falsch spielen beide - die USA und Russland. Janukowitsch war da sicher eher Spielball als Akteur und sicher auch nicht korrupter als Timoschenko.

    Korrupt sind dort alle Politiker. Denn um an die Macht zu kommen, braucht es viel Geld, welches nur über Korruption "verdient" werden konnte. Im Westen ist dies nicht anders - auf Grund der anderen Geschichte reicht es jedoch, dass die Vorfahren korrupt waren und ihre Nachfahren dieses Erbe nutzen können ohne dabei selbst korrupt sein zu müssen.