PLO und Hamas unterzeichnen Abkommen: Israels Luftwaffe greift Gaza an
Die Palästinenser in der Westbank und in Gaza wollen eine gemeinsame Regierung bilden. Israel reagiert nervös. Die Friedensgespräche stehen vor dem Scheitern.
GAZA/JERUSALEM afp/dpa | Die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah haben sich trotz aller Warnungen auf die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung und Neuwahlen geeinigt. Die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen streben binnen fünf Wochen die Bildung einer Einheitsregierung an.
Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas am Mittwoch bei einem Treffen in Gaza-Stadt, wie beide Seiten mitteilten. In Gaza reagierten tausende Menschen mit Jubel auf die Versöhnung der beiden Palästinenserorganisationen.
Kurz nach der Verlesung der Erklärung durch Hamas-Regierungschef Ismail Hanija griff die israelische Luftwaffe nach Angaben der radikalislamischen Organisation Ziele im Gazastreifen an.
Ähnliche Vereinbarungen zwischen der Hamas und der als gemäßigt geltenden PLO-Organisation Fatah in den Jahren 2011 und 2012 wurden allerdings nie umgesetzt. Beide Seiten konnten sich nicht auf die Einzelheiten wie beispielsweise einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten einigen.
Vorab schon hatte der der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Palästinenser gewarnt. Netanjahu stellte dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas (Fatah) am Mittwoch ein Ultimatum. „Er muss sich entscheiden, will er eine Versöhnung mit der Hamas oder einen Frieden mit Israel? Er kann nur eines von beiden erreichen“, sagte Netanjahu während eines Treffens mit dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz.
Israel, die Vereinigten Staaten und andere Länder betrachten die Hamas wegen ihrer Anschläge auf Israelis als Terrororganisation. Hamas lehnt die Friedensgespräche mit Israel ab. Die Palästinensische Autonomiebehörde unter Leitung von Abbas regiert nur im Westjordanland. Im Gazastreifen hat die Hamas nach einem blutigen Bruderkrieg mit der Fatah 2007 die alleinige Kontrolle übernommen.
Forderung nach Baustopp
Die Nahost-Friedensgespräche unter US-Vermittlung stehen damit neun Monate nach ihrem Beginn vor dem Scheitern. Die vereinbarte Frist für die Gespräche endet am kommenden Dienstag. Als Bedingung für eine Fortsetzung der Verhandlungen fordert Abbas, Israel müsse für drei Monate den Wohnungsbau für jüdische Siedler im Westjordanland und in Ostjerusalem stoppen. Die Forderung nach einem Baustopp in Siedlungen ist nicht neu.
Abbas verlangt außerdem, dass eine letzte Gruppe von palästinensischen Langzeitgefangenen – wie mit Israel vereinbart – freigelassen wird. Zudem müsse sich Israel bereiterklären, ernsthaft über den künftigen Grenzverlauf zu verhandeln, sagte Abbas. Es müsse klar sein, dass ein unabhängiger Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 und mit Ostjerusalem als Hauptstadt entstehen werde. Das ist eine Standardforderung der Palästinenser.
„Wir versuchen, die Verhandlungen mit den Palästinensern neu zu starten, und jedes Mal, wenn wir an diesen Punkt kommen, stellt Abu Masen (Abbas) neue Bedingungen, von denen er weiß, dass Israel sie nicht annehmen kann“, sagte Netanjahu am Mittwoch.
Das Fatah-Zentralkomitee will am Samstag in Ramallah tagen und dann entscheiden, wie es mit den Friedensgesprächen weitergeht. Der Fatah-Funktionär Dschibril Rajub wies am Dienstag Medienberichte zurück, die Autonomiebehörde wolle mit ihrer Selbstauflösung die Verantwortung für das Westjordanland Israel überantworten und Netanjahu so unter Druck setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS