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Referendum in der Ostukraine„Klares Zeichen an die Faschisten“

Ruhepause in Donezk. Die Abstimmung über die Unabhängigkeit von der Ukraine verläuft auch in der Umgebung der Stadt friedlich.

Luhansk: Die Vorhänge der Wahlkabine sind in den ukrainischen Nationalfarben gehalten. Bild: reuters

DONEZK taz | So ausgestorben wie am gestrigen Sonntag war die ostukrainische Metropole Donezk schon seit Wochen nicht mehr. Auf dem Leninplatz stehen gerade einmal fünf Männer um eine Fahne der Kommunistischen Partei der Ukraine und eine Flagge der „Volksrepublik Donezk“ herum. Im Zentrum der Aufmerksamkeit der sonntäglichen Spaziergänger um den Leninplatz steht ein kleines Mädchen, das die Tauben füttert.

Nicht viel anders geht es vor der von den Aufständischen besetzten Bezirksverwaltung zu. Nur wenige Menschen harren hier an diesem heißen Maitag aus – und nichts im Straßenbild deutet darauf hin, dass heute der Tag ist, auf den viele Menschen hier seit Wochen, wenn nicht gar Monaten hingearbeitet haben.

In einem Referendum soll die Bevölkerung des Gebietes Donezk über die Frage abstimmen: „Unterstützen Sie die Unabhängigkeitserklärung der Volksrepublik Donezk? Ja oder Nein?“ Kaum ein Spaziergänger trägt das orange-schwarz gestreifte Sankt-Georgs-Bändchen. Noch ruhiger könnte ein Maifeiertag nicht sein. Nur in einigen Bussen ruft auf jedem Rücksitz ein DIN-A4-großer Aufkleber die Fahrgäste zur regen Teilnahme am Referendum auf.

Wer zum Wahllokal in der Schule Nr. 11, einer der angesehensten von Donezk, in der Straße des 8. März im Rayon Kalininski möchte, muss von der Bushaltestelle 15 Minuten zu Fuß zurücklegen. Eine ältere Dame mit goldfarbener Handtasche gehört zu der kleinen Gruppe, die sich auf die Suche nach der Schule Nr. 11 macht. Irgendwo zwischen grünen Parkanlagen und neunstöckigen Häusern ist das Schulgebäude versteckt.

Entspannte Polizei

Hier stehen schon mehrere Hundert Menschen in der Schlange. Alle warten geduldig, auch unter ihnen trägt fast niemand ein St.-Georgs-Bändchen oder irgendein Symbol, das eine politische Gesinnung erkennen ließe. Ein Polizist steht entspannt und mit wohlwollendem Blick dabei. Die Reihe bewegt sich schnell voran.

„Ich habe heute mit Ja zur Unabhängigkeit der Republik Donezk gestimmt, weil ich denen in Kiew zeigen möchte, dass ich ihre Regierung nicht anerkenne“ sagt ein älterer Herr, der mit seiner Enkelin den Abstimmungsraum verlässt. Er ist froh, dass man so weit gekommen ist und das Referendum in Ruhe durchführen kann. „Die Abstimmung heute ist wie ein zweiter 9. Mai für mich. Wir haben den Faschisten dort ein klares Zeichen gesetzt. Mal sehen, ob sie sich über den Willen des Volkes so einfach hinwegsetzen.“

„Ich habe große Sympathien für das Referendum“, meint eine Dame mittleren Alters hinter ihrer Sonnenbrille. „Trotzdem habe ich mit Nein gestimmt. Mir ist meine Familie wichtiger als die Politik. Viele meiner Verwandten wohnen in anderen Teilen der Ukraine und in Westeuropa. Wenn wir hier einen eigenen Staat machen, wird nicht nur das Reisen schwieriger werden“, sagt sie. „Am besten wäre es, wenn Kiew uns mehr Rechte geben würde, wir aber trotzdem in der Ukraine zusammenbleiben würden.“

In den Vororten von Donezk scheint sich die „Volksrepublik Donezk“ einer größeren Beliebtheit zu erfreuen als in der Metropole. „Ich war schon um neun Uhr morgens bei der Abstimmung“ berichtet Igor Schneidmüller aus Zugres. „Und da waren schon zehn Prozent der Bevölkerung im Wahllokal gewesen“. Fünf Stunden vor Schließung der Wahllokale spricht Vera von der örtlichen Wahlkommission schon von 70 Prozent Beteiligung. Eine andere Bewohnerin der Stadt sagt eine Stunde später: „Ich komme eben vom Referendum zurück. Dort wurde mir gesagt, dass die Wahlbeteiligung derzeit bei 57 Prozent liege.“

Rentenzettel genügt

Sie habe mit Nein gestimmt, „die Leute von der Volksrepublik überzeugen mich nicht. Die haben doch gar kein Programm“, sagt sie. Ihren Namen will sie, wie die anderen hier, nicht veröffentlicht sehen. Sie habe bei der Stimmabgabe keinen Pass vorzeigen müssen, ihre Rentenbescheinigung habe genügt. „Auch ein Freund unserer Familie hat mit Nein gestimmt. Wir sind in der Minderheit, aber diese Minderheit ist nicht so klein, wie die von der Volksrepublik glauben machen wollen.“

„Ich war heute beim Wählen. Habe natürlich mit ja gestimmt, gleich zwei Mal. Für meine Tochter mit, die ist nämlich gerade in Russland. Aber meine Tochter sagte mir, dass ich natürlich für sie mitstimmen darf. Und dass ich für sie auch mit 'Ja' stimmen soll, erzählt eine Frau aus einem Donezker Vorort. „Hier haben sie heute einen Provokateur dingfest gemacht, unsere Jungs. Ich glaube, der wollte das Referendum stören. Aber die haben ihn schnell in ein Auto gezogen und mitgenommen.“

Andere wundern sich, dass auch „Flüchtlinge“, etwa aus Slawjansk, abstimmen können: „Wer kann denn garantieren, dass Flüchtlinge aus Slawjansk wirklich nur an einer Urne in Donezk ihre Stimme abgeben?“ kritisiert ein Beobachter aus Russland. Auch in Enakiewo, der Heimatstadt von Expräsident Wiktor Janukowitsch, haben nach Angaben des Bergarbeiterführers Juri Chavenko bereits um 15 Uhr 50 Prozent am Referendum teilgenommen. „Es war absolut ruhig und friedlich.“

In den kleinen Städten um die Metropole unterstützen mehr Bewohner die Eigenstaatlichkeit als in Donezk selbst. Das ist nachvollziehbar: Während man in Donezk noch einigermaßen wohlhabend ist, hat in den umliegenden Orten niemand Angst, dass es noch schlimmer kommen könnte. Solange den Menschen in den aussterbenden Kleinstädten keine wirtschaftliche Perspektive geboten wird, wird man sie schwerlich von der Wichtigkeit eines Verbleibens in der Ukraine überzeugen können.

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8 Kommentare

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  • Drei Szenarien:

     

    1. Ukraine als Pufferstaat zwischen EU/NATO und Russland/Eurasischer Union. Dafür muss in Kiew eine auch von der Ostukraine/Russen akzeptierte Regierung an die Macht. Derzeit mangels echter demokratischer Parteien und Verhandlungsverweigerung mit Separatisten nicht in Sicht.

    2. Zerfall der Ukraine - indirekt/langsam durch mehr Autonomie der Regionen und "Zentralregierung".

    3. Bei weiterer Fortsetzung der Ordnungdsoperationen in Ostukraine durch Kiewer Regierung und weiterer Eskalation kann es zum Bürgerkrieg kommen. Folge: entweder Abspaltung des Ostens oder Russland MUSS eingreifen, um Massaker an Russen in Ostukraine zu verhindern. Dies könnte zu NATO Eingreifen führen. Dauerhafte Verschlechterung der Beziehungen Russland - Westen bis hin zu einem lokalen Krieg. Mit unkalkulierbaren Folgen, an deren Ende Neuordnung der Machtverhältnisse der Welt stehen könnte.

  • Man weigert sich, so scheint es mir, die Ost-Ukrainer ernstzunehmen. Warum schickt man Ischinger, einen, der für die West-Ukrainer längst Partei ergriffen hat, ohne dass er es selbst merkt? Will man den Runden Tisch von vornherein schon vereiteln?

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    Ischinger: “Es kann nicht so sein, dass wir immer nur etwas von der ukrainischen Regierungsseite verlangen. Auch an die ‘Separatisten’ und natürlich auch an Moskau gibt es Erwartungen.“

     

    Wurde denn nicht immer wieder NUR von Russland und den Separatisten etwas verlangt, richteten sich die Erwartungen nicht fast nur in diese eine Richtung?

     

    Auch von einer anti-ukrainschen Kampagne in russischen Medien kann keine Rede sein, allenfalls von einer anti-faschistischen Kampagne.

  • Anders Fogh Rasmussen sagt ...

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    Folgen >>Die Nato sei bereit, „jedes Stück ihres Territoriums zu verteidigen“

    • @GWalter:

      AFR hat... und hatte ... noch nie (!) den EU Durchblick! Als USA fixierter dänischer Neokonservativer mit ererbtem Hass gegen Russland nutzte er die EU Vormannschaft von DK zu einer unsinnigen Ost Erweiterung der EU ! Ihm fehlt jegliches Feingefühl für die Wiedervereinigung Deutschlands, für das Ende des Kalten Krieges. Als dänischer Staatsminister trägt er die Schuld Dänemark in den Unsinn des IraqKrieges hineingezogen zu haben (2003). An seinen Händen klebt das Blut der im IraqKrieg gefallenen dänischen Soldaten!

      Als NATO Sprachrohr verfolgt er nicht die Friedensinteressen der EU mit Russland- sondern er verfolgt nur die Interessen der USA!

      Ist so echt gut das er bald abzischt!

  • Ukraine fordert Berlin auf mehr Druck auf Russland auszuüben !!??

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    Eine nicht gewählte Putschistentruppe, die man als Marionettenregierung der Oligarchen bezeichnen kann, fordert von UNS, daß WIR die Geister die SIE zusammen mit den USA riefen vertreiben sollen.

     

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    Haben mal wieder neue Weisungen aus Washington bekommen die Herrschaften. Wir sollen den USA helfen, ihre Geschäftsinteressen in den USA (Verkauf von Flüssiggas und Förderung von Schiefergas) zu sichern.

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    Lösung der Krise: Erneute Abstimmung über Unabhängigkeit unter OSZE Aufsicht in der Ostukraine. Nichtaufnahmegarantie durch die NATO an Russland.

  • MEHR ALS 80% DER DEUTSCHEN WILL FREUNDSCHAFT MIT RUSSLAND – DEM ALLEINE MUS RECHNUNG GETRAGEN WERDEN !!

     

    Ich sehe die Situation allerdings so, dass US-amerikanische Kräfte seit langem darauf hinarbeiten, die Ukraine zu destabilisieren, mit dem Ziel, Russland zu schwächen und mittel- bis langfristig Profit aus russischen Rohstoffen zu erzielen. Man hatte den Fuss schon einmal in der Tür, Chodorkowski war bereit, Exxon, Chevron und Co Anteile zu verkaufen. Dann kam es zu dem Prozess, der natürlich politisch motiviert war, aber im russischen nationalen Interesse.

    Jetzt geht man den Umweg über die Ukraine.

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    Insofern handelt die EU nicht selbst größenwahnsinnig, die EU-Staaten, die von den USA als zahlungspflichtige Vasallen angesehen werden, ordnen sich willig den größenwahnsinnigen Plänen der USA unter. !!

    Dabei spricht die EU nicht mit einer Stimme. Jedes Land hat seine eigenen Interessen, Polen und die baltischen Staaten sehen die Position Russlands, wohl historisch bedingt, anders (wobei deren Ängste auch vorgespielt sind) als etwa Zypern.

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    Die EU muss sich ihrer Stärke bewusst werden, die Idee Schröders, mit der Achse Paris-Berlin-Moskau ein Gegengewicht zu schaffen zu den leider immer noch nicht aufgegebenen Hegemoniebestrebungen der USA, war nicht verkehrt.

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    Was macht Merkel und Steinmeier? Sie eieren zwischen deutschen und transatlantischen Interessen hin und her.

    Dabei machten sie sich wiederholt zum Kasper in der internationalen Presse.

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    Die Bevölkerung der USA ist mehrheitlich dafür, Rüstungsausgaben zu senken und nicht mehr überall auf der Welt militärisch aufzutreten.

    Obama ist dabei der ohnmächtigste Präsident überhaupt, nicht das amerikanische Volk, die Konzerne bestimmen die Richtung.

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    Die nächste Entwicklungsstufe, auf die Demokratie folgend, ist die Demokratur.

  • Hahaha... ! Dies `NEIN´ zur Kiew Regierung dominierten West-Ukraine, mit ihrer Politik der Anlehnung an USA/NATO/EU...

    ist ja gleichzeitig ein `JA´ zur Anlehnung an Russland und an die Eurasische Freihandelszone, ist ein `NEIN´ zum TTIP, ein `NEIN´ zur Monsanto Kultur, ist ein `NEIN´ zur Herrschaft der Investoren und Aktienfonds des Westens...

    Aber? Es ist anzunehmen (zu Hoffen), das West und Ost Ukraine und die Krim sich zu einer friedlichen Sphäre der Begegnung von Ost und West entwickeln.

  • Die Leute in der Ostukraine haben abgestimmt. So weit so gut. Es wird einiges klarer werden. Die Herren in Kiew sind wohl nicht ihre Wahl. Es stellt sich aber doch eine ganz andere Frage. Wer kann allen Ukrainern ein Angebot machen. Gibt es einen Nelson Mandela der Ukraine? Ist einer bekannt der glaubwürdig ist?

     

    Es muß doch einen geben der die Oligarchen an die Kette legt und mit Putin Merkel Obama usw. auf Augenhöhe geht. Ich denke da hat die westliche Allianz eine Bringschuld an Putin. Die sollen die ausstehenden Gehälter an die Maidan-faschisten auszahlen und die dann nach Hause schicken. Dann muß es doch möglich sein zusammen mit Putin einen oder mehrere Kandidaten auszuspähen die im Lande Reputation genießen. Die haben alle Telefon und die wichtigen Nummern. Und hört mal auf das was Kissinger heute in einem CNN Interview zu bedenken gibt. Der konnte zumindest mal Nixon mit China an einen Tisch bringen.

     

    Und die Rohstoffe und Transitrechte der Ukraine gibt es für keinen mehr für lau. Das haben sie verbockt die Traumtänzer. Und nicht überall ist Afrika. In Europa gibt es Nachbarn die zurückmobben können

     

    In so einem Vielvölkerstaat ist doch eigentlich Kompromißfähigkeit ein muß. Das geht doch auch gar nicht anders. Soll der Staat stabil werden braucht es gute Minderheitenrechte. Das bringt Zukunft.

     

    Die Faschisten in Kiew können so etwas nicht. Machen die weiter geht es letztendlich wie im Irak. Er wird wird dann wie im Irak in drei vier Teile zerfallen. Wenn dann erst mal die Polen Rumänen sehen das die Ukraine ein Staat nur für ethnische Ukrainer wird wollen auch die sich dorthin annähern wo die ethnischen Wurzeln liegen. Ein Großteil der Rumänen läßt sich heute schon einen Rumänischen Pass ausstellen.

     

    Ein Staat nach Schweizer Ausrichtung ist da allemal eine bessere Perspektive