Kiffen in Berlin-Kreuzberg: Berlin braucht viele Coffeeshops
Auf einer Tagung setzen sich Experten für den in Kreuzberg geplanten Cannabis-Modellversuch ein. Eine Abgabestelle reiche aber nicht aus.
Das Kreuzberg-Museum sei ein guter Rahmen für „das sehr komplexe Thema“, sagt Jana Borkamp, grüne Kulturstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, als sie die Veranstaltung eröffnet. Komplex? Wohl wahr. „Legalize it?! Helfen Coffeeshops bei der Lösung der Konflikte um den Görlitzer Park?“, lautete die Fragestellung, unter der das Bezirksamt am Mittwoch zu einer ganztägigen internationalen Fachtagung geladen hatte.
Zwei Referenten aus den USA und Holland berichteten über die Erfahrung mit Legalisierung und Coffeeshops in ihren Ländern. Über die Situation im Görlitzer Park, der sich zum Ärger vieler Anwohner zu einem Drogenumschlagplatz und zur Partymeile entwickelt hat, diskutierten Flüchtlingsaktivisten, Mitarbeiter von Gesundheits- und Sozialprojekten und das Bezirksamt. Der Versammlungsraum im Dachgeschoss des Museums war brechend voll. Sogar das Fernsehen war da.
Kreuzberg gegen den Rest von Deutschland, weil es als erste Kommune in einem Coffeeshop legal Cannabis verkauft? „Wir haben Angst “, bekannte Horst-Dietrich Elvers, Suchthilfekoordinator des Bezirksamts. „Aber wir wollen uns der Angst stellen.“ Kreuzberg könne Impulsgeber sein, aber mit einer oder zwei legalen Cannabis-Abgabestellen könne man das Problem ganz sicher nicht lösen: Der Cannabis-Konsum in Berlin nehme zu. 22 Prozent aller Berliner zwischen 15 und 39 Jahren hätten im letzten Jahr gekifft, obwohl die Droge nur illegal zu haben sei.
Mit der Einrichtung einer legalen Abgabestelle verbinde man unter anderem die Hoffnung, den „Schwarzmarkt“ auszutrocknen, sagte Elvers. Er tat dies vor allem mit Blick auf den Görlitzer Park. Weit über 100 Dealer, viele davon Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, bieten dort bei schönem Wetter zunehmend aufdringlich Gras feil. An Käufern mangelt es nicht. Auch Touristen zieht es deshalb nach Kreuzberg.
„So wie es ist, kann es nicht bleiben“, sagte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) und betont: Um die Flüchtlinge nicht zu diffamieren, spreche sie nicht mehr von Schwarzmarkt, sondern vom illegalen Markt. Das Bezirksamt werde sich mit Experten beraten und dann beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte den erforderlichen Antrag zur Bewilligung eines Coffeeshop-Modellprojekts stellen. Begründen werde man diesen „mit öffentlichem und wissenschaftlichem Interesse“, auch eine Begleitstudie werde man vornehmen, erklärte Elvers. Doch „der Antrag wird wahrscheinlich abgelehnt“, machte Bürgermeisterin Herrmann wenig Hoffnung. Man werde aber den Klageweg bestreiten. „Wir haben keinen anderen Weg.“ Unerwarteter Zuspruch für den Versuch kam von der Landesdrogenbeauftragten Christine Köhler-Azara, die von einer sinnvollen Debatte sprach. „Wir als Gesellschaft müssen uns Gedanken machen, wie wir mit dem Cannabis-Konsum umgehen.“
Georg Wurth, Vorsitzender des Deutschen Hanfverbands, plädierte dafür, gleich mehrere Abgabestellen in Berlin aufzumachen. Wurth nennt sie „Teeläden“: Der Konsum müsse gleich dort drinnen möglich sein. Sonst gingen alle in den Park und machten Party. „Man muss vorbeugen“, bestätigte Dirk Korf, Professor an der juristischen Fakultät der Universität Amsterdam. „Coffeeshops ziehen Touristen an, das schafft zusätzliche Probleme.“
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