Gefangenenaustausch mit Afghanistan: Ein Käfig in völliger Dunkelheit
Die Taliban haben US-Soldat Bowe Bergdahl während seiner Gefangenschaft misshandelt. US-Außenminister John Kerry warnt Taliban-Kämpfer vor einer Rückkehr in die USA.
WASHINGTON dpa | Der US-Soldat Bowe Bergdahl ist während seiner fünfjährigen Gefangenschaft bei den Taliban nach eigenen Angaben misshandelt worden. Die Geiselnehmer hätten ihn über Wochen hinweg in völliger Dunkelheit in einem Käfig gehalten, berichteten der Sender CNN und die New York Times am Wochenende unter Berufung auf US-Regierungsbeamte. Bergdahl hat demnach seinen Betreuern im US-Krankenhaus im rheinland-pfälzischen Landstuhl gesagt, dass er mehrere Male zu entkommen versucht habe, und als Strafe eingesperrt worden sei.
Bergdahl war am 31. Mai im Austausch gegen fünf terrorverdächtige Taliban aus dem Gefangenenlager Guantánamo Bay freigekommen. Das hat einen Sturm der Entrüstung vor allem von republikanischer Seite ausgelöst.
So nannten US-Senator John McCain und andere prominente Parteikollegen den Handel am Sonntag erneut einen schweren Fehler, der andere US-Soldaten gefährden könne und die Taliban stärke. Sie bekräftigten außerdem ihre Kritik daran, dass Präsident Barack Obama den Kongress nicht - wie vorgeschrieben - im Voraus über die Freilassung der fünf Gefangenen informiert habe.
US-Außenminister John Kerry verteidigte die Entscheidung dagegen und warnte die freigelassenen Taliban vor einer Rückkehr in den Kampf gegen Amerika. Dies wäre ein „enormes Risiko“ für sie, sagte Kerry am Sonntag in einem Interview des Senders CNN. Die Afghanen befinden sich in Katar, wo sie ein Jahr lang strikt überwacht werden sollen.
Bergdahl immer noch nicht in der Heimat
Kerry kann nach eigenen Worten nicht ausschließen, dass die Ex-Gefangenen irgendwann wieder Taten gegen die USA planen. Aber dann könnten sie auch getötet werden, erklärte Kerry. „Niemand sollte Zweifel an der Fähigkeit Amerikas haben, Amerikaner zu schützen.“
Wann Bergdahl in die USA zurückkehren wird, ist weiter offen. Der New York Times zufolge hat es bisher keinen direkten Kontakt zwischen ihm und seinen Eltern gegeben. Die Ärzte in Landstuhl hielten ihn zwar für körperlich gesund genug für die Heimreise, nicht aber für emotional fit genug, die Wiedervereinigung mit seiner Familie zu bewältigen.
Wegen seiner völligen Abschirmung weiß Bergdahl bisher auch nichts von der Kontroverse um den Austausch - auch nicht, dass ihn mehrere ehemalige Kameraden in den vergangenen Tagen in Fernsehauftritten beschuldigt haben, ein Deserteur zu sein.
Bergdahl hatte sich Ende Juni 2009 von seinem Stützpunkt entfernt und davor desillusioniert über den Afghanistan-Einsatz geäußert. Das US-Militär prüft die Umstände seines Verschwindens. Nach CNN-Angaben haben Bergdahls Eltern in den USA in den vergangenen Tagen eine Flut von Briefen und Anrufen mit Drohungen und Beleidigungen erhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Bilanz der Ampel-Regierung
Das war die Ampel
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!