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David Cameron wird langsam zickig„Juncker wurde nicht gewählt“

Der britische Premier schimpft gegen das Vorgehen der Fraktionen im EU-Parlament. Er bleibt dabei: Jean-Claude Juncker dürfe nicht Kommissionspräsident werden.

Kriegt seinen Willen nicht: David Cameron Bild: reuters

BERLIN rtr | Im Kampf gegen Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten verschärft Großbritannien den Ton. „Die Bürger, die zur Wahl gingen, wollten ihren Europaabgeordneten wählen, nicht den Kommissionspräsidenten“, schreibt Premierminister David Cameron in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung (Freitagausgabe).

„Juncker kandidierte nirgendwo und wurde von niemandem gewählt.“ Cameron hat sich gegen den konservativen Spitzenkandidaten in der EU ausgesprochen, weil ihm der frühere Luxemburger Ministerpräsident und Ex-Chef der Eurogruppe als zu integrationsfreundlich gilt. Junckers Parteienfamilie war bei der Europawahl am 25. Mai stärkste Kraft im Parlament geworden. Das Vorschlagsrecht für den Kommissionsvorsitz liegt bei den Regierungschefs der 28 EU-Staaten, gewählt werden muss er aber vom Parlament. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für Juncker ausgesprochen.

Cameron kritisierte das Vorgehen bei der jüngsten Europawahl: „Die großen Fraktionen haben während des Wahlkampfs Spitzenkandidaten ins Feld geschickt und dann im Hinterzimmer verabredet, sich nach den Wahlen gemeinsam hinter den Kandidaten der stärksten Fraktion zu stellen“, schreibt der Brite weiter. Für dieses Vorgehen gebe es aber keine Beschlüsse.

Cameron betonte, der künftige Chef der EU-Kommission müsse Reformen durchsetzen können sowie Wachstum und Beschäftigung fördern. Er müsse akzeptieren, „dass die Dinge in Europa manchmal am besten auf nationaler Ebene geregelt werden.“ Derzeit stehe die Zukunft der EU auf dem Spiel. „Entweder sie reformiert sich, oder es geht weiter abwärts mit ihr.“ Großbritanniens Position dabei sei klar: „Wir wünschen uns, dass die Union Erfolg hat“, so Cameron. Einem Medienbericht zufolge soll er zuvor im Streit um Juncker mit einem Austritt seines Landes aus der EU gedroht haben.

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5 Kommentare

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  • Verehrter Premierminister David Cameron ich bin auch für Reformen. Doch die sollen vorsehen, den Europäischen rat endlich zu entmachten. Seit Jahren regiert man an den Bürgern vorbei, stets findet sich ein einzelnes Land, dass sein Veto einlegt. Das sollte mit dem Vertrag von Lissabon Vergangenheit sein. Ein Jean-Claude Juncker hat das verstanden. Es ist wie bei Gideons Sieg über die Midianiter. Weniger ist mehr. Die Verzagten sollen umkehren, nur die auserwählten können ein erfolgreiches Europa schaffen. Es ist schlechter Stil, mit dem Austritt zu drohen, doch Reisende soll man ziehen lassen. Je eher das Referendum kommt, desto besser. Immerhin bleibt Schottland. Möge England im Chaos versinken!

  • Erst wurde dem dummen Wähler vorgegaukelt, er könne sich den Kommissionspräsidenten wählen - niemand aus der Politikerkaste sprach anders. Nach der Wahl wurde dann "richtig gestellt".

    Das Kasperltheater was da jetzt abläuft ist lächerlich.

     

    Wenn GB aus der EU austreten will, weil es den Kommissionspräsidenten nicht bestimmen darf: bitte.

    Der Schuß geht in den Ofen ! Ein Land, welches kaum eine bemerkenswerte Produktion aufzuweisen hat und sich im wesentlichen auf eine dubiose Finanzindustrie stützt wird schnell merkel wie sich die Isolation in Europa auswirkt. Und ob der Finanzmarkt in London bleibt oder sich einen neuen ort in der EU sucht bleibt abzuwarten.

    • @rugero:

      "Erst wurde dem dummen Wähler vorgegaukelt, er könne sich den Kommissionspräsidenten wählen - niemand aus der Politikerkaste sprach anders. "

      Von den "dummen Wählern" hat nicht mal jeder zweite gewählt , und von denen haben wahrscheinlich die allermeisten die Partei gewählt , die sie sonst in ihren Ländern auch wählen , und wahrscheinlich die allerwenigsten konnten mit der Figur Juncker politisch etwas anfangen , außer ,dass der häufiger im TV zu sehen war .

      Das zum Thema "Kasperltheater" betreffend die Wahl zum EU-Parlament im Besonderen u n d im Allgemeinen .

  • " ... sowie Wachstum und Beschäftigung fördern."

     

    Mit solchen Lügen will diese Marionette der Reichen und Mächtigen dieser Welt solche Menschenverachtenden Dinge wie das TTIP durchsetzen!

    • @shumil:

      ... TTIP will auch unsere Super-Angie ganz heftig , die Sozen wissen noch nicht , ob sie mehr Ja oder mehr Nein wollen . Und die Gebetsmühle mit dem Mantra "Wachstum & Beschäftigung" dreht sich seit Jahren fromm verlogen und vergeblich .

      Im übrigen hat Cameron recht . Die Kanzlerin darf das nur nicht öffentlich sagen .