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Alkohol- und Spielsucht in DeutschlandMortler fordert Automatenverbot

Die Bundesdrogenbeauftragte will Spielautomaten aus Kneipen verbannen. Und Bayerns Gesundheitsministerin Huml warnt vor zu harten Alkoholverbotsmaßnahmen.

In manchen Kneipen das einzig Bunte: Spielautomaten. Bild: dpa

BERLIN/HAMM dpa | Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) fordert von der Bundesregierung eine wirksamere Suchtvorbeugung. Generell sollte verboten werden, Jugendlichen Alkohol zu verkaufen – und zwar nicht nur Schnaps, fordern die Experten.

Alkohol sollte deutlich verteuert und nur noch in lizenzierten Geschäften verkauft werden, sagte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann in Hamm der dpa. Bislang sei Alkohol zu Taschengeld-Preisen zu haben. Alternativ zu lizenzierten Geschäften müsse der Alkoholverkauf in Geschäften, vor allem Tankstellen, schärfer überwacht und Verstöße spürbar bestraft werden. Testkäufe hätten zu häufig ein Versagen der Selbstkontrolle des Handels aufgezeigt.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnte davor, die Bürger mit zu vielen und überzogenen Verboten zu gängeln. „Krasse Verbote bewirken oft das Gegenteil“, erklärte sie am Samstag. In Bayern werde zur Suchtprävention auf „angemessene Repression und Aufklärung“ gesetzt – „wir vergessen dabei aber nicht den bayerischen Grundsatz „leben und leben lassen“, fügte die Ministerin hinzu.

Die Bundesregierung hatte angekündigt, im Kampf gegen Volkskrankheiten noch 2014 ein Präventionsgesetz zu verabschieden. Darin sollen auch höhere Ausgaben der Krankenkassen für die Prävention festgeschrieben werden.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), will auch das Thema Spielsucht angehen und Glücksspielautomaten aus Kneipen verbannen. „Wenn wir es mit der Bekämpfung der Spielsucht ernst meinen, kann die Konsequenz nur sein, gar keine Spielgeräte in Gaststätten zu erlauben“, sagte sie der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Das Wirtschaftsministerium hatte jüngst den Entwurf einer neuen Spielverordnung vorgelegt, wonach lediglich die Zahl der erlaubten Spielgeräte pro Kneipe von derzeit drei auf zwei reduziert werden soll. Mortler verwies auf neue Erkenntnisse, dass etwa 300.000 Deutsche vom zwanghaften Spielen an Automaten, aber auch im Internet nicht mehr lassen können. Dies gehe oft Hand in Hand mit dem Konsum der Aufputschdroge Crystal Meth: Spielsüchtige nutzten die Droge, um Tag und Nacht spielen zu können.

Nach Einschätzung der DHS könnte ein generelles Werbe- und Sponsoringverbot für Alkohol und Tabak Suchterkrankungen verringern. Die Werbung suggeriere ein „cooles“, „lockeres“ Bild vom Alkohol, sagte Gaßmann. „Es ist kein Wunder, dass wir ein Alkoholproblem haben.“ Jedes Jahr sterben in Deutschland 80 000 Menschen durch zu viel Alkoholkonsum, rechnete er vor. Jeden Tag fingen mehrere Hundert Jugendliche, meist im Alter von 13 oder 14 Jahren, an zu rauchen oder zu trinken, oder beides zusammen.

Die DHS wird durch das Bundesgesundheitsministerium gefördert und sieht sich als Vertreterin nahezu aller in der Suchthilfe und Suchtprävention tätigen Organisationen. Am Montag soll ein DHS-Positionspapier zur Suchtprävention an Politiker und Fachorganisationen verteilt werden.

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9 Kommentare

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  • Bis vor kurzem galt noch als Verschwörungstheoretiker, wer vermutet hat, dass der Tabak nur der Anfang sei - wie man jetzt sieht, ist das nur der erste Schritt zu einer missionarischen Gesundheitsumerziehung, die alles was Menschen konsumieren gerne bis ins letzte kontrollieren möchte (Tabak, Alkohol, Zucker, Fast-Food usw.). Und die Rezepte sind in allen Fällen gleich phantasielos: höhere Steuern, Werbeverbote, Verkaufsbeschränkungen. Beschränkt ist offenbar auch die Vorstellungskraft der Volkserzieher!

     

    Dabei müsste auch den "Fachleuten" der DHS klar sein, dass höhere Preise lediglich die Konsumgewohnheiten der ärmeren Leute ändern können - nämlich im Falle Alkohol in Richtung billigem Fusel! Solche "Kleinigkeiten" interessieren allerdings wenig, wenn man eine Mission verfolgt.

     

    Generell läßt sich aber festhalten, dass unter dem Vorwand, Menschen vor Missständen zu schützen, sich in immer mehr Privatangelegenheiten der Bürger eingemischt wird. Das führt uns auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wieder vor, wenn sie die Glücksspielautomaten in Kneipen völlig verbieten will - die Häufigkeit krankhaften Suchtverhaltens beim Spiel an Automaten liegt verschiedenen Studien zufolge irgendwo zwischen 0,2 und 0,6 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das hindert die Drogenbeauftragte aber nicht daran, der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung das Spielen an Automaten in Kneipen zu verwehren.

     

    Wir sollten uns eine grundsätzliche Frage stellen: möchten wir wirklich in einem Staat leben, der es sich zur Aufgabe macht, jegliches Verhalten zu regulieren, das gelegentlich auch negative Folgen haben kann?

  • Politische Entscheidungen für das Volk in den letzten Jahren?

     

    Verbot.

     

    Muss man eigentlich nur dieses Wort lernen, wenn man Politiker werden will?

     

    Einigkeit, Recht und Freiheit. Wer kann diese Punkte zusammen genommen in seinem Leben noch finden?

     

    Einigkeit?

    Mein Nachbar sch***t auf mich, nur weil ich keine Arbeit habe. Der Angestellte besetzt die Plätze für Menschen mit Kinderwagen, Rollstuhl etc. Und fühlt sich sogar noch wohl dabei: Ich habe gearbeitet, habe meine Steuern gezahlt bin somit schon sozial gewesen heute. Schaut wo ihr bleibt.

     

    Recht?

    Wer Geld hat. Warum ist ein Ekkelstone frei, während ein Hoeness im Knast sitzt? 44 Millionen (Gribkowsky) nachgewiesener Schmiergelder. Der Hehler wird bestraft, aber der Dieb läuft frei und geachtet rum. Aber wehe dem du fährst EIN Mal schwarz. Strafanzeige: Volkswirtschaftlicher Schaden 2,40 €.

     

    Freiheit?

    Ab 22.00 Uhr darfste dir nicht mal eine Flasche Bier kaufen. Nicht mal einen Job darf man sich mehr aussuchen. Nimm oder stirb (leider Wortwörtlich). Natürlich gibt es die Freiheit zu entscheiden. Aber was bringts, wenn ich keine Zeit dazu habe?

    • @Schmollschwund:

      Richtig. Verbote für Alles und Jedes. Man fühlt sich wieder als Teenager, dem Mutti und Papa sagen wo es lang geht. Ich habe keine 55 Jahre Lebenserfahrung auch dem Buckel, um mir dann erzählen zu lassen was gut für mich ist. Spielautomaten, Alkohol, Genussmittel (Kaffee, Cannabis, Nikotin etc.), alles Dinge, die ich selbst zu entscheiden habe und keine unqualifizierten möchtegern Gesundheitsapostel. Wann wird der Fleischkonsum von veganen Politikern verboten?

  • Wie viele Jugendliche sind denn von Bier und Wein abhängig bzw. welche Belege gibt es, dass die Grundlagen für späteres problematisches Trinkverhalten im Alter zwischen 16 und 18 gelegt werden? Und wie effektiv wird so ein Verbot sein? Meine Erfahrung ist, dass Jugendliche keine echten Probleme haben, an Alkohol zu kommen, egal welchen. In dem Fall würde auch eine weitere Einschränkung nichts bringen.

    • @Christian:

      Wenn Einschränkungen nichts bringen, können wir im Umkehrschluss auch Alkohol uneingeschränkt an jeden verkaufen! Die Wirtschaft wird sich freuen.

      Auf welche Informationsbasis stützt man denn, dass Einschränkungen nichts bringen? Gibt es eine Studie, dass der Alkoholkonsum dadurch um 0,0% zurückgeht bzw. sogar ansteigt? Und wenn ja, war der wissenschaftliche Berater vielleicht ein Sixpack?

      Nur die Erfahrung, dass es meistens (eben nicht immer, zumal dann eben die Frage sich eröffnet, ob es den Aufwand immer wert ist) den entsprechenden gelingt trotzdem an Alkohol zu gelangen, heißt nicht, dass dies nicht zumindest wert wäre, zu probieren.

      Und wirtschaftliche Faktoren/eine Preiserhöhung sind ein harter Fakt, den man schwer umgehen kann..

      • @Buenomatrimoniosahifuera:

        Leider wird für Bildung zu wenig ausgegeben. Da könnte man sich dann auch solche Kommentare wie den Ihren sparen. Prohibition hat wie schon vor hundert Jahren in den USA praktisch bewiesen, das sie nicht funktioniert. Bildung und Aufklärung hilft viel mehr als immer mehr Verbote, die sowieso nicht eingehalten werden. Mündige Menschen wissen selbst was gut für sie ist und was nicht. Da braucht es auch keine Drogenbeauftragten, die vom Metier keine Ahnung haben.

      • @Buenomatrimoniosahifuera:

        Wenn ich etwas als Frage formuliere und Folgerungen daraus mit "in dem Fall" versehe, dann meine ich das auch genau so. Nicht als "ICH BEHAUPTE DAS UND IHR HABT ALLE UNRECHT!" Dass du das einfach so annimmst spricht für einen traurigen Stand der Diskussionskultur, die -- wenn ich mal noch mehr Annahmen treffen darf -- du aus dem Netz gewohnt bist.

         

        Mir fehlten in diesem Artikel Zahlen, Fakten und Studien. Ich bin es eben leid, dass Leute einfach ihre Behauptungen in den Raum schmeißen, das ganze zu Politik wird und mit etwas Glück dann nachher Bilanz gezogen wird (meist ohne Folgen für die entsprechende Policy, jüngstes Beispiel Herdprämie ... wobei da die Faktenlage im Vorfeld ungewöhnlich gut war und ungewöhnlich dreist ignoriert wurde).

    • 8G
      8378 (Profil gelöscht)
      @Christian:

      Das frag am Besten nicht Gott sondern den Bundesdrogenbeauftragten selber. Alkohol ist eine DROGE. Drogen machen SÜCHTIG. Von irgendsoeinem generellen Verbot seitens dieser DHS ist im Artikel nicht EINMAL die Rede.

      • @8378 (Profil gelöscht):

        Gott? Generelles Verbot, von dem nicht die Rede ist? Ohne jetzt unhöflich werden zu wollen, aber ist deine Involviertheit mit Drogen beim Schreiben des Kommentars vielleicht etwas zu akut gewesen?