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Braunschweig kämpft erfolgreichNeuer Spirit an der Hamburger Straße

Eintracht Braunschweig ist aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen – und schlägt sich umso besser. Was daran liegt, dass sich bei den Blau-Gelben nicht alles um einen schnellen Wiederaufstieg dreht.

Nur der Anfang: Braunschweigs Havard Nielsen schießt das 1:0 gegen den 1. FC Heidenheim. Am Ende stand es 3:0 Bild: dpa

BRAUNSCHWEIG taz | Als Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer um 17. 17 Uhr abpfiff, ballte Torsten Lieberknecht die Faust und schrie die Freude heraus – vielleicht noch ein bisschen lauter als sonst. Damit war der Trainer der Braunschweiger Eintracht am Samstag nicht allein im Stadion an der Hamburger Straße: Mit 3:0 hatten die Blau-Gelben den 1. FC Heidenheim besiegt, Havard Nielsen und – im Doppelpack – Ken Reichel erzielten die Tore, sehr zur Freude von 21.430 Zuschauern.

Nach zwei Spieltagen in der neuen Saison der 2. Fußball-Bundesliga hat der Absteiger damit vier Zähler auf dem Konto, nachdem es zum Auftakt ein 2:2 in Düsseldorf gegeben hatte. „Es war nicht unser bestes Spiel“, so Mittelfeldspieler Mirko Boland nach dem ersten Saisonsieg, „aber wir haben die Punkte. Das war wichtig, wir wollten unbedingt gut in die Saison starten.“

Neue Herausforderungen

Für Lieberknecht ist es die siebte Spielzeit als Chefcoach. Länger hielt es nur Helmuth Johannsen aus, der legendäre Meistertrainer von 1967. Lieberknecht hat schon viel mit der Eintracht erlebt, aber jetzt steht er vor einer neuen Herausforderung: Nach fünf Spielzeiten in Folge, in denen es immer nur aufwärts gegangen war, endete die erste Bundesliga-Saison nach 28 Jahren im Mai mit dem Abstieg. Mit Domi Kumbela, Ermin Bicakcic, Daniel Davari, Karim Bellarabi und Omar Elabdellaoui verließen gleich fünf Leistungsträger den Verein.

Als Ersatz holte Manager Marc Arnold Spieler, deren Namen die Fans erst einmal nachschlagen mussten. Die bekanntesten sind noch Linksaußen Hendrick Zuck und Rechtsverteidiger Vegar Eggen Hedenstad, beide kamen für ein Jahr auf Leihbasis aus Freiburg, bei Zuck gibt’s eine Kaufoption. Ebenso bei Mushaga Bakenga, einem Stürmer vom FC Brügge. Fest verpflichtet wurden Torwart Rafal Gikiewicz von Slask Wroclaw und der Innenverteidiger Saulo Decarli vom AS Livorno.

„Wir haben so gut eingekauft wie noch nie“, sagt Braunschweigs Manager. Dabei ist sich der Klub treu geblieben. Statt großer Namen setzt er auf Neuzugänge mit dem Zusatz: Die könnten jetzt den Durchbruch schaffen. Bei ihren Vorgängern ging das ja auch immer wieder auf. „Ob diese Spieler uns auch den Erfolg bringen“, sagt Arnold, „kann man natürlich noch nicht sagen.“

Obwohl der Verein finanziell gesund ist, gibt es kaum Spielraum. Ein Großteil des Geldes, das die 1. Liga in die Kassen gespült hat, wurde in die Infrastruktur gesteckt. Alles, damit sich die Eintracht langfristig unter den besten 25 Teams Deutschlands etablieren kann. Manchen geht es damit immer noch nicht schnell genug voran. Aber der Kreis der Skeptiker ist überschaubar, die große Mehrheit der Fans steht hinter dem Konzept, ebenso die Vereinsführung.

Taktische Bonbons

Bei aller Kontinuität setzten die Verantwortlichen in der Vorbereitung auch neue Impulse: Kurzfristig bezog die Eintracht ein Geheim-Trainingslager im Harz. Die Spieler nächtigten in Vierer- oder Fünfer-WGs, es war „unser Campo Bahia“, sagt Lieberknecht in Anspielung auf das WM-Quartier der deutschen Nationalelf. Zudem absolvierten die Blau-Gelben so viele Testspiele wie noch nie, und als neues taktisches Bonbon ließ der Coach eine Dreier-Abwehrkette einüben. Es habe sich, sagt er, „ein ganz besonderer Spirit entwickelt“.

Aber wohin kann der führen? Der sofortige Wiederaufstieg? Muss nicht sein. „Wir wollen erstmal eine stabile Saison spielen“, erklärt Manager Arnold. Die Bundesliga sei schön und man würde auch gerne dorthin zurück. „Aber wann das sein wird, können wir noch nicht sagen.“ In zwei Jahren, in fünf – oder doch schon in der noch jungen Saison? Der Anfang zumindest ist gemacht.

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