piwik no script img

Rassistischer Angriff in Berlin„Verschwinde aus Deutschland“

Am Mittwochnachmittag wurde nahe dem S-Bahnhof Südkreuz ein Afrikaner beleidigt und getreten. Bereits 63 rassistische Angriffe gab es 2014 in Berlin.

Eine S-Bahn fährt in den Bahnhof Südkreuz ein: In unmittelbarer Nähe kam es am Mittwoch zu dem rassistischen Angriff Bild: dpa

BERLIN taz | Es war kurz vor 15 Uhr am Mittwoch, als ein 22-jähriger Afrikaner an der Suadicanistraße nahe dem S-Bahnhof Südkreuz aus dem Bus ausstieg. Währendessen begann ein Mann ihm „Affe“ und „Neger“ entgegen zu schreien. Der junge Mann versuchte den 53-Jährigen ob der Beleidigungen zur Rede zu stellen, doch dieser beschimpfte ihn einfach weiter, zeigte ihm den Mittelfinger und rief: „Verschwinde aus Deutschland!“

Doch damit nicht genug. Laut Polizeibericht fing er an, den 22-Jährigen zu bespucken, trat nach dessen Beinen und attackierte ihn mit seinem Stoffbeutel, in dem sich eine Wasserflasche aus Plastik befand.

Nach Angaben der Berliner Opferberatungsstelle Reach Out gab es in diesem Jahr schon insgesamt 63 Fälle rassistischer Angriffe. Anfang Juni etwa wurden ein 67-jähriger Mann und sein Bekannter im Tiergarten von zwei unbekannten Männern erst beleidigt, dann getreten und geschlagen. In Pankow wurde der Mitarbeiter einer Moschee im März mit einer geladenen Armbrust bedroht. In anderen Fällen wurden Messer gezogen oder Glasflaschen geworfen.

Im vergangenen Jahr verzeichnete Reach Out insgesamt 185 Angriffe rassistischer und antisemitischer Natur – ein neuer Rekord. Denn so viele Übergriffe gab es seit der Gründung des Projekts 2001 noch nie. 288 Menschen wurden bei den Angriffen im letzten Jahr verletzt. Die meisten Übergriffe fanden in Hellersdorf (16), Kreuzberg (15) und Friedrichshain (14) statt.

Dem jungen Mann, der in der Nähe des S-Bahnhof Südkreuz angegriffen wurde, kamen am Mittwochnachmittag Passanten zu Hilfe. Sie hielten den Angreifer bis die Polizei eintraf fest. Die Beamten nahmen eine Strafanzeige auf. Der junge Mann kam mit dem Schrecken und ein paar leichteren Verletzungen davon.

„Er klagte er über Schmerzen in den Schienbeinen, vermutlich verursacht durch die Tritte des Angreifers“, sagte René Rodemann von der Polizei Berlin. Eine medizinische Behandlung habe er aber nicht in Anspruch genommen. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • In St. Gallen (CH) gab es vor wenigen Tagen einen Mord an einem Muslim.

    http://1815.ch/artikel_151949.html

     

    Viel interessanter dazu ist, was Regierungs-Politiker der SVP dazu via Twitter abgelassen haben, also der Partei, die auch in Deutschland immer wieder durch das gesamte politische Farbspektrum von rechtsextrem bis (schein)links lautstarken Applaus bekommt, wenn sie dann mal wieder eine ihrer Volksabstimmungen gewonnen hat.

    Ich zitiere mal frei aus vielen Kommentaren, auch nicht selten hier bei der taz zu lesen:

    "Super! Sowas brauchen wir in Deutschland auch."

     

    http://1815.ch/wallis/aktuell/strafanzeige-gegen-walliser-svp-grossrat-jean-luc-addor-eingereicht-152110.html

     

    Bei weitergehender Recherche unbedingt immer die Leserkommentare mitlesen, um mal einen Eindruck des Demokratieverständnisses der Eidgenossen zu erhalten, denen man ja immer gerne so lautstark für ihre tolle Vorzeigedemokratie applaudiert.

  • Die Unzufriedenheit wird stets an den Schwachern oder Minderheiten ausgelassen. Wut auf dieses System wäre angebracht-, und nicht auf die Minderheiten und Schwachen.

  • @Motzarella: Ja, auch ich finde diesen Angriff fürchterlich. Schrecklich finde ich aber auch, wenn mensch immer davon ausgeht, dass "Schwarze" immer woanders herkommen. Vielleicht ist dieser Mann hier geboren und aufgewachsen?

    • @NoBorderNoNation:

      Hast Recht - das kann natürlich auch sein, daß der Angegriffene sogar in D geboren ist. Mittlerweile sind wir eine gute Mischung - und das ist gut so. Wer Augen und Ohren und ein Multikulti-Herz hat, sollte von ehemaligen Einwandererfamilien so einiges Positive abgeschaut haben, nämlich pure GASTFREUNDSCHAFT

      Also was mich persönlich betrifft, ich könnte S t u n d e n erzählen von dieser unglaublich warmen Aufnahme sogar in fremden Häusern - während zweier Urlaubsreisen zB

      in der Türkei. Nur 1 Bsp:

      Mir und meiner 13j. Tochter wurden nach anstrengender Busfahrt morgens um 5h die zwei Betten der Kinder angeboten - die eigenen Kids der Familie wurden kurzerhand auf Matratzen auf dem Flur ausgelagert... Widerspruch zwecklos!

      usw.usw.usw.

  • Dieser Bericht läßt einem das Blut in den Adern gefrieren.

    Wie schrecklich sich ein so attackierter junger Mitmensch fühlen muß!

    Er hatte sicher genug triftige Gründe, seine Heimat und seine Familie zu verlassen. Und er hat sicher - wie so viele - eine ziemlich strapaziöse Reise hinter sich,

    bei der er - wie viele - nichts als sein nacktes Leben retten konnte....

    Nun ist er in Berlin gelandet - ist fremd in einem kalten Land!

    Es bleibt nur zu hoffen, daß er sofort nach der Attacke auf sympathische, hilfsbereite Menschen getroffen ist (Berlin hat dennoch keinen Mangel daran), die ihn aufgefangen haben und ihn diese Schrecken erst mal vergessen lassen.

    Und der Angreifer eine angemessene Strafe erhält!