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Abkommen gegen SteuerfluchtOasen schließen Schlupflöcher

50 Staaten einigen sich auf ein Steuerabkommen. Selbst Kritiker gratulieren. Doch eine wesentliche Frage bleibt offen.

Bald keine Steuerflucht mehr in die Schweiz? Die Züricher Bahnhofsstraße Bild: reuters

BERLIN taz | Dieses Schreiben könnte sich der Bundesfinanzminister vergrößern und an prominentem Platz im Büro aufhängen. Denn ein solches Lob sprechen politische Gegner nur selten aus.

„Ich beglückwünsche Finanzminister Wolfgang Schäuble zu diesem Erfolg“, schreibt der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold. Der hat vor 15 Jahren die globalisierungskritische Organisation Attac mit gegründet, die seitdem zahlreiche Demonstrationen gegen die Regierung veranstaltete.

Anlass der Laudatio ist das internationale Abkommen über den automatischen Austausch von Kontodaten, das rund 50 Regierungen am Mittwoch in Berlin unterzeichnen. Schäuble und Giegold sind sich einig, dass damit die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung viel schwieriger wird. So etwas forderten Attac, die linksorientierte Lobbyorganisation Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) und viele andere Initiativen seit Jahren.

Es ist eine seltsame Allianz: Die OECD, ein Zusammenschluss von Industrie- und Schwellenländern, hat diese Forderung erhört. Sie ließ einen internationalen Standard zum Datenaustausch ausarbeiten, den nun Dutzende Staaten zum Gesetz erklären wollen – erstaunlicherweise auch Steueroasen wie Liechtenstein, die britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey sowie die karibischen Cayman-Inseln.

Die Schweiz lässt sich Zeit

Die Schweiz will ebenfalls unterschreiben, wenngleich nicht sofort. Österreich macht ab 2018 mit. Und die Finanzminister der Europäischen Union haben unlängst beschlossen, die Kooperation ab 2017 zu starten.

Im OECD-Standard steht, dass die teilnehmenden Staaten sich gegenseitig mit Daten über Auslandskonten versorgen, die sie zuvor von den Banken bekommen haben.

Ein Beispiel: Hat ein britischer Staatsbürger ein Konto bei einem Geldinstitut in München, schickt das jährlich Namen, Adresse, Steueridentifikationsnummer, Kontostände und Geldflüsse an das Bundeszentralamt für Steuern. Die Behörde leitet die Angaben an die zuständige britische Stelle weiter, damit die Einkünfte dort versteuert werden. Umgekehrt erhalten deutsche Finanzämter automatisch die Informationen über deutsche Auslandskonten.

Regierung will die Milliarden nicht mehr verlieren

Aus Regierungssicht ist das ein großer Fortschritt. 100 bis 200 Milliarden Euro gehen den Staaten jährlich durch internationale Steuervermeidung verloren, schätzt das Netzwerk für Steuergerechtigkeit.

Ein Grund, warum sich Finanzminister Schäuble dafür engagierte, den Aderlass zu stoppen: Er sah nicht ein, dass Deutschland im Zuge der Finanzkrise Milliarden Euro investierte, um Geschäftsbanken vor der Pleite zu bewahren, diese aber trotzdem den Staat schädigten, indem sie Steuerhinterziehern halfen.

Außerdem wollte nach dem Angriff auf das World Trade Center 2001 besonders die US-Regierung mehr Informationen über Konten weltweit, um die etwaige Finanzierung von Terroraktivitäten zu erschweren.

Trotz des Lobs für Schäuble weisen die Kritiker aber auch auf die „Schlupflöcher“ im Abkommen hin, die es Reichen und ihren Unternehmen weiterhin ermöglichen könnten, gewisses Auslandskapital vor den heimischen Finanzämtern zu verbergen. Beispielsweise entfällt die Pflicht zum Datenaustausch für diejenigen Anteilseigner einer Steuersparfirma, die weniger als 25 Prozent an ihr besitzen.

Außerdem bleibt eine wesentliche Frage bisher unbeantwortet: Unterschreiben die USA? Zwar hat die Regierung in Washington den Prozess maßgeblich vorangebracht, indem sie mit vielen Ländern bereits ein eigenes Abkommen zum Datenaustausch abschloss.

Doch die USA behalten sich das Recht vor, den Austausch einseitig zu praktizieren: Man beansprucht viele Informationen aus anderen Staaten, gibt selbst aber nur wenige preis. Ein Hintergrund: Der US-Bundesstaat Delaware ist selbst eine der lukrativen Steueroasen.

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4 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    "100 bis 200 Milliarden Euro gehen den Staaten jährlich durch internationale Steuervermeidung verloren" - Bin gespannt, ob die nächstes Jahr nicht auch fehlen.

    • @774 (Profil gelöscht):

      Das ist ja das bescheuerte, anstatt gleiches für Recht für alle, können dank Schlupflöcher wie 250.000 Dollar pro Firmenkonto für bestheende Firmen und bis Ende 2015 gegründete Firmen (der lachenede Dritte sind entsprechende Firmen wie http://www.offshore-firma-online.com), werden wieder mal die armen Geringverdienter rangenommen, denn es geht ja 100% um Zwnagskonto-Steuer. Hätte man es ernsthaft auf das Offshore Vermögen abgesehen, dann würde man sich nicht 3 Jahre Zeit lassen.

  • Steuerhinterziehung soll bekämpft werden. Doch der gläseren Bankkunde hat nicht nur Vorteile. Die USA besteuern ihre Bürger auch wenn sie schon jahrzehntelang im Ausland leben und keinerlei Einkommen oder Vermögensgegenstände in den USA haben. Mit dem automatischen Datenabgleich werden auch die Daten der Exilbürger automatisch weitergeleitet. Wenn das Beispiel USA Schule macht, kann dann jedes Regime seine Exilbürger beliebig besteuern und die fremden Banken zu ihren Erfüllungsgehilfen machen.

    Auch die zweifelhaften Terror- und Sanktionslisten werden damit noch wasserdichter. Wer auf diesen Listen steht, verliert damit dann sofort jeglichen finanziellen Handlungsspielraum.

    Staatliche Willkür ist leider viel zu häufig anzutreffen. Ein nicht registrierter Notgroschen kann da vielen zu Unrecht verfolgten helfen. Daher wäre es gut, den Kontenabgleich erst ab einem gewissen Mindestbetrag zu machen. Damit könnte dann die Steuerhinterziehung immer noch effektiv bekämpft werden ohne gleichzeitig auch hier den Überwachungs- und Suppressionsstaat unnötig weiter auszubauen.

  • Was bilden sich die USA eigentlich ein, wer sie sind? Glauben die ernsthaft, dass sie über dem Recht stehen? Alle sollen ihnen Daten liefern, aber sie uns nicht?!

     

    Ach ja, a propos USA und internationales Recht: Es wird auch langsam Zeit, dass die USA mal das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifizieren; und dass sie im Anschluss wegen ihrer Kriegsverbrechen im letzten Irakkrieg George W. Bush nach Den Haag ausliefern. Seine höchsten Beamten am besten gleich mit, Dick Cheney, Donald Rumsfeld, vielleicht auch noch so einen Geheimdienstchef.

     

    Ich erinnere mich an den Arabischen Frühling: Da haben die Ägypter und Libyer darauf bestanden, ihre ehemaligen Staatschefs selber vor Gericht zu bringen, anstatt sie wie gefordert nach Den Haag auszuliefern. Sie haben gesagt, der Westen nutzt diesen Gerichtshof nur gegenüber schwächeren Nationen, nie gegeneinander. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Es wird Zeit, dass Bush dort angeklagt wird.