Abkommen gegen Steuerhinterziehung: „Vermögen verbergen ist leicht“

Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert die Lücken der Vereinbarung. Reiche könnten ihr Geld weiter zu einfach am Fiskus vorbeischleusen.

Einst ein Geheimkonten-Paradies: Die Cayman-Inseln verpflichten sich nun, Finanzämtern Daten über Geheimkonten zu liefern. Bild: imago/teutopress

taz: Mehr als 50 Staaten haben ein Abkommen gegen Steuerhinterziehung unterschrieben. Sie wollen jährlich Daten über Auslandskonten ihrer Staatsbürger austauschen. Haben Millionäre dann immer noch die Möglichkeit, Kapital vor den heimischen Finanzämtern zu verstecken?

Markus Meinzer: Ja. Beispielsweise Kapitalbesitzer aus Entwicklungs- und Schwellenländern werden auch weiterhin auf der sicheren Seite sein. Denn diese Staaten dürfen teilweise nicht am Datenaustausch teilnehmen. Ihre Steuerbehörden sind nicht effektiv genug, um ausländischen Finanzämtern ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen. Deshalb bekommen sie selbst keine – wegen des Prinzips der Gegenseitigkeit. Etwa Bürger Tansanias können also in der Schweiz weiterhin ihr Geld bunkern.

Aber reiche Deutsche, Franzosen und Briten müssen ihre Einnahmen künftig legal versteuern?

Die können Schlupflöcher im Abkommen nutzen. Denn unter den Datenaustausch fallen nur sogenannte passive Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts, die keine aktive Geschäftstätigkeit nachweisen. Es ist aber nicht schwer, irgendwelche Beratungstätigkeiten zu fingieren und dadurch weiterhin Vermögen vor dem heimischen Finanzamt zu verbergen. Außerdem müssen die Staaten nur über solche Firmen berichten, bei denen ein Eigentümer mehr als 25 Prozent der Anteile besitzt. Teilt also eine Familie ihr hinterzogenes Kapital auf vier Personen auf, fliegt sie unter dem Radar des Abkommens durch.

Steueroasen wie Guernsey, Jersey oder die Cayman-Inseln verpflichten sich nun, auch deutschen Finanzämtern Daten über Geheimkonten zu liefern. Warum sind sie dazu plötzlich bereit?

Wegen des großen politischen und wirtschaftlichen Drucks. Die USA bestrafen Banken, die keine Daten über die Auslandskonten von US-Bürgern liefern, mit einer Sondersteuer von 30 Prozent für deren Investitionen im US-Finanzmarkt. Das wollen sich die Geldinstitute nicht leisten. Leider aber fehlt eine solche Sanktionsdrohung in dem unterzeichneten Abkommen über den automatischen Informationsaustausch.

Die EU und mehr als 20 weitere Länder haben vereinbart, dass sie ab 2016 automatisch Kontodaten austauschen, die die Banken ihnen geben müssen. Für Auslandskonten eigener Staatsangehöriger sind das unter anderem Name, Adresse, Steueridentifikationsnummer, Kontostände und Einnahmen. Auf dieser Basis können die einheimischen Finanzämter Steuern einziehen, die ihnen bislang durch die Lappen gingen.

Welches müssten die nächsten Schritte sein, um internationale Steuergerechtigkeit herzustellen?

Europa sollte ein öffentlich einsehbares Unternehmensregister einführen, in dem die Klarnamen der tatsächlichen Eigentümer von Kapitalgesellschaften verzeichnet sind. Während das EU-Parlament sich dafür ausgesprochen hat, blockieren einige Regierungen ein solches Register, allen voran die Bundesregierung. Außerdem brauchen wir transparente, länderbezogene Berichte für Konzerne, damit man sehen kann, wo diese wie viel Steuern bezahlen. Erst dann kann man beurteilen, wie die transnationalen Firmen ihre Abgaben zulasten der Staaten reduzieren – und wirklich etwas dagegen tun.

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