Syriza in Griechenland: Kampf um die Gemeinschaftswährung
Die Mehrheit der Linkspartei will den Euro behalten. Mit internationalen Geldgebern soll neu verhandelt werden, um die Sparpolitik zu beenden.
ATHEN taz | Sollte die linke Partei Syriza die nächste griechische Regierung stellen, könnte das Land die Eurozone verlassen, so wird spekuliert.
Doch schon mehrmals haben die Syriza-Mitglieder über die Euro-Mitgliedschaft Griechenlands abgestimmt. Dabei war das Ergebnis immer eindeutig: Das krisengeplagte Land soll unter allen Umständen im Euroverbund bleiben, eine Rückkehr zur Drachme sei zu vermeiden – so die klare Parteimehrheit.
Nicht alle sind jedoch damit einverstanden: Eine starke Fraktion der Drachme-Befürworter um den Mathematiker Panayotis Lafazanis stichelt immer wieder gegen die offizielle Parteilinie. Wirtschaftsprofessor Kostas Lapavitsas, Berater der Syriza-Führung, aber nicht Parteimitglied, plädiert lautstark für einen „Plan B“ in der Währungspolitik. Eine ähnliche Meinung vertritt der Ökonom Jannis Varoufakis, einst Berater und Weggefährte von Parteichef Alexis Tsipras.
Griechischen Kommentatoren fällt auf, dass in den letzten Monaten die Drachme-Sympathisanten auf Abstand gehalten werden – sogar im wörtlichen Sinne: Lapavitsas widmet sich seiner akademischen Karriere in London und lässt sich selten in Hellas blicken, Varoufakis lehrt in den USA und interveniert nur noch über Skype in die griechische Wirtschaftspolitik.
Gemäßigte gewinnen die Oberhand
Um so stärker rücken gemäßigte Wirtschaftsexperten in den Vordergrund – allen voran Jannis Dragasakis, derzeit Vizepräsident des Parlaments. „Schattenwirtschaftsminister“ Giorgos Stathakis versuchte, europäische Politiker und Investoren zu beruhigen: „Einen Plan B über den Euro-Austritt Griechenlands darf es nicht geben, unser Platz ist in der Eurozone“, sagte Stathakis kürzlich. Das schließe allerdings nicht aus, dass Syriza weiterhin auf eine Neuverhandlung aller Verträge mit den internationalen Geldgebern Griechenlands poche, erklärte der Ökonom.
Bis spätestens im Sommer 2015 müsse es zu einer Kompromisslösung kommen, da zu diesem Zeitpunkt die Auszahlung griechischer Staatsanleihen in Milliardenhöhe fällig sei, warnte Stathakis. Er fügte aber hinzu: „Ich sehe da kein Problem, das nicht gelöst werden könnte.“
Ganz so unkompliziert wäre eine Neuverhandlung jedoch nicht, wenn man den derzeitgen Versprechungen von Parteichef Alexis Tsipras Glauben schenken mag: Im Fall einer Regierungsübernahme würde das Linksbündnis Syriza die Sparpolitik ab sofort beenden, Lohnkürzungen rückgängig machen, Renten wieder erhöhen, einen Mindestlohn in Höhe von 750 Euro monatlich einführen, das Staatsfernsehen ERT neu gründen und sogar die 2010 privatisierte Fluglinie Olympic Airways wieder verstaatlichen. Dass die Kreditgeber Griechenlands von einer derart großzügigen Wirtschaftspolitik begeistert wären, glaubt niemand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Spaniens Staatschef im Nahkampf
Ein König mit Cojones