piwik no script img

Kommentar Migration aus dem KosovoRepressive Mittel sind keine Lösung

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Die Diskussion über ein neues Einwanderungsgesetzt ist zwar ein wichtiger Impuls. Doch statt nur abzuschieben, sind neue Ideen nötig.

Hier will keiner nach Deutschland: Ein Bus in Prishtina wartet auf Passagiere. Bild: dpa

V ielen Politikern und Teilen der deutschen Öffentlichkeit ist immer noch nicht klar, dass man mit repressiven Mitteln allein die Armutswanderung in Europa nicht stoppen kann. Das Beispiel Kosovo zeigt dringlich, dass es neue Ideen geben muss, um die entsprechenden Probleme zu lösen.

Die jetzt angestoßene Diskussion über ein neues Einwanderungsgesetz geht sicherlich in die richtige Richtung. Aber es darf bezweifelt werden, ob die vorgelegten Entwürfe und Vorstellungen tatsächlich schon ausgereift sind. In Bezug auf Kosovo jedenfalls scheint dies nicht der Fall zu sein.

Kosovo liegt trotz des großen finanziellen Engagements der EU seit dem Krieg 1999 immer noch am Boden. An Investitionen kam nur wenig an. Nach wie vor ist der politische Status des Landes ungeklärt; fünf EU-Länder verweigern die diplomatische Anerkennung.

So kommt man mit einer vernünftigen Wirtschafts- und Investitionspolitik sowie der notwendigen Visaregelung nicht voran. Kosovo verfügt über die jüngste Bevölkerung in Europa, die Jugendarbeitslosigkeit ist nicht bezifferbar. Es werden über 30.000 Studenten ausgebildet und in die Arbeitslosigkeit entlassen. Wer kann, verlässt das Land auf legale Weise. Doch für die legale Auswanderung gibt es nur wenige Ventile.

Es müssen neue Ventile geschaffen werden. Es ist sogar eine Win-win-Entwicklung möglich. Deutsche Institutionen wie die GIZ, Geoethe-Institut und Universitäten könnten im Kosovo Studiengänge entwickeln und begleiten, die den Anforderungen der deutschen Wirtschaft entsprechen.

Ansätze dafür gibt es bereits. Bei dem hiesigen Arbeitsbedarf würden beide Seiten profitieren. Jeder, der einmal im Kosovo war und die Mentalität der Menschen dort kennengelernt hat, weiß, dass Kosovoalbaner keinesfalls faul in die Sozialsysteme streben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ins Kosovo ist einiges an Geld geflossen, dass damit so wenig bewirkt wurde, liegt aber nicht so sehr daran, dass 5 EU-Staaten das Land nicht anerkannt haben, es liegt auch nicht, wie am Ende richtig betont wird, an der Bereitschaft der Bürger im Kosovo selbst aktiv zu werden, sondern es liegt vor allem daran, dass eine korrupte Elite am Status quo hängt und auch die größte Oppositionsbewegung sich lieber an alten, nationalistischen Feindbildern abarbeitet, statt die echten Probleme anzugehen. Von außen bekommt man den Eindruck, dass es mehr darum geht an die "Futtertröge" zu kommen/bleiben, als etwas für die Bürgerinnen und Bürger zu tun. Legale Auswanderung nimmt nur einen Teil des Drucks und auch Ausbildungsinitiativen können nur teilweise helfen, wobei dabei die Interessen des Landes im Mittelpunkt stehen müssen und nicht so sehr die Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft. Vielmehr müssen die tatsächlichen Investitionshemmnisse beseitigt werden: zum einen müssen offene Eigentumsfragen endlich gelöst werden (z.B. Trepca-Minen), dafür ist vor allem eine Einigung mit Serbien nötig, die aber sicher unterstützender Maßnahmen von außen Bedarf und nicht einfach wird. Zum anderen muss auch das Thema Korruption adäquat angegangen werden, wobei dies, angesichts des EU-Engagements vor Ort, nicht unbedingt nur ein Problem der örtlichen Entscheidungsträger ist.

  • guter Vorschlag.