Ermittlungen nach Öl-Unfall: Sabotage oder Schlamperei?
Nach dem Austritt von 40.000 Litern Öl 2013 im ostfriesischen Etzel ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter des Kavernen-Betreibers IVG Caverns.
HAMBURG taz | Die Staatsanwaltschaft Aurich ermittelt gegen vier Mitarbeiter des Kavernen-Betreibers IVG Caverns in Etzel im Landkreis Wittmund. Auf dem Gelände des Unternehmens liefen im November 2013 rund 40.000 Liter Öl in die ostfriesische Natur. Nach damaligem Stand soll eine Entlüftungsarmatur über einem unterirdischen Speicher nicht richtig geschlossen gewesen sein. Das Öl trat also durch einen geöffneten Hahn aus. Das Unternehmen geht von Sabotage aus.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun jedoch zusätzlich wegen des Verdachts auf unerlaubtes Betreiben einer Anlage. „Im Moment gibt es keine Hinweise auf eine Sabotage“, sagt Staatsanwältin Katja Paulke. Es werde daher geprüft, ob die Genehmigung des Betreibers den Entlüftungshahn einschloss und ob für einen eventuellen technischen Fehler ein Mitarbeiter verantwortlich sei. Zu weiteren Details der Ermittlungen äußert sich die Staatsanwältin nicht.
Die Genehmigung für die technischen Anlagen der Kavernen erteilt in Niedersachsen das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Der TÜV hatte die Anlage in Etzel in dessen Auftrag 2011 abgenommen. Drei Jahre später wäre die nächste Überprüfung fällig gewesen. Ob der Zustand der Anlage direkt vor dem Unfall noch dem von 2011 entsprochen habe, müsse die Staatsanwaltschaft nun prüfen, sagt Stefan Wittke, Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Aus Behördenkreisen heißt es, der Hahn sei zum Zeitpunkt des Unfalls verändert gewesen. Er soll einen ungenehmigten Aufsatz gehabt haben.
Ein großer Teil der strategischen Ölreserven Deutschlands lagert in Kavernen, also künstlich geschaffenen, unterirdischen Hohlräumen, oftmals in Salzstöcken.
In Niedersachsen gibt es 170 solcher Kavernen.
Die Firma IVG Caverns betreibt in Etzel 73 Kavernen. In 24 davon lagern insgesamt zehn Millionen Kubikmeter Rohöl, in den übrigen Erdgas.
Der Salzstock in Etzel ist zwölf Kilometer lang und fünf Kilometer breit. Er ragt von rund 4.000 Meter bis auf etwa 750 Meter an die Erdoberfläche heran.
Der Kavernen-Betreiber IVG äußert sich wegen des laufenden Verfahrens nicht, betonte nur, dass der Hahn geöffnet gewesen sei. Das könnte gegen einen technischen Defekt sprechen.
Auch das Wirtschaftsministerium bestätigt, dass der Hahn technisch intakt war. Dennoch könne im laufenden Betrieb immer ein Schaden eintreten. Fatal sei nur, wenn der nicht bemerkt werde, sagt Sprecher Wittke.
Einer Radfahrerin war 2013 der massive Ölaustritt aufgefallen. Die Feuerwehr hatte mit einem Großeinsatz verhindert, dass Öl ins Grundwasser sickerte oder das Wattenmeer erreichte.
Nach dem Vorfall installierte IVG Caverns auf Drängen des Wirtschaftsministeriums Öldetektoren, die Alarm schlagen, wenn Flüssigkeit aus den Kavernen austritt, und entfernte die per Hand zu öffnenden Hähne.
Die Bürgerinitiative Lebensqualität in Etzel kritisiert immer noch die Sicherheitsvorkehrungen des Unternehmens: Auf dem Gelände hätten mehrfach Tore offen gestanden, berichtet Sprecher Andreas Rudolph – zuletzt vor einem Monat.
„Die IVG ist mit den Sicherheitsanforderungen überfordert“, glaubt Rudolph. Doch auch das LBEG habe seine Aufsichtspflicht vernachlässigt. Der Behörde hätte auffallen müssen, dass es keine einfachen Hähne an einer Kaverne geben dürfe, findet Rudolph – und zwar vor dem Ölunfall.
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